Eine konsequente Spezialisierung auf einen vertikalen Markt, wie etwa den Bildungsbereich, kann für Reseller eine Chance sein, sich von anderen Dienstleistern und Händlern zu unterscheiden und wegbrechende Umsätze im horizontalen Geschäft zu kompensieren. "Für die Reseller ist es wichtig, sich von den Angeboten im Online-Markt abzuheben", betont Sebastian Seyferth, Head of Commercial Business bei
Acer Computer Switzerland. Denn der Fachhandelskanal könne nur mit spezifischen Kenntnissen bestehen bleiben. Eine Konzentration auf vertikale Märkte – wie etwa den Education-Markt – ist daher empfehlenswert. Zudem gelte es, hier Expertise hinzuzugewinnen. Dieser Ansicht ist auch Denis Luise, Sales Director Schweiz bei
Benq: "Eine Spezialisierung und demnach das angeeignete Know-how in einem bestimmten Marktsegment ist sicherlich das richtige Rezept, um sich gegenüber den Mitbewerbern abheben zu können."
'Eine Spezialisierung und demnach das angeeignete Know-how in einem bestimmten Marktsegment ist sicherlich das richtige Rezept, um sich gegenüber den Mitbewerbern abheben zu können.' Denis Luise, Sales Director Schweiz, Benq (Quelle: Benq)
'Die Bedürfnisse und Budgets von Universitäten unterscheiden sich sehr stark von denen im Bereich der Grundausbildung von Kindergarten bis zwölfte Klasse.' Andri Puorger, Enterprise Channel Manager Education Sector, Microsoft Schweiz (Quelle: Microsoft Schweiz)
'Besonders IT-Verantwortliche, die hauptberuflich als Lehrer unterrichten, brauchen Lösungen, die möglichst einfach in den schulischen Alltag zu integrieren sind.' Sebastian Seyferth, Head of Commercial Business, Acer Computer Switzerland (Quelle: Acer )
'Menschen, die sich bilden, erwarten heutzutage, dass das Bildungsinstitut über all jene Kanäle mit ihnen kommuniziert, die für sie relevant sind.' Christian Mossner, Leiter Center of Excellence, Canon Schweiz (Quelle: Canon )
Im Geschäft mit Schulen und Weiterbildungsanbietern stellen sich besondere Herausforderungen. (Quelle: iStock Photo)
Services machen Education-Markt lohnenswert
Hierbei ist der Bildungsbereich als vertikaler Markt für die Reseller durchaus lohnenswert. Potential für die Reseller im Education-Markt orten die Hersteller nebst dem Verkauf der Produkte auch in den Serviceleistungen – inklusive Vorberatung, Rollout von Diensten und Software sowie Verwaltung und Beschaffung von Geräten, so Andri Puorger, Enterprise Channel Manager Education Sector bei
Microsoft Schweiz. Auch der Trainingsbedarf auf Seiten der Lehrpersonen für die Nutzung der Tools im Unterricht sei gross.
Ähnlich lautet die Einschätzung von Sebastian Seyferth von
Acer. Die Produkte seien oft nur ein kleiner Teil der Gesamtlösung. "Wirklich lohnenswert ist es, wenn sich eine lange und intensive Zusammenarbeit zwischen Partnern und Bedarfsträgern entwickelt, ausgehend von der Betreuung der lokalen Infrastruktur, der Software, Apps sowie der Umsetzung des After-Sales-Service." Und auch Denis Luise von
Benq erwähnt neben Hard- und Software die Dienstleistungen inklusive Installation und Vor-Ort-Service, die einen Mehrwert bieten, welcher zu der Gewinnspanne hinzukomme.
Heterogenität als Chance und Herausforderung
Lohnenswert ist der Education-Markt für Reseller zudem, weil die Bedürfnisse breit gefächert sind. Diese Heterogenität ist allerdings sowohl Chance als auch Herausforderung. "So unterscheiden sich beispielsweise die Bedürfnisse, Budgets und weiteren Rahmenbedingungen von Universitäten sehr stark zu denen im Bereich der Grundausbildung von Kindergarten bis zwölfte Klasse", erklärt Puorger von
Microsoft.
