Steg geht mit neuem Konzept in die Zukunft
Quelle: PCP.com

Steg geht mit neuem Konzept in die Zukunft

Steg Electronics ist aktuell daran, sich vom Retailer hin zum IT-Fachhändler zu wandeln. Dazu werden alle Filialen umgebaut. Mit dem Schritt will man sich auf dem Markt ein Alleinstellungsmerkmal schaffen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2018/12

     

Steg Electronics befindet sich im Umbau – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Aktuell ist man bei Steg nämlich daran, sämtliche Filialen analog eines neuen Konzepts umzubauen. Den Anfang machte der Standort in Dietikon im April dieses Jahres, wo nicht nur ein neues Ladenkonzept umgesetzt, sondern auch der Standort um einige Hundert Meter gezügelt wurde. Neu sitzt Steg in Dietikon in der ehemaligen Microspot.ch-Filiale direkt an der Zürcher Elektronik-Meile, sprich an der Riedstrasse in der Industrie, wo sich auch Dataquest, Digitec, Fust und direkt auf der anderen Strassenseite der Media Markt finden. Das wirft natürlich Fragen auf, die wir Lorenz Weber, Geschäftsführer beim Steg-­Mutterhaus PCP.com, direkt in der Filiale in Dietikon gestellt haben.

"Swiss IT Reseller": Warum in aller Welt gingen Sie mit der ersten, neugestalteten Steg-Filiale dorthin, wo bereits die ganze Konkurrenz sitzt?
Lorenz Weber: Weil wir überhaupt keine Angst davor haben, dorthin zu gehen, wo die Konkurrenz ist. Wir sind auch in St. Gallen oder in Biel unmittelbar in der Nähe von Media Markt. Wir suchen die Nähe zwar nicht, aber sie stört uns auch nicht. Denn unser Konzept ist ein völlig anderes, wir positionieren uns anders als die Mit­bewerber.


Wie positioniert sich Steg denn?
Steg ist ein Fachgeschäft, seit einem Jahr fokussieren wir voll auf das Thema IT. Ein IT-Fachgeschäft ist eine andere Geschichte als ein Retailer wie Media Markt es ist, etwas anderes als ein Pick-up Point, wie ihn Digitec betreibt, und etwas anderes als eine Fust-Filiale, wo man neben dem Computer auch eine Waschmaschine und einen Kaffeeautomaten kaufen kann.
Wie definieren Sie sich denn als Fachgeschäft?
Bei uns steht die Beratung des Kunden im Mittelpunkt. Er kommt herein, ihm wird ein Kaffee angeboten, und im Gespräch werden seine Bedürfnisse eruiert. Dabei sprechen die Kunden mit einem Fachmann. Nebst der Beratung bieten wir zudem auch Dienstleistungen an, ein ganz wichtiger Teil.

Haben Sie keine Angst davor, dass sich die Kunden bei Ihnen beraten ­lassen, um dann auf der anderen Strassenseite oder im Internet einzukaufen?
Mit dieser Frage werde ich immer wieder konfrontiert, und die Antwort lautet immer wieder aufs Neue: Nein, ich habe keine Angst, und ich habe auch nicht das Gefühl, dass die Kunden das im grossen Stil tun. Es ist doch völlig normal, dass vor einem Kauf verschiedene Anbieter angeschaut und Angebote geprüft werden. Das gab es auch schon vor der Zeit des Internets. Und längst nicht immer ist der Preis das einzig ausschlaggeben­de Kriterium. Es ist am Händler, die Chance eines Kundenkontakts zu nutzen, um den Kunden von sich selbst zu überzeugen.

Vom Discounter zum Retailer zum Fachhändler

Um die neue Positionierung von Steg zu verstehen, muss man ein wenig in die Vergangenheit blicken – denn Steg hatte schon einige Positionierungen. In den Anfängen – zu Zeiten von PC-Hai und Computer 2000 – war Steg ein Discounter, importierte palettenweise Ware und verkaufte mit einer Papierpreisliste direkt ab Lager zu Tiefstpreisen. Als das Internet aufkam, musste Steg sich wandeln und stellte sich ab 2004 als Retailer auf. "Im Wesentlichen war Steg ein kleiner Media Markt. In unseren Läden fanden die Kunden regalweise Waren – 30 Drucker, 40 Notebooks, 20 Mainboards. Das war viel, doch Media Markt kann 50 Drucker, 100 Notebooks und 30 Mainboards zeigen", weiss Weber. Eine schwierige Ausgangslage, um die Nummer eins zu werden. Kommt hinzu, dass Weber die Zukunft als grosser Elektronik-Retailer eher düster sieht. "Der Elektronik-­Retail war während Jahren primär aus zwei Gründen sehr erfolgreich. Zum ersten dank der riesigen Auswahl, und zum zweiten liess man die Kunden mit geballter Werbepower glauben, die tiefsten Preise bieten zu können. Doch Tatsache ist, dass die Auswahl im Internet nochmals deutlich grösser als beim grössten Retailer ist, und dass Kunden heute die vermeintlichen Tiefstpreisversprechen sofort überprüfen können. Das sind riesige Herausforderungen für den ­Retail."

