Der Security-Markt – ein VAD-Markt?

Im Security-Markt scheint die Idee des Value Added Distributors, des «mehr-als-nur-ein-Kistenschiebers» ein erfolgversprechendes Modell zu sein. Ein Paradebeispiel ist Netstuff, die in nur drei Jahren von einer «One Man Show» zum Dreissig-Personen-Betrieb gewachsen ist. IT Reseller sprach mit Gründer und CEO Max Siegrist über das Konzept von Netstuff als VAD und das Verhältnis zu den Channelpartnern.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/10

     


IT Reseller: Wie sehen Sie die Rolle der Distribution im Security-Markt?

Max Siegrist: Viele Leute haben eine ganz bestimmte Meinung von der Distribution: Der Disti ist ein Grosshändler, der den Fachhandel beliefert und eigentlich nur Kisten herumschickt. Es gibt natürlich in unserem Markt solche Firmen. Aber ich glaube, Sicherheit kann man nicht einfach über den Ladentisch verkaufen, denn die Technologien und Produkte sind so komplex, dass dies unseriös wäre.
Security ist eine Lösung, die aus vielen verschiedenen Teilen besteht. Die Kunst ist es, die Teile wie ein Zahnräderwerk ineinandergreifen zu lassen. Da liegt der Teufel im Detail, und es braucht ein hohes Fachwissen, also Spezialisten.
ITR: Sie haben 1997 angefangen. Dachten Sie von Anfang an einen auf Security spezialisierten Distis.?
MS: Ja. Im Gegensatz zu anderen Firmen, die jetzt im Security-Bereich distribuieren, wurde Netstuff gegründet, um Sicherheit zu verkaufen. Ich habe damals gesehen, dass Security zum Boommarkt wird. Mir war klar, dass man um Security nicht herumkommt, wenn man das Internet seriös nutzen will.

ITR: Und was ist das Konzept von Netstuff?

MS: Es gibt vier Hauptpunkte, die wir uns auf die Fahnen geschrieben haben. Erstens spezialisieren wir uns voll auf Security. Zweitens versuchen wir, einen guten Dienstleistungsmix rund um das Produkt zu bieten, aber Beratung und Support. Drittens fördern wir das Spezialistentum, indem wir auch den Channel aufbauen. Viertens wollen wir rund um das ganze noch Mehrwerte wie Marketing, Schulung und Ausbildung anbieten. Immer mehr wird es ja als selbstverständlich angeschaut, das auch der Distributor lokal vor Ort die Ausbildungsfrage lösen kann. Deshalb wollen wir auch möglichst bald Schulungen bei uns im Haus starten.0

ITR: Das heisst Sie haben gewisse Aufgaben erst mit der Zeit übernommen haben?

MS: 1997, als wir starteten, gingen wir davon aus, dass der Hersteller Marketing macht und Schulung anbietet. Aber immer wieder mussten wir feststellen, dass ein Reseller heute nicht bereit ist, zwei, drei Leute nach Paris, Israel, den USA oder andere entfernte Orte zu schicken. Er steht mitten im Projektbusiness und braucht seine Ressourcen dafür. Die gleichen Leute haben auch nicht unbedingt Zeit, Support zu leisten. Sie müssen schliesslich Geld verdienen, und können nicht im Büro warten bis ein Kunde anruft und Support verlangt.
Ein anderer Punkt: Heute sind wir auch so weit, dass wir eigene Netstuff-Leute nach vorne an die Front stellen, damit sie mit den Partnern zusammen Projekte identifizieren und grosse Kunden betreuen können. Das Ziel ist, dass Netstuff wahrgenommen wird und dass die Hersteller, die wir vertreten, auch in den Projekten berücksichtigt werden, die wir dann mit den Partnern zusammen realisieren.
ITR: Wie steht es denn hier mit dem Spannungsfeld direkt/indirekt. Werdet Ihr nicht verdächtigt, den Channel zu umgehen, wenn eure Leute bei den Endkunden auftauchen?
MS: Misstrauen ist selbstverständlich immer da. Aber ich denke, durch die intensive Kommunikation, die wir mit unseren Partner pflegen, sind wir glaubwürdig. Spätestens dann, wenn wir nach einem Messeauftritt anfangen, Messeleads an unsere Partner zu verteilen, und wenn sie sehen, dass diese auch zu Projekten führen. Das Geheimnis liegt darin, dass man lebt, was man erzählt. Die Schweiz ist ein Dorf. Wenn wir unsere Versprechungen nicht halten würden, würde das blitzschnell die Runde machen, und wir wären weg vom Fenster. Die Partner haben gesehen: Netstuff ist loyal, bietet guten Support, und man kann bei Projekten gut mit uns zusammenarbeiten.

ITR: Wie kommen Ihre Partner zur Security?

MS: Security ist ein Segment, das es heute im Netzwerkbau braucht. Aber hier liegt auch die Crux. Viele unserer Partner haben ihre Wurzeln im Netzwerkbereich. Sie verkaufen Cisco seit Jahren, kennen die Routing-Protokolle, machen Gebäudeverkabelungen, machen sogar ganze Applikationsumgebungen. Kurz, sie bieten dem Kunden alles aus einer Hand. Das ist auch der Trend, weil es die Kunden so wollen. Heute sagt ihnen der Kunde: Wenn wir einen Internet-Zugang haben, müssen wir auch Security haben. Und so werden die Reseller ins kalte Wasser geworfen.
Aber das Spezialistentum für Security fehlt. Viele unserer Partner haben heute die notwendigen Skills noch nicht.
Das heisst, dass von uns als Disti verlangt wird, dass wir auf vielen Ebenen arbeiten, dass wir gute Produkte evaluieren, guten Vertrieb bieten, hohe Lieferbereitschaft sicherstellen, ein gutes Marketing haben und den Partner auch gut beraten, bis hin zu einem qualitativ hochstehenden Support und Engineering. Genau in diesem Bereich werden wir oft von unseren Partnern angesprochen, sei es, weil sie unter Zeitdruck stehen, sei es, weil einfach der Spezialist fehlt.
ITR: Sie haben aber auch nicht unbegrenzt Kapazitäten, um Projektarbeit zu leisten.
MS: Genau. Wir wollen im Prinzip nicht unsere Ressourcen in den Projekten binden, sondern wir erwarten das eigentlich auch von den Partnern, wenn schon Security ein strategischer Bereich für sie sein soll. Und de fakto ist Sicherheit ja ein sehr lukrativer Markt.
Auch im Netzwerkbau purzeln heutzutage die Komponentenpreise, und die Margen fallen zusammen, so dass er zum Nullmargengeschäft wird, ähnlich wie das PC-Business, das man mit zusätzlichen Dienstleistungen wettmachen muss. Wenn ein Reseller im Post-Sales-Bereich den Knowledge-Gap beim Kunden ausfüllen kann, mit geschickten Service Level Agreements und Wartungsverträgen, dann kann das ein sehr gutes Geschäft sein. (Interview hjm)


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