Unternehmen und ihr Channel: Miteinander statt Nebeneinander
Quelle: Nexthink

Unternehmen und ihr Channel: Miteinander statt Nebeneinander

Text: Michael Schuck

Kooperationen im Channel-Modell bieten viel Potential in Vertrieb und Support sowie in nachhaltiger Kunden-Kommunikation. Wichtig ist, die Channel-Strategie konsequent zu leben und mit der Gesamt-Firmenstrategie abzustimmen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2016/07

     

Unternehmen, die sich für eine Channel-Strategie entscheiden, müssen sie auch konsequent umsetzen und leben, so viel steht fest. Channel «mit angezogener Handbremse» – das geht nicht. Zwar muss der Channel-Ansatz nicht für jeden und unter allen Umständen das Richtige sein, denn zum Channel-Modell gehört unbedingt eine sorgfältige Abstimmung mit der Gesamtstrategie eines Unternehmens. Und die ist eben nicht überall gleich. Doch wer auf Dauer von gewachsenen Strukturen profitieren will und bereit ist, Channel-Strukturen in seine Business-Organisation zu integrieren, der kann durch Channel-Konzepte enorme Vorteile realisieren.



Klare Strategie ist wichtig

Dafür müssen die Ausgangslage und die Ziele der Partner klar umrissen sein. Wie viele Stufen soll das Distributionsmodell haben? Was will der Hersteller selbst leisten, welche Services leisten Reseller? Wer übernimmt das Training der User und wie ist es organisiert? Wie genau soll das Partnermodell aussehen? Welche Unterstützung für Marketing und Go-to-Market kann und will man bieten? Gerade Letzteres führt zu den klassischen Vertriebsfragen nach Gebietsschutz, Provisions- und Vergütungsgestaltung und einem aussagekräftigen Measurement der Verkäufer-Performance.
Als Unternehmen ist man gut beraten, Evaluationsmodelle zu entwickeln und Tier-Stufen zu hinterlegen, die Partner zum Beispiel nach Umsatz, nach zusätzlich angebotenen Diensten, vorhandenem Know-how oder nach Zielbranchen ordnen. Zielkonflikte lassen sich so anhand von messbaren Grössen identifizieren.

Wer als Unternehmen bekannte Distributoren an Bord holt, kann schnell grosse Marktpräsenz gewinnen, sich Arbeit und alle möglichen After-Sales-Leistungen sparen – verzichtet dafür aber auf einen Teil der Marge und auf den direkten Zugriff auf alle Partner. Kleinere Partner, die eventuell erst am Anfang stehen, strengen sich zwar an, Unternehmen für Kooperationen zu gewinnen. Sie können aber unter Umständen nicht oder noch nicht die gewünschte Performance und den optimalen Support-Umfang liefern. Wer im Jahr nur wenige Lizenzen verkauft, aber regelmässig unterstützt und verwaltet werden muss, verursacht unterm Strich womöglich mehr Kosten als Nutzen.

Beide Seiten sollen profitieren

Gerade auf lange Sicht kann ein strategisches Line-up mit einem passenden Channel-Partner ein entscheidender Pluspunkt sein. Denn den Markt gemeinsam zu gestalten schafft Potential, um die eigene Marktpräsenz zu erhöhen und sich von Beginn an im Markt zu verwurzeln. Vom Hersteller wird erwartet, den Partner im Marketing zu unterstützen und Material bereitzustellen, wofür aktuell viele Hersteller Portale nutzen. Für Start-ups auf Unternehmensseite ist der Markteintritt mit etablierten Channel-Partnern oder Systemintegratoren besonders attraktiv, da diese oft schon vitale Beziehungen zu Kunden haben und wertvolle Erfahrung mitbringen, die allerdings ihren Preis haben.
Channel-Partner wissen oft sehr genau, welche Bedürfnisse ihre Kunden haben, welche Probleme beim User gelöst werden müssen und welche Chancen oder Herausforderungen vor Ort bestehen: Unternehmen, die in Eigenregie mit ihrem Produkt und ein paar Vertriebs-Repräsentanten antreten, erreichen eben keine so hohe Reichweite wie Organisationen, die mit mehreren Partnern zusammenarbeiten und von deren Vertriebs-Akteuren profitieren können.



Partner sind mehr als nur Türöffner

Eine Positionierung über Partner bringt wechselseitige Pflichten mit sich. Und die müssen ernstgenommen werden und tragfähig sein. Wer sich für eine Channel-Strategie entscheidet, ist direkt verantwortlich dafür, bei seinen Partnern Vertrauen zu etablieren und im Markt ein stabiles Standing zu erreichen. Kurz: Die beste Channel-Strategie nützt wenig, wenn man den Partner nur als Türöffner (miss-)braucht, um die Abschlüsse dann doch lieber alleine zu machen. Überhaupt ist der transparente und faire Umgang miteinander entscheidend für den Erfolg. Eine Channel-Strategie wird früher oder später ins Stocken geraten, wenn sich beide Seiten nicht regelmässig und auf Augenhöhe austauschen – ob im Vertrieb oder im Marketing. Das gemeinsame Wachsen sowohl im Umsatz als auch in der Marktpräsenz ist ein starkes Argument, das für Channel-Partnerschaften spricht – vorausgesetzt, die strategischen Rahmenbedingungen stimmen.

