Können Sie sie auch schon bald nicht mehr hören, die Frage nach der Zukunft des IT-Channels? Wie soll der IT-Dienstleister in Zukunft noch sein Geld verdienen? Stirbt der Channel nicht aus in Zeiten der Cloud? Wofür braucht es die Reseller eigentlich noch? Und dann die immer selben Antworten der selbsternannten Marktkenner, dass der Channel vor grossen Herausforderungen stehe. Wer sich dem digitalen Wandel nicht stelle, werde nicht überleben. Aussagen wie «Reseller sollen nicht mehr Produkte verkaufen, sondern Lösungen anbieten» oder «Reseller müssen sich spezialisieren und sich branchenspezifisches und betriebswirtschaftliches Wissen aneignen» sind doch nichts Neues. Das ist ja nicht erst seit dem aktuellen Hype um Cloud Computing so: Seit Jahrzehnten hat doch kein IT-Wiederverkäufer in der Schweiz mehr sein Geld mit Boxmoving und Softwarelizenzen verdient. Die niedrigen Margen liessen und lassen dies gar nicht zu. Der eine Microsoft-Partner konzentriert sich auf den Bau von unternehmensspezifischen Zusammenarbeitslösungen, die auf Standard-Software wie Sharepoint aufsetzen. Ein anderer versucht vielleicht mit zusätzlichen Angeboten rund um individuelle Lösungen, welche die Plattformen veredeln, neue Wachstumsfelder zu erschliessen. Bei dem einen ist der Schritt vielleicht von Erfolg gekrönt, während bei wieder einem anderen der Versuch misslingt. Das kann zum Beispiel der Fall sein, weil er dafür (noch) nicht die kritische Grösse hat und deshalb Arbeitskräfte beschäftigt, die nicht ausgelastet sind. Dann macht er wieder einen Schritt zurück und justiert sein Geschäft – beispielsweise indem er sich mit einem Partner zusammentut, statt ein neues Team aufzubauen.
Grosskunden vermissen Flexibilität
All die schulterklopfenden Empfehlungen in den Medien haben doch vor allem zum Zweck, dass die Grossen ungehindert ihre von der Konzernzentrale definierten Marketingbotschaften loswerden können. Für die konkrete Situation, in der sich der Reseller befindet, sind sie aber schlicht zu oberflächlich gehalten. Ich will an dieser Stelle aber einen Hinweis weitergeben, den ich ku¨rzlich von jemandem bekommen habe, der seit Jahrzehnten mit CIOs von Grossunternehmen verhandelt. Diese wollen bekanntlich ja mo¨glichst nur einen Lieferanten, also einen der grossen Player als Ansprechpartner. Sie würden sich aber zunehmend an der fehlenden Flexibilität der Grossen stören, beispielsweise wenn für Software-Projekte mit Offshore-Abteilungen zusammengearbeitet werden muss. Sie wünschten sich deshalb, dass ihre Lieferanten mit kleinen lokalen Dienstleistern zusammenarbeiteten, weil diese agil und flexibel seien und über kurze Entscheidungswege verfügten.
Warum nicht Subunternehmer eines Big Players?
Für mich heisst das übersetzt: Value Added Reseller, Systemintegratoren oder Software-Entwickler sollten vielleicht – am besten im Verbund mit anderen Kleineren – einen Schritt auf die ganz Grossen zugehen und mit ihnen Partnerschaften eingehen. Sie helfen ihnen damit, die Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, kommen zu Aufträgen, die sie sonst nie erhielten und werden damit für Fachkräfte dank Projekten bei Grossunternehmen ein interessanterer Arbeitgeber. Dazu müssten sie sich aber vielleicht erst einen Ruck geben, ohne aber um Himmels Willen anzustreben, sich von einem der Grossen aufkaufen lassen. Das geht selten gut, der gute Name der Firma versinkt hinter der Konzernmarke, die Mitarbeiter fühlen sich in der neuen Struktur nicht mehr wohl und suchen das Weite. Und schon ist es vorbei mit der Flexibilität, die sich die Grossunternehmen von seinen Anbietern
wünschen.
Zum Autor
Markus Häfliger berät als Gründer und Inhaber von Häfliger Media Consulting IT-Unternehmen in allen Belangen der Medienarbeit. Vor seinem Wechsel in die PR-Branche im Jahr 2010 war er während zehn Jahren als Redaktor und Chefredaktor von «Swiss IT Reseller» tätig und somit für den Aufbau des Branchenmagazins mitverantwortlich.
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