Thomas Boll liebt seine Arbeit. Wer mit ihm über das von ihm 1988 gegründete IT-Distributions-Unternehmen
Boll Engineering spricht, wird von seiner Begeisterung für die IT im Allgemeinen und die Software-Entwicklung im Speziellen angesteckt.
Der Weg von Thomas Boll scheint früh vorbestimmt gewesen zu sein. Bereits als kleiner Junge habe ihn die Elektronik begeistert. «Dazumal in den unteren Schulklassen musste es einfach etwas Elektrisches sein, egal ob Radio, Fernsehen oder Funktechnik», erinnert sich Boll schmunzelnd. Als dann die ersten Computer auf den Markt gekommen seien, sei es endgültig um ihn geschehen. «Das Medium hat mich fasziniert, und so war die Richtung, in die es gehen wird, auch relativ klar», sagt der 51-Jährige.
Die Wahl seines Studienfachs Elektroingenieurwesen erstaunt daher wenig. Er habe etwa ein Jahr, bevor es den ersten Informatikstudiengang gab, sein Studium an der ETH aufgenommen. Der Wechsel zum Informatikstudium wäre ihm nach einem Jahr freigestanden, er hat sich aber dagegen entschieden. «Elektrotechnik ist die bessere Basis», erklärt Boll. Man lerne mehr über Elektronik, Hardware und die Basis.
Mit dem Studium hatte es Boll sehr eilig. «Ich wollte in die Industrie hinaus», begründet er sein Tempo. Eine Pause zwischen Kantonsschule und Studium sei für ihn daher nie in Frage gekommen. Nach der ETH habe er sich überlegt, zu doktorieren, aus Mangel an spannenden Themen habe er diesen Plan dann aber rasch wieder verworfen.
Überhäuft mit Jobangeboten ist der Studienabgänger schliesslich bei
Paninfo gelandet. «Mein einziger Ausflug in ein Angestelltenverhältnis», so Boll lachend. Für die Wahl von Paninfo war ausschlaggebend, dass Boll dort Bekanntschaft mit Unix machen konnte. «Diese neue Technologie ist dazumal von Amerika rübergerutscht und war noch einigermassen exotisch», erinnert sich der Workaholic.
Endlich selbständig
Nach drei Jahren erfüllte er sich dann aber 1988 den Traum von der Selbständigkeit. Zusammen mit einem Kollegen von
Paninfo gründete er
Boll Engineering. «Ich wollte selber etwas anpacken», erklärt Boll den Schritt. Zudem sei er familiär vorbelastet gewesen, sein Vater war selbständig tätig.
Mut habe der Schritt kaum gebraucht, «es war eine sehr einfache Zeit». Die Projekte seien einem einfach so ins Haus geflattert. «So etwas wie Projektakquisition hat es nicht gebraucht», schaut Boll zurück. Allerdings waren «wir von daher mutig, dass meine Frau im selben Jahr aufgehört hat, zu arbeiten, und wir unser erstes Kind bekommen haben».
Stetiger Wandel
Trotz aller Freude an der Selbständigkeit kennt Boll auch die Schattenseiten, die eine eigene Firma mit sich bringen. Die IT-Branche wandelt sich stets. «Wir mussten uns immer wieder den neuen Gegebenheiten anpassen», weiss Boll. So ist aus dem ursprünglichen Software-Entwicklungsunternehmen heute ein IT-Security-Distributor geworden. Boll erinnert sich: «Wir haben Projekte für Swissair und Joker gemacht. Bei beiden gab es ein abruptes Ende.» Zudem seien Generalisten immer weniger gefragt gewesen. «Für uns war das das Zeichen, dass wir uns fokussieren müssen.» Wenig später folgte daher der Einstieg in die IT-Distribution.
Pausen hat sich der 51-Jährige keine gegönnt. Eine Phase der Lustlosigkeit habe er dennoch nie gehabt. Allerdings habe es eine Zeit gegeben, als es beruflich nicht so gut lief und ihm die Ideen ausgegangen seien. «Ich wusste nicht, was machen», erinnert sich Boll an die schwere Zeit. «Manchmal will man, kann aber nicht. Das ist blöd. Aber wenn man nicht weiss, was man will, dann ist das sehr schlimm», analysiert Boll. Er habe sich dann aber aufgerafft und neu orientiert. Seither habe er immer viel mehr Ideen, als er verwirklichen könne.
Chronischer Zeitmangel
Bolls Arbeitseifer wirkt sich auf das Privatleben aus. Freizeit ist ein rares Gut. «Wasser hat mich schon seit jeher fasziniert. Ich habe die Segel- und Motorbootprüfung und besass schon Schiffe auf dem Zürichsee und dem Lago Maggiore», erzählt Boll. Als das letzte Boot allerdings kaputtgegangen sei, habe er sich kein neues mehr gekauft. «Die Zeit für ein Schiff fehlt mir schlichtweg.»
Auch die Präsidentschaft von ch/open, die er sieben Jahre innehatte, hat Boll unter anderem aus Zeitgründen abgegeben. «Zudem ist kein Amt dafür da, dass man es ewig macht.» Zu kurz kommt in letzter Zeit auch das Programmieren in der Freizeit, obwohl das gerade für Boll ein willkommener Ausgleich zu seiner Management-lastigen Tätigkeit als Geschäftsführer wäre. «Ich brauche das Programmieren ab und zu als Erholung», gesteht Boll.
So erstaunt es denn auch nicht, dass sich Boll für die Zukunft vor allem eines wünscht: mehr Zeit. Ans Aufhören denkt der 51-Jährige dennoch noch überhaupt nicht. «Früher habe ich mir gar nicht vorstellen können, das Unternehmen einmal abzugeben», gibt Boll zu. «Schön wäre es aber auf alle Fälle, nicht von einem Tag auf den anderen von 120 auf 0 Prozent reduzieren zu müssen. Doch daran will ich momentan gar nicht denken», so Boll abschliessend.
Thomas Boll
Thomas Boll verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in der Stadt Zürich, bis die Familie Ende 60er-Jahre in den Aargau umgezogen ist. Boll besuchte zuerst einige Jahre die Steinerschule, bevor er in die öffentliche Schule wechselte. Die Zeit in der Steinerschule bezeichnet der 51-Jährige als interessant: «Es wird mehr auf den Menschen eingegangen, niemand wird ausgelacht. Allgemein ist mehr Wärme da.» Allerdings denkt er, dass die Mischung bei ihm zwischen den zwei Schulen optimal war: «Für jemanden, der lange an der Steinerschule war, und dann eine Lehre beginnt, ist das ein sehr abrupter Übergang.»
Nach dem ETH-Studium folgte 1988 die Selbständigkeit. «Es gab die typische Karriereleiter für ETH-Studenten, nämlich Militär und danach zu einer Grossfirma, wo man dann Stufe um Stufe aufstieg. Das habe ich nicht gewollt. Ich hatte keine Lust, meine Zeit mit Positionskämpfen zu vergeuden», so Boll. In seiner knappen Freizeit kocht der zweifache Familienvater ab und zu – vor allem asiatisch – oder geniesst sein
Ferienhaus im Tessin.