Gewaltiger Finanzskandal bei Worldcom

26. Juni 2002

     

Worldcoms Finanzchef Scott Sullivan ist fristlos gefeuert worden, Vice President und Controller David Myers per sofort abgetreten. Der Grund: Worldcom, der zweitgrösste US-Telco, gab gestern Abend bekannt, dass sein internes Revisionskommitee auf Falschbuchungen in gewaltiger Höhe gestossen ist. Diese dürften den an der Börse so wichtigen EBIDTA (Gewinn vor Zinsen, Abschreibungen, Steuern und Amortisationen) in den letzten fünf Quartalen um saftige 3,8 Mrd. Dollar nach oben verfälscht haben.

Die Falschbuchungen fallen also noch in die Zeit des früheren CEO Bernie Ebbers, der dadurch auch in ein schiefes Licht gerät. Ebenfalls pikant: Worldcoms Buchprüfungsfirma zu dieser Zeit war noch Arthur Andersen (Inzwischen ist es KPMG).


Die genaue Art der Manipulationen ist noch unklar. Anscheinend wurden gewisse Kosten, die im Zusammenhang mit dem Netzausbau entstanden, entgegen den anerkannten Buchhaltungsregeln (GAAP), als Investitionen verbucht. Der Unterschied: Die Kosten hätten die Bilanz sofort belastet, Investitionen können über eine gewisse Zeit abgeschrieben werden.

Die Worldcom-Aktie, eh schon von einem einstigen Höchststand von um 60 Dollar auf 85 Cents abgesackt, ist aufgrund dieser Nachrichten im nachbörslichen Handel auf nur noch 35 Cents eingebrochen.

Ohne die Manipulationen hätte Worldcom sowohl fürs Jahr 2001 als auch im Q1 2002 statt 1,4 Mrd. resp. 130 Mio. Dollar Gewinn einen Nettoverlust anmelden müssen. Das Unternehmen wird für die betroffene Zeit die Bilanzen revidieren. CEO Sidgmore, seit zwei Monaten im Amt, erklärte, dass der Finanzskandal die Cash-position der Firma nicht beeinträchtigen würde und der Kundenservice nicht gefährdet sei. Trotzdem wurde flugs die Entlassung von 17'000 der 80'000 Beschäftigten angekündigt.

Analysten bezweifeln aber, dass Worldcom diesen Tiefschlag überleben kann. Die Firma sitzt, wie so viele Telcos, auf einem Schuldenberg, bei Worldcom sind es 30 Mrd. Dollar. Aufgrund des Skandals dürfte das Unternehmen viele Kunden Verlieren und - noch schlimmer - Worldcom hat das Vertrauen der Banken erschüttert. Viele erwarten, dass diese ihre Kredite sofort sperren, was für Worldcom einen Konkursantrag gemäss Chapter 11 (Schutz vor den Gläubigern) unumgänglich machen würde. (hjm)


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