Green-IT hat sich als grosse Mode in der IT-Branche festgesetzt. Täglich wird unser Redaktionspostfach mehrmals mit Meldungen zu stromsparenden Servern und Prozessoren, sparsamen Druckern und grünen Monitoren (gab es doch schon vor 40 Jahren) gefüllt. Das Wachstum der Informatik hat besonders in Rechenzentren physikalische Grenzen hinsichtlich Strom und Kühlung erreicht, deren Erweiterung angesichts des Klimawandels ein riesiges Marketingpotenzial verspricht.
Am Cern in Genf, dem grössten Schweizer Rechenzentrum und europaweit besten Intel-Kunden, wird die Entwicklung von stromsparenden und besonders wenig Abwärme produzierenden Prozessoren stetig vorangetrieben. Die Kühlleistung des RZ-Gebäudes ist auf 2,5 Megawatt (MW) limitiert und ist damit die begrenzende Komponente an verfügbarer Rechenleistung von bald 16‘000 Prozessoren. Zweimal im Jahr werden neue Server dazugekauft.
Die Abhängigkeit des europäischen Forschungszentrums in Genf von der amerikanischen Firma
Intel ist frappant und das Cern nur ein Beispiel unter vielen. Die Kühlenergie von 2,5 MW geht mit der Abluft in die Atmosphäre. Ein Klacks, im Vergleich zu den 250 MW die der neue Beschleuniger (LHC) verbraucht. Ein Bild dieser Energiemenge liefert die Maschinenindustrie: Alstoms grösste Turbine mit rund sechs Metern Durchmesser liefert fast genau die 250 MW.
Solange am Cern der Strom des französischen Nuklearstrom-Unternehmens EDF fliesst, klagt wohl kaum jemand im Winter über kalte Füsse. An anderen Orten wie Zürich beheizt
IBM in einem Pilotprojekt ein ganzes Hallenbad und umliegende Liegenschaften mit einem Bruchteil der 2,5 MW, die man am Cern rauslässt. Gerade dort, einem Vorzeige-Objekt der weltweiten Forschung, steht Hightech in Gebäuden der heiztechnischen Steinzeit von 1972. Dabei wäre der Ort prädestiniert, um die neue grüne Welle der IT besser vorzuführen. Würde Frankreich den Atomstrom abstellen, würde im Cern das Licht ausgehen und könnten weltweit 10'000 Forscher zusammenpacken.
Marco Rohner
Redaktor