Stadt Zürich subventioniert Compaq-PCs

Nach der Mitarbeiter-PC-Aktion «PC privé» mit der Sair-Group, ist Compaq ein weiterer, wohlgenährter Fisch ins Netz gegangen. Die Stadt Zürich will unter dem Codenamen «Züri-PC» ihren rund 26’000 Angestellten Com-Pä(q)ckli vermieten. Der Retail nimmt’s (zu) gelassen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/12

     

Anknüpfend an die erfolgreiche Mitarbeiter-PC-Aktion mit der Swissair Ende letzten Jahres, will Compaq gemeinsam mit der Stadt Zürich eine neue Aktion starten. Unter dem Titel «Züri-PC» soll den Stadtzürcher Angestellten zu günstigen Konditionen ein komplettes Home-PC-Paket vermietet werden. Die Mitarbeiter können aus drei verschiedenen Varianten auswählen: Einem iPaq, einem Deskpro EX (wahlweise mit Röhren- oder Flachbildschirm) oder einem Armada 110-Notebook.
Dazu gibt’s einen Lexmark Z33 Color Jetprinter, der unter dem Compaq-Label angeboten wird, ein Softwarepaket bestehend aus Windows ME, Virenschutz und Microsoft Office 2000 Small Business Edition und ein ISDN- oder Analog-Modem (ausgenommen beim Notebook). Je nach gewählter Variante bewegen sich die Mietpreise zwischen 46 und 75 Franken (inkl. MwSt) pro Monat bei einer Vertragsdauer von 36 Monaten. Im Preis enthalten sind die Auslieferung an den Wohnort (ganze Schweiz) des Mitarbeiters, drei Jahre Outside-Support für die Hardware und ein Jahr telefonischer Support für die Software.
Wie bei der Swissair-Aktion sollen die PCs im schottischen Erskine zusammengeschraubt werden. Weitere ähnliche Projekte mit öffentlichen Verwaltungen und Privatfirmen seien in der Planung, heisst es bei Compaq.
Der Steuerzahler subventioniert
Da die Stadt sich mit 540 Franken pro Paket beteiligen will, muss der Deal noch durch den Gemeinderat genehmigt werden. Gibt dieser grünes Licht für das Projekt und sollte wie im Swissair-Projekt ein Viertel aller Angestellten von dem Angebot Gebrauch machen – das entspräche 6500 bis 7000 Vertragsabschlüssen – kostet das die Stadt um die 3,8 Mio. Franken. Die OIZ (Organisation und Informatik der Stadt Zürich) erhofft sich im Gegenzug Einsparungen bei der Aus- und Weiterbildung der Angestellten. Die Mitarbeiter würden ihre Kenntnisse in der Informatik automatisch und laufend erweitern und mit der Zeit könne man vielleicht auf einzelne Kurse ganz verzichten.
Blauäugiger Retail
Das Nachsehen hat der Retail. Bei Compaq bringt man Manor und Co. Verständnis entgegen. Es sei schon verständlich, dass der Retail nicht wirklich begeistert sei über die Aktion, so Compaq-Sprecher Matthias Meier, doch sei das eine kurzsichtige Betrachtungsweise. Schliesslich gäbe es durch den Deal wieder neue Kunden. So steht denn auch die Retailer-Gemeinde der Geschichte gelassen gegenüber und kommentiert wie beispielsweise Beat Stüber von Manor: «Natürlich wird diese Aktion der Stadt Zürich Auswirkungen auf den Retail-Markt haben.
Welcher Retailer dabei wieviel Prozent Umsatz verlieren wird, kann ich nicht voraussagen, da jeder Retailer ein gewisses Kundensegment abdeckt und sich speziell positioniert. Sicher wird auch Manor von einer solchen Aktion betroffen sein aber ich denke persönlich, dass wir auch andere Kunden aus anderen Segmenten ansprechen. Es liegt an jedem Retailer selbst, solchen Aktionen auszuweichen. Einfach nur einen PC anbieten machen viele, wir wollen mehr anbieten!»