Lösungsinseln statt Kartonkisten

Bei Steg sieht die Zukunft derweil so aus: In einer Filiale nach dem neuen Konzept findet man keine Regale und keine Produktschachteln mehr. Stattdessen präsentiert Steg auf Tischen ein Dutzend Lösungsinseln, aufgeteilt in die vier Themenbereiche Gaming und Assembling, Mobile Computing, Internet und Smart Living sowie Home und Office. Aus diesen vier Welten wird eine kleine, lösungsorientierte Auswahl aus dem aus 250’000 Artikeln bestehenden Sortiment gezeigt. "Dabei überlegen wir uns, welche Themen unsere Kunden aktuell beschäftigen, und adressieren diese Themen an den Lösungsinseln. Das wechselt immer wieder, ist mit unseren Werbeaktionen verknüpft, und wir streben an, immer ausprobierbare, lauffähige Installationen zu den jeweiligen Themen zu zeigen."

Wichtig ist Weber dabei zu erwähnen, dass die Zahl der Produkte pro ­Filiale gleich gross ist wie vorher. "Nur weil wir nicht mehr Regale voller Produkte zeigen, heisst es nicht, dass wir die Produkte nicht mehr vor Ort haben." Das den Kunden zu erklären, ist eine der Herausforderungen.


Nebst den Lösungsinseln gibt es in den "neuen" Steg-Filialen Beratungsstationen, an denen sich die Kunden mit den Steg-Mitarbeitern unterhalten können. Und ein dritter wichtiger Teil des Konzepts ist der Technikbereich – also der Bereich, in dem Reparaturen getätigt werden. "Das gab es bei Steg schon immer, doch früher waren die Werkstätten versteckt, heute holen wir sie nach vorne – je nach Filiale sogar in die Mitte der Beratungsfläche", erklärt Lorenz Weber. Dafür gibt es gute Gründe: Reparaturen seien ein wichtiger Teil des Geschäfts, jeder zweite Kunde, der in den Laden komme, trage ein defektes Gerät unter dem Arm. Zudem bestehe das Personal in den Läden grundsätzlich aus Technikern, die sich mit den Geräten beschäftigen, wenn sie keine Kunden bedienen. "Die Kunden sollen sehen, dass bei uns Techniker arbeiten, dass bei uns geschraubt wird."

Gestiegene Rentabilität

Personaltechnisch ist das allerdings eine Herausforderung, denn entweder benötigt man Techniker, die verkaufen können, oder Verkäufer, die technisch versiert sind. Darum mussten und müssen sich die bestehenden Mitarbeiter als Teil des neuen Konzepts in die eine oder andere Richtung weiterentwickeln, was teils eine Herausforderung sei. "Insbesondere bei den Technikern gab es schon Fälle, die sich partout geweigert haben, in die Kundenberatung zu gehen. Handkehrum gibt es Beispiele von Technikern, die einen super Job machen in der Kundenberatung. Und die Kunden wollen in erster Linie mit Technikern sprechen, mit denen können sie fachsimpeln und sich austauschen", berichtet Lorenz Weber.

Wer bezahlt die Zeit, in denen Kunde und Techniker plaudern? Kostet die Beratung?
Nein, denn ich bin der Meinung, dass das nie und nimmer funktioniert. Man muss den Kunden von sich überzeugen können. Wenn von zehn Kunden, die wir beraten, neun ohne Kauf den Laden wieder verlassen würden, dann hätten wir ein Problem. Aber es ist umgekehrt. Von zehn Kunden machen wir mit neun Kunden Umsatz, denn wir sorgen dafür, dass sie sich bei uns wohl fühlen.