Auch Sebastian Seyferth von
Acer sieht es als grosse Herausforderung, die Interessen der Lehranstalten zu berücksichtigen und deren spezifischen Anforderungen abzudecken. "Das ist nicht mit der Lieferung der Ware und der Implementierung der Lösung getan. Reseller müssen untersuchen, ob es möglicherweise lizenzrechtlichen Beratungsbedarf gibt und ob eine spezielle Unterstützung im After-Sales-Service und Lifecycle Management notwendig ist", führt der Head of Commercial Business aus.
Erschwerend kommt der Spardruck im öffentlichen Sektor bei der Umsetzung von Projekten im Bildungsbereich hinzu, ebenso wie der Umstand, dass das Know-how und die Ressourcen auf Seiten der Kunden – gerade bei kleinen Schulen ohne IT-Abteilung – gering ist, ergänzt Puorger von Microsoft. Generell unterscheidet sich der Education-Markt massgeblich vom Geschäft mit kommerziellen Kunden. Puorger: "Institutionen aus dem Bildungsbereich sind als Teil des öffentlichen Sektors an die entsprechenden Beschaffungsrichtlinien, wie zum Beispiel Ausschreibungen, und Datenschutz-Vorgaben gebunden."
Auch die wachsenden technologischen Anforderungen im Education-Markt sowie die permanente Erweiterung des Know-hows seien Herausforderungen für die Reseller, meint Christian Mossner, Leiter Center of Excellence bei
Canon Schweiz und Dozent an der HWZ Zürich und der FHNW. Dabei erhält er Zustimmung von Denis Luise von
Benq: "Der Education-Markt entwickelt sich stetig mit neuen Technologien und Lösungen. Der Händler, der sich in diesem Bereich engagiert, muss sich kontinuierlich weiterbilden, über aktuelle Schullösungen informieren und sich und sein Unternehmen im Bildungsbereich weiterentwickeln, um neue Impulse an seine Auftraggeber geben zu können."
Nicht die Technologie in den Fokus rücken
Projekte für Bildungskunden können nur erfolgreich sein, wenn Lehrer und Dozenten nicht nur über Anwendungswissen zur Bedienung von Hardware und Software verfügen, sondern auch mediendidaktische Kompetenz und Erfahrung aufbauen konnten. Dessen müssen sich Education-Reseller laut Microsoft-Mann Andri Puorger bewusst sein. "Dazu braucht es spezielle Schulungen, damit Lehrpersonen lernen, wie, wann und warum sie die neuen digitalen Hilfsmittel im Unterricht einsetzen sollten. Im Fokus muss dabei der Lernprozess der Schüler und Studenten stehen und nicht die Technologie." Ebenso unabdingbar sei eine kompetente Beratung sowie festgelegte Zeitrahmen, Umfänge und Budgets. "Dabei kann ein Pilotprojekt, bei dem der Rollout mit Testklassen geprüft wird, helfen. In einem zweiten Schritt wird danach ein Gesamt-Rollout mit passendem Schulungskonzept geplant", so Andri Puorger.
Reseller sollten verschiedene Denkweisen und dazugehörige Vorbehalte in ein Anforderungsprofil übersetzen, rät Sebastian Seyferth von
Acer. Zudem darf nicht vergessen werden: "Besonders IT-Verantwortliche, die hauptberuflich als Lehrer unterrichten, brauchen Lösungen, die möglichst einfach in den schulischen Alltag zu integrieren sind."
Bedürfnisse der Lehrer und Schüler kennen
Das Erfolgsrezept heisst Kundenfokus, ist Christian Mossner, Leiter Center of Excellence bei
Canon Schweiz, überzeugt. "Reseller müssen die Bedürfnisse der Bildungsinstitutionen verstehen und aus deren Endkunden-Sicht denken und handeln." Dabei gelte es, umfassende Dienstleistungen – sprich Managed Services – für Netzwerkgeräte wie Drucker, Screens oder Projektoren sowie spezielle Lösungen anzubieten. "Auf diese Weise nehmen die Reseller ihren Kunden viel IT-Aufwand ab und generieren so Mehrwert für ihre Endkunden", so Christian Mossner. Sich in die Probleme der Bedarfsträger hineinzudenken, rät auch Sebastian Seyferth von
Acer. Reseller sollen demnach auf der einen Seite dem Fachpersonal die Sorgen nehmen und sich andererseits an den Bedürfnissen der Anwender – sprich der Schüler und Lehrer – orientieren. "Dabei geht es nicht um IT an sich, sondern um digitales Lernen im Klassenzimmer", so Sebastian Seyferth. Und Christian Mossner ergänzt: "Menschen, die sich bilden, erwarten heutzutage, dass das Bildungsinstitut über all jene Kanäle mit ihnen kommuniziert, die für sie relevant sind. Der Unterricht findet einerseits im Schulzimmer statt, wo der Dozent Unterlagen persönlich abgibt. Andererseits möchten Studenten ihre Dokumente auch aufs Tablet oder Notebook laden und von unterwegs oder zuhause darauf zugreifen können."