Auch Andreas Müller von Computer Trend wittert eher Chancen als Nachteile: «Wir glauben nicht, dass uns der Compaq Computer-Deal mit der Stadt Zürich stark beeinträchtigen wird, können doch mit diesem Angebot nicht alle Bedürfnisse vieler Anwender abgedeckt werden.» Nach seiner Einschätzung habe die Aktion für Computer Trend sogar positive Auswirkungen. So stehe man doch gern allen neuen Compaq-Benutzern als Dienstleistungspartner bereit, um Speichererweiterungen, Modems oder Software anzubieten.
Auch Guido Renggli, Geschäftsführer Mediamarkt Schweiz sieht längerfristig neue Geschäfte ins Haus flattern: «Natürlich hätten wir als Media Markt-Gruppe gerne diese PCs geliefert. Auf der andern Seite werden diese Leute, die heute noch keinen Computer besitzen, mit der Anschaffung eines Computers zu Vorzugskonditionen mit einer Technologie konfrontiert, welche für sie bis zu diesem Zeitpunkt eher unwichtig war. Das kann dazu führen, dass sich diese Leute in Zukunft mehr mit Computern beschäftigen und so auch Erweiterungskäufe oder Zusatzkäufe tätigen werden. Ebenso ist es für eine Gesellschaft sehr begrüssenswert, wenn sie sich mit den heutigen Technologien auseinandersetzt.
Ich glaube, dass dürfte in Zukunft eher zu besseren Retailumsätzen führen. Auf jeden Fall rechne ich in diesem Zusammenhang nicht mit sichtbaren Folgen für uns, umso mehr, als unser Anteil an verkauften Compaq-PCs in unseren Märkten fast gleich null ist.» Bei Interdiscount hält man nicht viel vom Compaq-Angebot: Spezialangebote an Mitarbeiter seien fixe Konfigurationen, die meisten Kunden hätten aber Bedürfnisse und Vorstellungen, die über solche Angebote hinausgehen. Das bedürfe Beratung und flexibles Upgrading. Ein weiterer Vorteil des Detailhandels sei die grosse Auswahl an Zubehör.
So scheinen letztlich alle zufriedengestellt zu sein. Die Stadt gewinnt als Arbeitgeber an Attraktivität und spart gleichzeitig Geld, die Mitarbeiter können sich zu Hause ein nettes Maschinchen hinstellen und lernen noch etwas dabei, der Retail darf sich auf neue Kunden freuen und bei Compaq klingelt die Kasse. Der Retail hat aber offensichtlich noch nicht begriffen, dass das Züri-PC-Päckli eben nicht nur einfach ein Computer, sondern schon ein ziemlich umfangreiches, ausgewachsenes und hoch subventioniertes Gesamtpaket ist.
Der Logistik-Partner
Für die Logistik (Bundling, Versand) steht Compaq laut eigenen Aussagen in Verhandlung mit einer Direktmarketingfirma. Das dürfte Mitkandidaten für diesen Job wie Also ABC oder Tech Data (Logistik-Partner im Swissair-Deal) nicht gerade zum Frohlocken anstimmen. Also ABC habe sich mündlich für diesen Auftrag beworben, verrät uns Marc Schnyder, Geschäftsleiter des Unternehmens. Da im Moment noch keine offizielle Ausschreibung existiere und damit auch keine Prozessbeschreibungen und kein Anforderungsprofil des gewünschten Partners vorhanden seien, bleibe noch vieles offen, meint Schynder.
Der Leser hat das letzte Wort
Auch auf der Website vom IT Reseller Online bewegt der Deal die Gemüter. So kommentiert beispielsweise Salvatore Scuderi unsere Online-Meldung: «Vielleicht sollte man auch diesen Deal erweitern (wie bei Swissair, Grenzgänger etc.) und dem Steuerzahler einen günstigen Züri-PC liefern!» Eine gute Idee, finden wir. (sk)


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