Harte Zeiten im IT-Business, auch im spezialisierten Verlagswesen. So streiten mehrere Verlage, darunter auch unserer, über die neueste Studie der WEMF AG für Werbemedienforschung. Es geht um die Umfrage mit dem offiziösen Namen "MA IT-Business", die das Leseverhalten von CIOs und Systemverantwortlichen untersuchen soll. Im Vorfeld der Umfrage versprach die WEMF der Netzmedien AG (Netzwoche), die Resultate bezüglich der Netzwoche nicht zu veröffentlichen, da die Befragten nicht deren Zielpublikum entsprächen. Versehentlich veröffentlichte die WEMF die Resulate dann doch inklusive Netzwoche, was nun prompt zur Korrektur der Studie zwang.
Ein ähnliches Versehen passierte der WEMF bereits vor drei Jahren, als völlig krude Resultate über IT Reseller veröffentlicht wurden. Auch damals musste die WEMF nach langem Hickhack die Studie einstampfen und neu drucken...
So weit, so schlecht. Bemerkenswert ist, dass die Missgeschicke der unabhängigen und neutralen WEMF ausgerechnet immer jenen Verlag in ein gutes Licht stellen, der "MA IT-Business" jeweils mit einem sechstelligen Betrag finanziert. (hc)
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Die Pressemitteilung vom 16. Juli 2003 der Netzmedien AG und der Compress Information Group im Wortlaut:
* WEMF MUSS "MA IT BUSINESS" ERNEUT KORRIGIEREN *
Ende Juni hat die WEMF unter dem Titel "MA IT Business" Zahlen zur Reichweite der Informatik-Presse in der Schweiz vorgestellt. Nun muss die Zahlenpublikation bereits wieder korrigiert werden – dies nachdem schon die erste Ausgabe der Studie im Jahr 2000 berichtigt werden musste. Damals war der "IT Reseller" des Verlags Compress zu Unrecht miterhoben worden, weil dieser als Händlerblatt der befragten Zielgruppe "Informatikverantwortliche" gar nicht bekannt sein konnte. Ein ähnlicher Fehler ist nun auch bei der aktuellen Durchführung passiert: Heute informiert die WEMF per Brief alle Empfänger der Studie, dass die publizierten Zahlen zur "Netzwoche" aus dem Verlag Netzmedien AG nicht der wirklichen Verbreitung des Titels entsprechen (s. Beilage), weil die Grundgesamtheit der Studie die Netzwoche-Leserschaft nur unvollständig abbilde.
Die Aussagekraft der Studie für den Gesamtmarkt wird durch diesen Fehler nun auch in diesem Jahr arg in Mitleidenschaft gezogen, da wichtige, nicht von IDG verlegte Player nicht adäquat berücksichtigt werden.
Aber nicht nur die methodischen Fehler haben bei den Verlagen Compress und Netzmedien Verärgerung ausgelöst. Heinrich Meyer von der Netzmedien AG: "Wir finden es unhaltbar, dass sich die WEMF für eine Studie von einem Einzelverlag bezahlen lässt und die Resultate unter einem Titel wie 'MA IT Business' veröffentlicht, der an andere WEMF-Studien erinnert. Es handelt sich hier um eine Auftragsstudie für den Verlag IDG, die nicht vergleichbar ist mit den verlagsneutralen Studien der WEMF."
Zwar hatte die WEMF die Untersuchung ursprünglich als Branchenstudie geplant, was die Teilnahme mehrerer Verlage voraussetzt. Mit der Compress Information Group ("InfoWeek", "IT Reseller") und der Netzmedien AG ("Netzwoche", "Netzguide") waren im Vorfeld der aktuellen Durchführung auch zwei weitere Verlage involviert, die sich allerdings zurückzogen, als klar wurde, dass ihnen IDG ("Computerworld", "PCtip") keine Mitspracherechte einräumen wollte. Heinrich Meyer: "Das Studienkonzept ist auf die IDG-Titel zugeschnitten, aber die befragte Zielgruppe bildet das heutige Entscheidungsumfeld bei Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologie nur unzulänglich ab. Die Entscheidungswege haben sich stark geändert, was in der Umfrage nicht berücksichtigt wird."
Welche Folgen es haben kann, wenn ein einzelner Verlag als Studienauftraggeber auftritt, zeigte sich gestern, als IDG der WEMF den Versand des ursprünglich geplanten Briefes an die Empfänger des WEMF-Reports kurzerhand verbot und schliesslich nur eine "verwaschene" Version zuliess. Heinrich Meyer: "Als verlagsunabhängige Organisation muss sich die WEMF über solche Beeinflussungsversuche stellen können, sonst wird sie zum Spielball von Einzelinteressen."
Auch Compress-Verleger Michael von Babo sieht die Unabhängigkeit der WEMF durch die umstrittene Studie in Frage gestellt: "Wir wollten uns mit mehreren zehntausend Franken beteiligen, aber eine Mitsprache zu Dingen wie Fragenkatalog oder Durchführungsturnus war nicht einmal im Ansatz möglich. Das Resultat trägt nun leider alle Merkmale einer typischen Auftragsstudie, während uns von verlagsunabhängigen Umfragen - etwa von Demoscope - ganz andere Daten zum aktuellen Leseverhalten der Schweizer IT-Entscheider vorliegen."
Beilagen:
- PDF mit dem WEMF-Brief, der heute den Empfängern des WEMF-Specials Nr. 13 zugestellt wird.
Rückfragen:
- Netzmedien AG, Heinrich Meyer (Herausgeber), Tel. 061 366 63 31, E-Mail heinrich.meyer@netzwoche.ch
- Compress Information Group, Michael von Babo (Herausgeber), Tel. 01 722 77 00, E-Mail mvbabo@compress.ch