Im laufenden Jahr wird der On-Demand-Softwareanbieter Salesforce.com zum ersten Mal mehr als eine Milliarde Dollar umsetzen. IT Reseller traf den Zentraleuropa-Chef Joachim Schreiner am Zürcher Flughafen.
IT Reseller : Herr Schreiner, warum sind Sie in die Schweiz gekommen?Joachim Schreiner: Ich bin oft hier, weil dieses Land für Salesforce sehr wichtig ist. Unter anderem habe ich potentielle Mitarbeiter interviewt.
Das ist im Moment wohl schwierig?Nein. Salesforce hat einen hervorragenden Brand und ich kann mich über die Zahl der Bewerbungen nicht beschweren. Die Schwierigkeit liegt darin, die Leute schnell genug auf ihre Aufgabe vorzubereiten, um das rasante Wachstum auch zu bewältigen.
Im zweiten Quartal ist Salesforce um fast 50 Prozent gewachsen. Wie lief es in der Schweiz?
Mit lediglich 50 Prozent wäre ich sehr unzufrieden.
Betreibt Salesforce auch Rechenzentren in der Schweiz?Nein, das läuft alles über die USA. Wir planen aber auch, Rechenzentren zunächst in Singapur und dann auch in der Emea-Region aufzubauen.
Stellt das bei der Akquisition von Neukunden ein Hindernis dar?Das ist jedes Mal ein Argument. Wenn man jedoch den Kunden nach seinen Bedürfnissen fragt, dann will er Sicherheit, Privatsphäre, Verfügbarkeit und Leistung. Die Daten im Haus zu haben ist bestenfalls ein emotionales Thema.
Gerade der emotionale Aspekt spielt eine wichtige Rolle.Das ist richtig. Das wichtigste Argument ist aber die Sicherheit. Welches Unternehmen kann so viel in die Sicherheit investieren wie wir? Die Sicherheit ist aber nur ein Aspekt. Um unsere Applikationen zu nutzen, brauchen die User lediglich einen Computer und einen Internetanschluss und schon können sie eingesetzt werden.
Diese Firmen haben aber auch noch andere Applikationen am Laufen.Das stimmt. Aber nach und nach sollten es weniger werden. Das Ziel von Salesforce ist es, die gesamte Produktpalette zu besetzen. Einen Teil wollen wir selber machen, und für den Rest ermuntern wir unabhängige Softwarehersteller, ihre Produkte über unsere Plattform anzubieten.
Kritiker bemängeln bei Miet-Software die mangelhaften Möglichkeiten zur Individualisierung.Ich sage, dass das eine Lüge ist. Firmen wie Oracle und
Microsoft versuchen damit lediglich ihren Markt zu schützen. Wenn wir das nicht könnten, wären weder Zurich Finanicial Services, noch
Swisscom, noch
Cisco unsere Kunden. Das Produkt ist extrem individualisierbar. Über die menügesteuerte Anpassung bin selbst ich in der Lage, Änderungen vorzunehmen.
Mittlerweile versuchen auch SAP und andere Anbieter ins Geschäft einzusteigen. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass es nicht so recht vorangeht.Der Markt geht voran. Aber nicht mit
SAP, Microsoft oder
Oracle. Das liegt daran, dass dieses Geschäftsmodell die Praktiken der grossen Softwareanbieter kannibalisiert. Ihnen fehlt die Kultur für dieses Geschäft und insofern geht es an ihnen vorbei. SAP hat das Saas-Produkt Business By Design erst lanciert, dann das Budget reduziert und seither habe ich nichts mehr davon gehört.
Wie gross ist das Potential von Saas?
Es gibt nichts, was man nicht als Service zur Verfügung stellen kann. Es wird auch in Zukunft noch kleine Server geben, aber die Relevanz wird klein sein. Der Markt wächst dramatisch. Darüber würde ich mir bei
Microsoft oder SAP mehr als nur Sorgen machen. Andere werden sie überholen.
Schon mancher hat Microsofts Ende vorausgesagt und immer wieder hat der Riese nachgezogen.Es ist nicht so, dass ich keinen Respekt vor diesen Unternehmen hätte. Ich weiss auch, dass sie Geld und Grips genug haben, um dieses Modell nachzubauen. Ich zweifle aber daran, dass sie schnell genug ihre Firmenkultur anpassen können. Sie leben davon, ihre Software zu verkaufen und dann zum nächsten Kunden zu gehen. Wir dagegen haben ein Mietmodell. Wir müssen den Kunden jeden Monat aufs Neue überzeugen, dass unsere Lösung die Beste ist. Der Kundenerfolg steht daher an erster Stelle gefolgt vom Erfolg unserer Partner. Zu welchem Zeitpunkt sind Kunden konventioneller Anbieter in der Lage, Wünsche an den Hersteller zu richten? Das ist in der Nacht der Fall, bevor sie den Vertrag unterschreiben.
Mit Ihrem Geschäftsmodell zerstören Sie aber sehr viel Umsatzpotential.Trotzdem haben wir ein gutes Partner-Ökosystem in der Schweiz. Mittlerweile zählen auch
Accenture und
IBM dazu. Diese Firmen würden das nicht machen, wenn es nichts zu verdienen gäbe. Wir helfen den Kunden zu sparen, das ist klar. An einem SAP-Projekt verdienen Dienstleister viel mehr. Am Ende haben sie die Wahl, aufzuspringen oder nichts mehr zu tun zu haben.
Da kriegen viele Firmen Probleme.In der Evolution sind schon viele Tiere ausgestorben. Die Tiere, welche sich am schnellsten anpassen, haben am längsten überlebt.
Wie sieht das nächste Jahr aus?Wir werden mehr Kunden haben, mehr Leute anstellen, mehr Umsatz machen. Ich sehe nicht ein, weshalb wir in drei Jahren im deutschsprachigen Raum nicht gleich viel Umsatz generieren sollen wie
Oracle, Microsoft oder
SAP. 50 Prozent Wachstum ist die untere Grenze. Der Markt in den USA ist drei bis fünf Jahre voraus. Es gibt hierzulande noch viel Potential. Wir rechnen pro Nutzer ab. Stellen Sie sich das Potential in Asien vor! (Interview Markus Gross)