Ein Team, das sich spezifisch mit dem Bildungsbereich auseinandersetzt, ist laut Andri Puorger von
Microsoft für die Positionierung im Bildungsbereich enorm wichtig. "Hierzu muss das notwendige Wissen zu den Bedürfnissen und Anforderungen der Bildungsinstitutionen erarbeitet werden. Um den Bildungsinstitutionen aufzuzeigen, warum und wie sie die neuen digitalen Hilfsmittel integrieren sollten, braucht es gezieltes Marketing." Dabei sei es wichtig, dass sich die Reseller von Produkt- und konventionellem Marketing lösen und ihre Kommunikation durch Praxisbeispiele von Bildungsprojekten ersetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Andri Puorger zufolge zudem der Aufbau eines Schulungs-Teams. Dieses soll durch die Ausbildung der ICT-Verantwortlichen der Schule und der Lehrpersonen sicherstellen, dass die User die neuen Hilfsmittel im Unterricht und in ihrer täglichen Arbeit auch mit Mehrwert einsetzen.
Unterstützung durch Hersteller bei Wissensaufbau
Reseller, die sich im Education-Markt etablieren möchten, sind auf die Unterstützung der Hersteller angewiesen, etwa um sich das notwendige Wissen anzueignen oder um eine passende Strategie aufzustellen. Im Falle von
Acer sieht die Hilfe gemäss Sebastian Seyferth folgendermassen aus: "Eine Unterstützung bieten wir mit unserem Partnerprogramm, welches auch einen starken Fokus auf das Education-Segment legt. Durch unsere Education-Partner und Education Solution Center stehen wir in intensivem Austausch über Trends im Markt und analysieren, welche Produkte wir für die jeweiligen Ansprüche empfehlen können. Wir decken unterschiedliche Herangehensweisen ab, indem wir Fachleute zusammenbringen." Dazu gehörten etwa Experten im Bereich Google Chrome und Microsoft Windows.
Über ein eigenes Education Partner Network verfügt
Microsoft. Dieses ermögliche spezifische Trainings, Zugang zu technischen Ressourcen und Informationen zu Neuerungen, sowie den internationalen Austausch unter den Partnern. Und bei
Canon bietet man den Partnern Hardware, Software und Beratungsdienstleistungen, wie Christian Mossner erklärt. Und er ergänzt: "Weiter setzt Canon im Lösungsbereich mit Uniflow, Therefore und Iris auf integrierte Softwarelösungen, um den Anforderungen des Education-Marktes zu entsprechen. Mit unserem starken Eco-System an Softwarelösungs-Partnern haben es unsere Reseller einfacher, die richtigen Lösungen anzubieten. Die entsprechenden Trainings sind voll im Gange."
An Messen und Events präsentiert derweil
Benq den Händlern seine verschiedenen Produkte. "Als Hersteller teilen wir mit unseren Partnern unser Know-how und die gesammelten Erfahrungen, damit wir uns gemeinsam weiterentwickeln können", so Denis Luise.
Hilfe beim Verkauf und bei Projekten
Beim Verkauf oder bei Projekten im Bildungsbereich unterstützt
Benq seine Händler mit einem dedizierten Benq-Mitarbeiter sowie mit Demogeräten. "Für komplexere technische Fragen und Unterstützung greifen wir auf unseren Sales Engineer Pro AV zu", ergänzt Denis Luise. Das neue Partnerportal steht derweil bei
Canon im Zentrum. "Darin integrieren wir bestehende und potentielle Partner und unterstützen diese mittels Informationen, Schulungen, Offerten und Support über ein modernes Workflow-System", so Christian Mossner.
