Anfang 2001 hatte Acer die Trennung von Auftragsfertigung und Markengeschäft angekündigt. Der erste Schritt dazu war die Aufteilung der Firma in zwei Unternehmensbereiche: ABO (Acer Brand Operations), der für Produkte und Dienstleistungen unter der Marke Acer zuständig ist, und DMS (Design and Manufacturing Services) für die Produktions- und Logistikfunktionen.
Jetzt wird in einem zweiten Schritt DMS in Wistron umbenannt und bis Ende Jahr als selbständige Unternehmung ausgegliedert. Wistron wird Notebooks, PCs und Server produzieren und ausserdem Informations Appliances und Entertainment-Systeme wie Settop-Boxen und Game-Konsolen herstellen.
Die Leitung von Wistron übernimmt der bisherige Präsident von
Acer, Simon Lin.
Acer will seine Anteile an Wistron sukzessive reduzieren und strebt längerfristig eine Minderheitsbeteiligung an. Zudem soll das Unternehmens später an die Börse gebracht werden.
Die Vorteile dieser Lösung liegen auf der Hand: Wenn die Aktivitäten von DMS in eine selbständige Firma gehen, ist man nicht nur bei der Wahl der Zulieferer freier.
Vor allem entfällt auch der Zwang, Acer-Produkte herstellen zu müssen. Dadurch lassen sich Interessenkonflikte vermeiden, wenn Acer im gleichen Markt gegen OEM-Kunden antritt, wie dies zeitweise mit
IBM der Fall war.
Während Wistron auf das OEM-Geschäft fokussiert, wird sich Acer unter der eigenen Marke auf die Vermarktung von Produkten, Lösungen und Services konzentrieren. Dabei ist Wistron für Acer nur noch ein Lieferant unter anderen. Durch den Einbezug weiterer Zulieferer hofft
Acer, sein Produkt- und Dienstleistungsangebot besser an die Anforderungen der unterschiedlichen Märkte anpassen zu können.
Notwendige Anpassungen
Etwas vollmundig kommentierte der Vorsitzende und CEO der Acer Group, Stan Shih, die Veränderungen: «Aus Sicht der Branche wird Acer vom Hersteller zum Dienstleistungsanbieter. Aus einem etwas breiteren Winkel gesehen, passt sich Acer den Veränderungen der globalen Wirtschaft an und vollzieht den Schritt von der IT-Ära in das Zeitalter einer wissensbasierten Ökonomie. Betrachtet man es von der Unternehmenskultur aus, so bewegen wir uns vom Technologie-Fokus zum Anwendernutzen.»
Schön und gut - aber ganz freiwillig erfolgen die Veränderungen nicht. Gerade im OEM-Geschäft hatte Acer in letzter Zeit schmerzliche Einbussen hinnehmen müssen. Die Märkte sind gesättigt und der Preiskrieg drückt auf die Margen. Im Geschäftsjahr 2000 erwirtschaftete Acer mit 35’000 Mitarbeitern und weltweit 232 Niederlassungen noch knapp 10 Milliarden Dollar Umsatz und ein knappes Plus. Die Analysten, welche das Unternehmen unter die Lupe genommen haben, sprechen von Verlusten um die 40 Millionen Dollar in Amerika und Europa. In Zentral- und Südamerika sollen es rund 15 Millionen sein.
Dieses Jahr hat der Druck eher noch zugenommen und führte kürzlich zu Entlassungen in Malaysia. Für den Brand-Bereich hat Acer bereits eine Gewinnwarnung ausgegeben und darauf hingewiesen, dass die Umstrukturierungen in der Bilanz mit rund 113 Millionen zu Buche schlagen dürften. Mit der Neuausrichtung strebt Shih bis 2004 einen Umsatz von 4,4 Milliarden und einem Gewinn von 437 Millionen Dollar an. (fis)