Ein erfolgskritischer Faktor im Channel-Modell ist die gemeinsame Kompetenz-Basis der Kooperationspartner. Wer IT-Lösungen und -Services über den Channel anbieten möchte, muss sich darauf verlassen können, dass die Partner den IT-Betrieb der Endkunden hervorragend kennen. Denn nur mit Know-how und Erfahrung ist es möglich, Kunden umfassend und zu ihrer nachhaltigen Zufriedenheit zu beraten. Zudem wandelt sich die Rolle des Channels zunehmend: Durch den Online-Vertrieb werden Reseller zu Lösungspartnern, die Systemwelten bauen, Lösungen dort integrieren und Konzepte erstellen. Tiefgründiges Wissen ist hier die Voraussetzung, um aktuelle Trends, neue Lösungen aber auch Gefahren abschätzen zu können. Dabei hilft es, nicht nur in der IT-Landschaft des Kunden zuhause zu sein, sondern auch Zusammenhänge innerhalb der Unternehmensprozesse zu kennen.
Fachliche Expertise speziell im Tätigkeitsbereich des Partner-Unternehmens ist also genauso wichtig wie die Fähigkeit, zusammen mit Technik-Vorständen, IT-Managern und Abteilungsleitern Kundenbedürfnisse und die Prozesse beim Kunden aus deren Perspektive betrachten zu können. Fachwissen zu bestimmten vertikalen Branchen ist ebenfalls hilfreich.

Loyalität, Zuverlässigkeit und Vertrauen sind die Schlüsselfaktoren

Trotz allem ist nicht ausgeschlossen, dass es doch einmal zu Missverständnissen oder Schwierigkeiten in der Partnerschaft kommen kann. Dann muss man sich mit Respekt begegnen und darüber sprechen können. Sonst wird aufgebautes Vertrauen schnell verspielt. Das gilt überall auf der Welt, wenngleich in der Schweiz Vertrauen und Verbindlichkeit auch und gerade im Business eine ganz besondere Rolle spielen.
Die Partner einzubeziehen, sie ernst zu nehmen und wirklich zu unterstützen, sie also nicht nur als Funktionsträger zu verstehen, das macht aus einem Nebeneinander erst ein Miteinander. In Kundengeschäften ist der gemeinsame Auftritt gerade für solche Channel-Partner bedeutend, die sich erst relativ kurz in der Vertretung eines bestimmten Produktes engagieren. Denn er gibt Sicherheit, um überzeugend zu präsentieren und dann auch die Performance zu bringen, die der Endkunde und das Unternehmen sich wünschen. Unternehmensseitig kann man dabei durchaus steuernd eingreifen. Aber nicht um Kontrolle oder gar Druck auszuüben, sondern um Support zur Verfügung zu stellen, der neben der akuten Hilfe auch eine Absicherung und im Idealfall ein gewisses Learning für den nächsten Kunden bedeutet.

Wertvolle Einsichten in den Live-Betrieb beim Kunden


Nicht zu unterschätzen ist neben dem Vertriebs- und Support-Charakter einer umfassenden Channel-Strategie noch eine dritte Säule des Channel-Models: die der Informations-Rückbindung vom Endkunden zum Unternehmen. Die Channel-Partner haben dabei eine entscheidende Scharnier-Funktion. Den direkten Kundenkontakt und vor allem die echte Live-Ansicht der Funktion des Produkts beim Kunden kann das Unternehmen allein kaum oder nur schwer gewährleisten. Hier können die Channel-Partner wertvolle Informationen an das Unternehmen zurückspielen.
Im Markt für IT Operations Analytics (ITOA) haben Channel-Modelle auf jeden Fall noch sehr grosses Potential. In vielen Unternehmen hat die Entwicklung im Bereich ITOA noch nicht wirklich Fahrt aufgenommen. Viele Entscheider sehen zwar, dass ihre Mitarbeiter eine gute, stabile und sichere IT-Infrastruktur mit optimaler Performance brauchen. Und dass sich mit passgenauer ITOA nicht nur bares Geld sparen lässt, sondern auch die IT-Sicherheit verbessert wird. Doch den Schritt zum Umsetzen haben eben viele noch nicht getan.

Lösungen von der Stange tragen nicht weit

Auch lässt sich eine deutliche Dynamik in der Channel-Umgebung beobachten. Partner werden künftig noch mehr Dienstleistungen erbringen können und müssen, was aber ein Erfolgsfaktor sein kann. Denn kompetente, umfassende Beratung der Kunden sowie Ansprechbarkeit und partnerschaftliches Auftreten auch über den Kauf eines Produkts oder einer Lösung hinaus ist der Königsweg zu dauerhafter Kundenzufriedenheit. Einheits-Lösungen von der Stange funktionieren schon jetzt nicht mehr – gefragt sind individuelle Ansätze, bei denen sich der Kunde verstanden fühlt und sich für seine ganz individuellen Anforderungen gut gewappnet und unterstützt sieht.

Michael Schuck

Michael Schuck ist seit Ende 2015 Channel Manager DACH bei Nexthink. Der gelernte Industriekaufmann und Businessmanager ist für die Betreuung der Partner in der Region sowie für das Partnerprogramm verantwortlich. Nexthink ist mit seiner gleichnamigen IT Operations Analytics (ITOA)-Lösung auf IT-Management aus der Endanwender-Perspektive spezialisiert. In Österreich ist der Schweizer Software-Anbieter seit Anfang 2014 auf dem Markt und verfolgt hier sowie in Deutschland und in der Schweiz gemeinsam mit seinen insgesamt rund 20 Partnern eine umfassende Channel-Strategie.


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