Acer bietet spezielle Rabatte für das Education-Segment und bepreist Projektanfragen im Normalfall innerhalbe eines Tages. Allerdings sei nicht nur der Verkauf relevant, so Sebastian Seyferth: "Es ist uns wichtig, unseren Partnern auch in kritischen Fällen zur Seite zu stehen. Dazu haben wir vor 20 Jahren unser Service Center in der Schweiz etabliert, mit welchem wir die Möglichkeit haben, individuell auf Probleme zu reagieren und Lösungen zu finden, die normalerweise in Grosskonzernen nicht umsetzbar wären. Dadurch untermauern wir unseren Anspruch, als globaler Hersteller lokal präsent zu sein."
Zahl der Education-Reseller nimmt zu
Die Zahl der Reseller, die auch im Education-Markt tätig sind, steigt, sind sich die Hersteller einig. "Die Anzahl Education-Händler mit
Benq im Fokus wächst kontinuierlich. Aktuell sind das schweizweit circa 20 Händler und Integratoren, welche sich unter anderem im Schulumfeld bewegen", so Denis Luise. Bei
Canon ist rund ein Drittel der Reseller auch im Bildungsbereich tätig. "Zur Entwicklung über die letzten Jahre liegen uns keine Zahlen vor. Wir erkennen allerdings den Trend in diese Richtung und setzen vermehrt auf unser Eco-System", ergänzt Christian Mossner.
Auch bei
Acer ist das Education-Segment sehr wichtig geworden. "Das Thema IT gehört mittlerweile in jede schulische Ausbildung und das hat natürlich Einfluss auf die Anzahl der Partner, die in diesem Bereich tätig sind", führt Sebastian Seyferth aus. Im Zuge der Umsetzung des neuen Lehrplans 21, bei welchem Informatik Teil des Modullehrplans Medien und Informatik ist, erwartet man bei Acer zudem einen steigenden Bedarf an Beratung und Projektsupport. "Entsprechend wird auch die Bedeutung des Education-Marktes zunehmen sowie die Anzahl unserer Partner."
Bei
Microsoft sind derweil schweizweit rund 300 Partner im Vertrieb von Education-Produkten und- Lösungen aktiv. "Mit einer wachsenden Anzahl von spezialisierten Partnern hat Microsoft Schweiz in den letzten Jahren die Zusammenarbeit intensiviert", so Andri Puorger.
Digitalisierung im Bildungsbereich
Für die nächsten Monate sieht
Microsoft Schweiz eine stark wachsende Nachfrage für kollaboratives Arbeiten mit digitalen Hilfsmitteln im Unterricht. Lehrer verteilen Aufgaben und Lerninhalte auf digitalem Weg, wodurch sich Lehrer und Schüler ort- und zeitunabhängig austauschen können. "Immer mehr Institutionen erkennen, dass es bei der Digitalisierung im Bildungsbereich nicht darum geht, Lehrpersonen und Dozierende effizienter zu machen. In erster Linie soll den Lernenden frühzeitig die Möglichkeit gegeben werden, sich auf ihre zukünftige Arbeitswelt und die einhergehenden Kompetenzen im Umgang mit digitalen Arbeits-Tools vorzubereiten", erklärt Andri Puorger.
Auch bei
Canon ist die schnell voranschreitende Digitalisierung das Thema der nächsten Monate. Diese setze nämlich die Bildungsstätten in der Schweiz unter Druck. "Die Verantwortlichen in den Bildungsinstitutionen sind durch die Digitalisierung stark gefordert und tendieren dazu, die Anzahl Lieferanten und Lösungspartner zu konsolidieren. Es werden also weniger, dafür spezialisierte Lösungsanbieter mit einer dedizierten Beratungs- und Support-Kompetenz das Rennen machen", ist Christian Mossner überzeugt. Und: "Die Nachfrage nach umfassenden Lösungen für den Präsenzunterricht und Remote Learning wird zweistellig wachsen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Anbieter. Jene, die bisher zu passiv und zu wenig innovativ waren, dürften ausscheiden. Neue Lösungsanbieter und Service-Partner werden den Markt aufmischen." Ebenso würden künftig immer noch viele IT-Aufgaben ausgelagert und von dedizierten Outsourcing-Partnern übernommen, so Christian Mossner.
Sowohl bei Microsoft als auch
Acer erwartet man in den nächsten Monaten zudem, dass die Schulen mehr oder neue Geräte benötigen. Sebastian Seyferth von Acer dazu: "Wir rechnen mittelfristig damit, dass Schulen für das neue Schuljahr Geräte anschaffen. Die Budgets für dieses Jahr sind definiert und der Lehrplan 21 ist in diesem Prozess bereits bedacht."
(abr)