Martin Widmer - Der Unermüdliche
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Martin Widmer - Der Unermüdliche

Serranetga-Mitgründer Martin Widmer wollte schon immer Unternehmer werden. Nach einigen Umwegen und diversen beruflichen Zwischenstationen hat er dieses Ziel im vergangenen Jahr erreicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/41

     

Still zu sitzen fällt dem Serranetga-Mitgründer Martin Widmer schwer. Nicht umsonst wird er auf der Serranetga-Webseite als «der Motor» betitelt. Diesen Übernamen habe er seiner unerschöpflichen Energie zu verdanken, erklärt Widmer. Diese sei ihm angeboren, ist der 34-Jährige überzeugt. Vieles habe er aber auch seiner arbeitsamen Jugend zu verdanken.
Betrachtet man seinen Lebenslauf, so scheint Widmers Leben tatsächlich seit Kindesbeinen aus Arbeit bestanden zu haben. Mitleid muss man mit ihm deswegen aber keines haben, wirkt er doch äusserst zufrieden damit, insbesondere seit der Gründung des Online-Vermarktungsunternehmens Serranetga vor rund zehn Monaten. Sein Ziel sei es schon immer gewesen, einmal ein selbständiger Unternehmer zu werden. Über tausende Umwege habe er jenes vor rund zehn Monaten, zusammen mit seinen Geschäftspartnern Remo Prinz und Raphael Oppenheim, erreicht.

Der Weg zum eigenen Unternehmen

Bereits in der zweiten Primarklasse startete Widmers berufliche Laufbahn. Im Gartenbaubetrieb des Onkels in Graubünden bekam er während der Ferien seinen ersten von vielen Nebenjobs und verdiente sich so das Geld für ein Velo. Er habe, bedingt durch die familiären Umstände, bereits früh alleine klarkommen müssen, weil seine alleinerziehende Mutter arbeiten musste. «Jeglichen Luxus wie ein Velo, eine Stereoanlage oder später Ferien habe ich mir von klein auf selber verdient.»
Auch am Wirtschaftsgymnasium, wo er übrigens seinen Geschäftspartner Remo Prinz kennenlernte, arbeitete Widmer nebenbei, putzte am Wochenende in Bars und Discos im Akkord, um sich eine Vespa kaufen zu können. Er sei schon ziemlich ausgelastet gewesen, bestätigt Widmer. Allerdings habe er so gelernt, wie man vorwärtskomme: «Ich habe einfach Vollgas gegeben.»

Die weite Welt ruft

Nach der Kantonsschule zog es Widmer in die grosse, weite Welt, konkret nach Amerika. In Ocean City habe er zuerst in einem Hotel Zimmer geputzt und sich so seine Ferien verdient. Danach sei er mit dem Auto vier Monate herumgereist.
Wieder zurück stand das Studium an. Widmer musste sich zwischen dem Konservatorium (klassische Gitarre), Medizin und Wirtschaft entscheiden. «Musiker ist ein brotloser Beruf und Medizin wäre in Bern gewesen. Ich habe schlicht nicht gewusst, wie ich das finanzieren sollte», erklärt Widmer seinen letztlichen Vernunftentscheid, Wirtschaft an der HSG zu studieren. Wieder putzte er, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. An Stipendien sei er nicht rangekommen.
Im dritten Semester wurde Widmer Hilfsassistent am Institut für Wirtschaftsinformatik. Er habe dort einem Doktoranden bei der Dissertation geholfen. «Jener hatte grosse Mühe, am Morgen aufzustehen. Deshalb musste ich ihn jeden Tag mit einem Anruf
wecken», erinnert sich Widmer. Der Doktorand revanchierte sich schliesslich, indem er Widmer ein Praktikum bei seinem neuen Arbeitgeber besorgte. So landete Widmer bei IMG in Philadelphia, wo er im Bereich Prozess-Benchmarking eingesetzt wurde. «Ich wurde ziemlich ins kalte Wasser geworfen, aber es war eine coole Zeit.»

Vom Studenten zum Länderchef

Während seiner Diplomarbeit machte Widmer die Bekanntschaft eines Finnen, der in der Schweiz ein Unternehmen für Mobile Entertainment Services namens «Jippii» aufbaute. Nur wenig später fand er sich dort als Country Manager wieder. «Jippii in der Schweiz war profitabel. Die Firma hat aber in Europa nicht gut gearbeitet und musste schliesslich Niederlassungen schliessen. Es war eine klassische New-Economy-Story.»
Nach seinem Abschluss suchte Widmer deshalb etwas Solides. So landete er bei Sunrise in der Produktentwicklung. Als nach vier Jahren Restrukturierungen und Budgetkürzungen an der Tagesordnung waren, entschied Widmer für sich, dass er noch zu jung sei, um dies auszusitzen, und wechselte zu Namics. Bereits nach 1,5 Jahren zog es ihn wieder weiter, es war Zeit für neue Erfahrungen jenseits der IT. Widmer wechselte zu Zattoo und holte Remo Prinz und dessen Kollege Raphael Oppenheim an Bord. Zu dritt haben sie als Verkaufs­team Zattoo in der Schweiz in sechs Monaten aufgezogen. Bald merkten sie, dass der Markt in Aufbruchstimmung ist und es eine gute Zeit ist, um etwas Eigenes aufzubauen. So entstand vor rund zehn Monaten Serranetga. Laut Widmer war «das
erste Halbjahr
Rock ’n’ Roll». Heute habe er aber gar nicht mehr das Gefühl, dass er arbeite. «Mein Leben besteht eigentlich nur noch aus Freizeit», meint Widmer lachend.
Als Ausgleich treibt Widmer Sport. «Aus Flexibilitätsgründen mache ich aber nur noch langweilige Sachen wie Joggen oder Biken.» Ausserdem hat er gerade die Motorbootprüfung gemacht. Die Hochsee-Navigations-Ausbildung soll als nächstes folgen. Widmer will in den nächsten Jahren einige Monate freinehmen und die gesamte Mittelmeerküste mit einem Motorboot abfahren.
Auch wenn Medizin oder Musik bei Widmer Herzensangelegenheiten waren, so scheint er mit dem, was aus dem Vernunftentscheid Wirtschaft entstanden ist, sehr zufrieden zu sein. «Ich habe Freude am Risiko. Wenn es langweilig wird, bin ich schnell weg.»


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