Trotzdem muss jemand die Zeit, die für Beratung draufgeht, bezahlen. Ist Steg einfach teurer als andere Läden?
Dem Fachhandel hängt gerne der Ruf an, teuer zu sein oder nur teure Produkte verkaufen zu wollen. Doch das stimmt in unserem Fall nicht. Wir streben an, maximal 10 Prozent teurer zu sein als der kompetitive Internetpreis.
Und mit diesen 10 Prozent ist auch die Beratungsleistung bezahlt?
Wir schaffen es, eine Filiale rentabel zu betreiben, wenn wir eine Marge von 15 bis 25 Prozent herausholen. Im Online-­Geschäft rechnen wir mit einer Marge von 5 bis 15 Prozent. Die 10 Prozent reichen somit. Das hängt aber auch damit zusammen, dass mit dem neuen Konzept die Rentabilität pro Filiale höher ist.

Wieso das?
Das hat verschiedene Gründe. Unter anderem brauchen wir mit dem neuen Konzept weniger Fläche. Früher war eine Steg-Filiale im Schnitt 650 Quadratmeter gross, heute sind wir mit 250 Quadratmetern gut bedient. Dann haben wir auch darum tiefere Kosten, weil wir weniger Produkte zeigen. Und nicht zuletzt kommen mit dem neuen Konzept zwar weniger Kunden in den Laden, diese sind aber anspruchsvoller und generieren mehr Umsatz – haben also eine höhere Qualität, wenn man so will.


Wie hat sich denn der Umsatz der bereits umgebauten Filialen entwickelt?
Grundsätzlich muss ich vorausschicken, dass die Umsätze in den Läden nach wie vor rückläufig sind, und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, mit dem neuen Konzept bereits die Kehrtwende bezüglich Umsatzentwicklung herbeigeführt zu haben. Das wäre aber auch illusorisch – das braucht Zeit. Aber: Der Umsatz ist mit dem neuen Konzept nicht mehr so stark rückläufig, und vor allem bin ich überzeugt, dass wir uns positioniert haben und ein klares Alleinstellungsmerkmal bieten können, um für die Zukunft aufgestellt zu sein.

Neue Filialen in Planung

Aktuell präsentiert sich rund die Hälfte der insgesamt 15 Steg-Filialen im neuen Kleid, der Rest soll bis kommenden Sommer folgen. Ebenfalls 2019 wird in Schaffhausen eine neue Steg-Filiale hinzukommen – genaugenommen wird die bisherige PCP.CH-­Filiale in einen Steg-Laden umgebaut.

Und der Filialausbau soll noch weitergehen. Weber kündigt an, dass neue Filialen ein Thema sind, und man zusätzliche Standorte eröffnen werde – wobei das Wann und Wo noch offen sind. Ausserdem werde man das Angebot an Dienstleistungen für den Kunden ausbauen. Jüngst sei die Möglichkeit, Beratungstermine abzumachen, dazugekommen. Zudem wolle man vermehrt Workshops und Events durchführen, um die Läden so zu einem Treffpunkt zu machen. Und in Kürze werde man die Möglichkeit bieten, dass man jedes Produkt, das bei Steg online bestellt werden kann, in eine Steg-Filiale schicken kann, um es dort unverbindlich anzuschauen und auszuprobieren. "Denn die Läden sind Teil eines Omnichannel-Konzepts", so Weber. "Sie sind auch ein Logistik-­Hub für Online-Kunden, welche eine schweizweit einmalige Same-Day-Lieferung geniessen."


Ausserdem müsse man vermehrt noch versuchen, die Hersteller vom neuen Konzept zu überzeugen, so Weber: "Wir würden gerne enger mit den Herstellern zusammenarbeiten." Beispielsweise sei man grundsätzlich an Herstellern interessiert, die Reparatur- und Servicepartner suchen. "Und wir sind offen dafür, wenn ein Hersteller mit uns Themenwelten gestalten will. Aber es muss in unser Konzept passen. Er muss mit seiner Palette die verschiedenen Kundenbedürfnisse abdecken können und unsere Philosophie, in der der Kundenservice im Mittelpunkt steht, mittragen. Wir wollen keine Hersteller-Inseln bestehend aus nur einer Marke, nur damit der Hersteller zufrieden ist. Das gibt es bei den Mitbewerbern. Bei uns muss der Hersteller damit leben können, dass wir innerhalb einer Lösungsinseln verschiedene Marken zeigen." (mw)


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