Im Juli ist das Westschweizer Unternehmen Why Open Computing erstmals an die Öffentlichkeit getreten und hat dabei einen eigenen Desktop-PC und einen Laptop mit Ubuntu-Betriebssystem vorgestellt. Sie sollen dank Open Source Software, und weil sie angeblich einfach und günstig zu reparieren sind, mit einer zehnjährigen oder längeren Lebensdauer aufwarten.
«Swiss IT Reseller» hat sich mit dem ehemaligen Regierungsrat des Kantons Waadt sowie Gründer von Why Open Computing, François Marthaler, über seine Beweggründe und Ziele unterhalten. Ausserdem verrät er im Interview, wie Partner von den Schweizer Linux-Rechnern profitieren können.
Swiss IT Reseller: Herr Marthaler, wie sind Sie auf die Idee gekommen, mit Ubuntu ausgerüstete Computer auf den Schweizer Markt zu bringen?
François Marthaler: Nachdem ich den Regierungsrat des Kantons Waadt verlassen habe, habe ich, so wie ich es als politisch Verantwortlicher für die Informatik des Kantons Waadt offen bekundet habe, selber eine Linux-Migration durchgeführt. Dabei habe ich rasch festgestellt, dass das keine leichte Aufgabe ist, auch weil die Konfigurationen, also die Komponenten, von Laptop zu Laptop sehr verschieden sind. Ich habe daraus den Schluss gezogen, dass das Betriebssystem, um Linux wirklich populärer zu machen, unbedingt auf dem Rechner vorinstalliert sein muss. Gleichzeitig habe ich herausgefunden, dass es zwar ein paar Produkte namhafter Hersteller gibt, die Ubuntu-zertifiziert sind, aber es fast unmöglich ist, sie in der Schweiz damit ausgerüstet zu kaufen. Man muss üblicherweise zuerst für Windows bezahlen. Als Unternehmer, der ich seit meinem 20. Lebensjahr bin, hat mich diese Herausforderung gepackt.
Der erste Laptop des Schweizer Herstellers Why Open Computing wird seit kurzem ausgeliefert. (Quelle: Why Open Computing)
Welches Potential sehen Sie? Wo liegen Ihre Ziele?Aktuell hat GNU/Linux in Europa einen Marktanteil von etwa 1 Prozent – in Entwicklungsländern sind es bereits 5 Prozent. Bei uns sind es in den meisten Fällen Personen, die fest von freier und quelloffener Software überzeugt sind, die Linux nutzen. Darum hoffe ich, dass sie auch unser Projekt unterstützen und einen unserer Rechner kaufen werden. Ausserdem denken wir, dass wir mit einem langlebigen und ökologischeren Produkt ein weiteres Prozent zu einer Migration und zu einem Kauf eines Why-Rechners bewegen können.
Wer steckt ausser Ihnen noch hinter Why Open Computing? Per 15. August zählt Why sechs Mitarbeitende die zusammen etwas weniger als vier Vollzeitstellen ausmachen. Zu ihnen gehören unter anderem Tu Wüst, Informatikerin und Präsidentin der Sektion Waadt der Fédération Romande des Consommateurs (FRC), und Gilles Gravier, ein ehemaliger Sun/Oracle-Mitarbeiter, der sich während seiner ganzen Berufskarriere dem Thema Open Source verschrieben hat. Hinzu kommen zwei Informatiker deutscher und italienischer Muttersprache, um einen Support in allen drei Landessprachen anbieten zu können.
Sie verkaufen online bisher erst einen Laptop und einen Desktop-PC. Hat das einen speziellen Grund? Wann folgen weitere Modelle?Um einen Artikel in unseren Katalog aufnehmen zu können, müssen wir mindestens 500 Stück bestellen beziehungsweise produzieren lassen. Das ist auch mit einem Kapital von rund 0,5 Millionen Franken, das uns zur Verfügung steht, ein grosses Investment. Deshalb haben wir unseren Fokus zum Start komplett auf einen performanten Laptop zu einem moderaten Preis und einen Desktop-Rechner der Spitzenklasse, der in der Schweiz hergestellt wird, gelegt. Haben wir Erfolg, wird sich das Angebot sicher rasch erweitern, insbesondere Richtung portable PCs.
Wie viele Bestellungen haben Sie bereits und ab wann erfolgen die Auslieferungen?Die ersten Desktop-Rechner haben wir ab Ende August ausgeliefert, während die ersten Laptops Anfang September zu den Kunden gelangen. Die Zahl der Vorbestellungen war klein, aber das Interesse ist sehr gross. Unsere grosse Angst ist darum, dass unser Vorrat von 500 Geräten sehr schnell ausgeht und Kunden dann bis zu vier Monate auf die nächste Lieferung warten müssen. Einige Personen sagen uns, dass das Schaffen einer Knappheit eine exzellente Sache ist, um ein neues Produkt zu lancieren. Ich sehe es etwas anders und hoffe, dass wir niemanden enttäuschen müssen.
Sie haben, wie ich auf Ihrer Website gesehen habe, auch bereits einige Partner. Wie viele sind es total?
Aktuell zählen wir 107 Partner in der ganzen Schweiz. Ich bin darüber sehr glücklich, denn dadurch ist es möglich, unseren Kunden lokale Unterstützung anzubieten mit einem System, das ihnen in den meisten Fällen noch unbekannt sein dürfte. Diese Unternehmen und ihre Dienstleistungen sind eine wichtige Voraussetzung für unseren Erfolg.
Was können Sie Partnern bieten? Lässt sich damit Geld verdienen?
Wir haben ganz verschiedene Partner. Die Mehrheit sind Fachhändler, aber nicht alle. Einige fokussieren sich vielmehr auf Beratungsdienstleistungen und erteilen beispielsweise Ratschläge, wie man einen Drucker anschliesst. Andere offerieren Schulungen für Open Source Software. Und wieder andere bieten Services im Bereich Wartung und Instandhaltung an. Natürlich sind alle diese Dienst-
leistungen vom Endkunden zu bezahlen und die Wiederverkäufer haben eine gewisse Handelsmarge für die Preisgestaltung dieser Dienstleistungen.
Was muss man tun, um Geschäftspartner von Why zu werden?
Die einzige Bedingung ist, über GNU/Linux-Know-how zu verfügen. Es gibt 4000 KMU in der Schweiz die im IT-Bereich tätig sind und ich bin überzeugt, dass mehr als zehn Prozent von ihnen über das nötige Wissen verfügen. Konfrontiert mit sinkenden Margen hoffe ich, dass sie hier neue Geschäftsmöglichkeiten suchen und entdecken.
(mv)