Stille Tage in Hangover: Spätestens am Freitag waren manche wichtigen Gesprächspartner nicht mehr verfügbar, auch der Party-Index der Messe, ein nicht ganz unwichtiger Indikator für das Klima in der Branche, zeigte in diesem Jahr steil nach unten. Dafür füllten sich ab Donnerstag Messetrambahn und Parkplätze unerwartet heftig, auffällig dabei war allerdings das extrem niedrige Durchschnittsalter der Besucher. Ob sie gefunden haben, was sie suchten? Eher nein.
Die entschiedene Ausrichtung der Cebit als B2B-Veranstaltung stösst das nicht zuletzt an Schauwerten interessierte Laufpublikum vor den Kopf. Und zu sehen gab es wenig. Besonders die TK-Provider mit ihren einst imposanten Riesenständen oder gar eigenen Hallen hielten sich diesmal im Auftritt deutlich zurück, Vodafone schloss seinen Pavillon am Wochenende gleich ganz und sperrte damit den gewöhnlichen Messepöbel aus. Auch ein Signal.
Nach einem gefühlt gut besuchten Wochenende zog die Messe dann ihre unvermeidliche Bilanz. Endlich gab es hierbei Zahlen: Mit rund 400'000 Besuchern kamen schlussendlich 20 Prozent weniger IT-Interessierte als im Vorjahr, das ist ungefähr das Niveau von 1990. Bei einem Drittel weniger Ausstellern (4300) und einer auf 200'000 Quadratmeter geschrumpften Fläche blieben viele Hallen ausser Betrieb, andere waren mehr oder weniger ansprechend mit Hilfe von provisorischen Wänden verkleinert worden.
Die "sehr intensive Messe" mit "einem sehr starken Start" sei "wunderbar gelaufen", pfeift indessen Messechef Ernst Raue fröhlich aus dem Keller. Er sagt sogar: "Mehr hätte nicht sein dürfen." Denn die Auftragsbücher der Aussteller seien "gut gefüllt", behaupten unisono Raue und der Bitkom, vertreten durch den bekannten Professor Scheer, die diesjährige Cebit sei "ein voller Erfolg". "55 Prozent der (deutschen) Unternehmen spüren die Krise noch nicht", betont Scheer. "Noch" heisst zwischen den Zeilen aber auch: Niemand weiss, wie lange das "noch" gut geht.
Am frühen Sonntagnachmittag schloss die Cebit (für diesmal) ihre Tore. Shuttle-Busse fuhren bereits eine Stunde vor Messeschluss nicht mehr, das Pressezentrum hatte geschlossen und einige Aussteller hatten bereits mittags begonnen, ihre Exponate wieder einzupacken - ganz so wie bei einem schlecht besuchten Flohmarkt.
Der Rausschmiss scheint programmatisch: "Das Davos der IT-Branche", von dem Professor Scheer, der grosse Vorsitzende des deutschen IT-ADAC, bereits in Interviews mit der örtlichen Lokalpresse träumt, setzt auf High Potentials. Das eigene Potenzial der Messe muss hingegen mehr denn je hinterfragt werden.
Soviel ist sicher: Im nächsten Jahr wird es keinen Sonntag mehr geben, sogar über den Messesamstag wird intern schon diskutiert, wie es scheint. Einst dauerte die Cebit fast zwei Wochen, in Zukunft sind es bestenfalls fünf Tage: Sehr intensiv, um es mit den Worten der Messeleitung zu sagen. (Ralph Beuth, Hannover)