Heftige Diskussionen um Mindestumsätze bei Actebis

Kleinkunden sollen bei Tech Data ausschliesslich per Internet bestellen und Actebis hat einige Kleinstkunden aus der Kundenliste gestrichen. Das Vorgehen von Actebis hat eine heftige Debatte in unserer Online-Ausgabe ausgelöst.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/08

     

Ein Reseller, der kürzlich von Actebis den Bescheid bekam, dass er aus dem Kundenstamm des Distis gestrichen worden sei, ist sauer. «Das Vorgehen von Actebis ist selbstherrlich und arrogant», meint der KMU- und Industrie-Elektronik-Spezialist. «Ich brauche Distis mit klaren Strukturen und klaren Ansprechpartnern.»
Bei Actebis habe er nur noch wenig bestellt, weil er falsche Terminauskünfte erhalten habe und der Disti schlecht erreichbar gewesen sei. Ausserdem habe Actebis nicht über den Umzug von Dietikon nach Littau informiert. Sein Fazit: «Actebis ist ein Saftladen.»
Der Littauer Disti hat, wie manche andere auch, eine Kundenanalyse gemacht. Armin Müller von Actebis sagt: «Es ist ganz einfach: Wir wollen die Kunden, die mit uns zusammen arbeiten wollen, gut bedienen und einen optimalen Service liefern.» Man habe die Liste der Kunden, die man nicht mehr beliefert, mehrmals überprüft und Kunden die weniger als 7000 Franken Jahresumsatz erzielten schriftlich informiert.
Ob die Kleinkunden denn nicht per Internet bestellen können, fragten wir Armin Müller. «Viele sagen, dass sie per Internet bestellen wollen, machen es aber dann doch nicht», sagt Müller.

Harte Kritiken

Der betreffende Artikel auf IT Reseller online provozierte einige Reaktionen. So meint Roger Betschart von Spoerle: «Qualität ist in meinen Augen, dass auch die Kleinkunden ernst genommen werden, dass sie sachkundig beraten und termingerecht beliefert werden. Wichtig ist das Interesse des Kunden zu vertreten und auch umzusetzen. Dies hat Niveau und ist Qualitätsarbeit, Herr Müller.»
Marco Gaiotti, Leiter Netzwerktechnik der Sorba EDV AG kommentierte wie folgt: «Als Softwareunternehmen expandierten wir letzten Herbst in den Hardware und Netzwerkbereich. Auf eine Anfrage bei Actebis, ob wir von Ihnen beliefert würden, bekamen wir die Antwort, es würden keine neuen Kunden mehr angenommen. Bei einer Firma unserer Grösse und mit einem Kundenstamm von etwa 2000 Kunden verwunderte mich diese Aussage doch etwas. Aber die Konkurenz in diesem Markt ist glücklicherweise auch noch da.»
Besonders kritisierten Reseller die niedrige Verfügbarkeit bei den Distributoren, die sie geradezu zu unrationellem und verteiltem Bestellverhalten zwinge. Ein «kleiner» Reseller erzählt die Bestellstory für «paar Standard Creative CD-Rom». Auf dem Internet bekommt er keine Verfügbarkeits-Angaben, er ruft also an. Auch telefonisch sind keine genauen Angaben zu bekommen, er bestellt die Laufwerke aber doch.
Dann: «Schliesslich sind 3 Wochen vergangen und die Ware ist noch nicht eingetroffen. Irgendwie komme ich mir jeweils ein bisschen verarscht vor, vielleicht hat noch ein Grosskunde zuerst eine Lieferung bekommen – vor uns ‘Kleinen’.»
Schliesslich weist Kurt Müller von KM-Elektronik den Verdacht zurück, die kleinen Händler würden sich unrationell verhalten: «Kein Reseller hat Interesse bei vielen Lieferanten einzukaufen. Schliesslich generiert das ebenfalls Kosten. Zumal der Verdacht aufkommt, dass die Distis ihre Marge mit den verlangten Frachtspesen aufpolieren.»

Actebis wehrt sich

Armin Müller von Actebis sieht das Problem von einer anderen Seite. Man habe nun den Zusammenschluss der CHS und der «alten» Actebis abgeschlossen. Gerade nach der turbulenten CHS Vergangenheit sei es nicht leicht gewesen, schon wieder zwei Firmen zusammenzuführen. Müller: «Wir haben die Strukturen innerhalb von einem Jahr aufgesetzt und haben dies den Händler klar kommuniziert. Ebenfalls was den Umzug von Dietikon nach Littau betrifft.»
Weiter führt Müller aus: «Wir stehen zu unseren Servicelevel und können es uns nicht leisten, viele, nur halb zufriedene Kunden zu haben. Weniger ist mehr. Die Erreichbarkeit sowie den Servicelevel zu steigern, verlangt eine klare Strategie betreffend Kundenanzahl und erreichtem Kundenumsatz pro Jahr.» Ausserdem habe man mit einigen Kunden, die den Kontakt gesucht haben, Lösungen gefunden, so Müller.

Ingram: Mindestumsätze für Neukunden

Ingrams Joe Feierabend sieht die Problemlage ganz ähnlich. Man habe in letzter Zeit aufgrund der Turbulenzen in der Schweizer Distribution (Untergang von C-Connect, Reduktion bei Datacomp, etc.) sehr viele Anfragen von Neukunden.
Feierabend: «Wir haben das Problem, dass sich jeden Tag X Kunden bewerben. Wir fokussieren unser Geschäft aber auf Fachhändler, die ein Umsatzpotential von mindestens 50’000 bis 100’000 Franken haben.» Gemäss Feierabend hat Ingram zwar keine Kleinkunden gestrichen, will aber auch keine neuen Kleinkunden mehr. Neukunden sollten mindestens ein Potential von 50’000 Franken haben. Feierabend: «Der Aufwand für die Autorisierung, die Anmeldung bei der Kreditversicherung etc. ist sonst einfach zu gross.»
Welche Alternativen bieten sich aber einem VAR, der das Hardware-Geschäft nur auf Kundenwunsch als Nebengeschäft betreibt? Beide, sowohl Müller wie Feierabend empfehlen den Gang zu einem Subdistributoren wie ARP. Feierabend: «Wir empfehlen gerne einen unserer grossen Partner weiter.» (hc) (Kommentar siehe unter "Meinung")

Actebis nimmt Stellung

«Mit der Zusammenlegung der Actebis AG und CHS AG ist die Anzahl der aktiven Kunden auf ein Niveau gekommen, das uns nicht mehr ermöglicht hat, einen qualitativen Job zu machen, wie wir es möchten. In solchen Fällen leiden am meisten die kleineren und mittleren Kunden darunter, denn diese werden wegen limitierten Kentnisse über den einzelnen Kunden vom Verkäufer-Pools betreut.
Die aktuelle Kundenreduktion hat als Ziel eine kleinere Anzahl Kunden zu bedienen, diese jedoch mit einen besseren und konstanten Service. Bei solchen Massnahmen ist es leider nicht möglich, ein persönliches Gespräch im Voraus mit jeden Kunden zu haben. Dies dies ist sicherlich bedauerlich.
In den letzten Tagen haben wir mit sehr vielen der angeschriebenen Kunden ausführliche Gesprâche gehabt und bei verschiedenen haben wir unseren Entscheid an Hand von neuen und besseren Informationen geändert. Diese Kunden haben Verständnis für unsere Kunden/Umsatzstrategie bewiesen und sich sehr auf die angestrebte Verbesserung der Dienstleistungen gefreut.»
Armin Müller,Director Services and VAD, Actebis Schweiz AG


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