Im Juli platzte die Bombe: Dettwiler Informatik konkurs – alle Mitarbeitenden verloren ihre Stelle und einige Lieferanten, zum Beispiel
COS Distribution und
IBM, konnten sich beträchtliche Summen ans Bein streichen. Der Konkurs überraschte die meisten im Markt – aber nicht alle.
Nicht überrascht war zum Beispiel René Regez (Bild), der ehemalige Gründer und Mit-Inhaber von
Alltron (heute COS Distribution Schweiz AG). Maurus Wenger, ehemals Chef der übernommenen Process Link und später CEO von Dettwiler, hatte per 1. Mai das Handtuch geworfen. Auf der Suche nach einer neuen Führung fragte der Hauptaktionär, die Risikokapital-Firma 3i, Regez an, ob er die Führung von Dettwiler übernehmen und eine Sanierung durchziehen wolle.
Regez hat darauf nach eigenen Angaben, die von glaubwürdigen Insidern bestätigt werden, die Firma analysiert und kam zum Schluss, dass er den Job nur übernehmen wolle, wenn er auch die Mehrheit an Dettwiler übernehmen kann. Ausserdem war schon damals offensichtlich, so die Aussage von mehreren Involvierten, dass es nicht ohne tiefgehende Sanierung, sprich Schuldenverzicht, Kapitalschnitt, Rekapitalisierung aber auch Restrukturierung und Entlassungen, abgehen würde.
Rettungsversuch 1: Totalsanierung
Regez und die beiden Gläubiger 3i und Crédit Suisse schnürten ein Rettungspaket. Zentrale Inhalte waren der Verzicht auf Forderungen seitens 3i und der Bank und die Bereitschaft, neues Geld einzubringen sowie die Installation einer neuen Geschäftsleitung. «Regez wollte operativ und strategisch freie Hand», sagt Michael Petersen von 3i. Das aber hätte wohl gravierende Konsequenzen für die bestehende Führungscrew von Dettwiler gehabt.
Im Klartext: Einige Mitinhaber der Dettwiler hätten auf ihr Kapital wie auch auf ihre Führungsjobs verzichten müssen. Michael Petersen von 3i: «Wir hätten freie Bahn gebraucht, die Geschäftsleitung neu zu besetzen. Dazu benötigten wir eine Mehrheit im Verwaltungsrat, da die Einberufung einer ausserordentlichen GV zu lange gedauert hätte.»
«Skandal!»
Diese Mehrheit im Dettwiler-VR kam aber nicht zustande. Offensichtlich war dem damaligen VR um Präsident Robert Säuberli die Dimension der Krise bei Dettwiler nicht klar. Sie hielten an Forderungen fest, die Regez nicht erfüllen wollte. Welche Forderungen das waren, wollte keiner der Beteiligten verraten, doch lässt sich leicht ausrechnen, dass die damalige Führung ihrer eigenen Entlassung nicht zustimmen wollte oder zu hohe Entschädigungen forderte. In der Folge zog sich Regez zurück, Dettwiler schlitterte von da an tiefer, schneller und führungslos ins Debakel.
Petersen von 3i, die immerhin auf viel Geld verzichtet und auch nochmals investiert hätte, nimmt ein deutliches Wort in den Mund: «Ein Skandal». Robert Säuberli hingegen wollte gegenüber IT Reseller nicht Stellung nehmen.
Rettungsversuch 2: Die fehlende Unterschrift
3i und die Banken zogen nun «Plan B» aus der Tasche. Man erarbeitete einen zweiten Rettungsplan, wieder verbunden mit einer neuen Führungscrew und einer finanziellen Sanierung. Auch dieser Plan scheiterte. Wie die «Basler Zeitung» und «IT Reseller Online» berichteten, verweigerte Werner Dettwiler in letzter Minute seine Unterschrift unter den Sanierungsplan. Die Gründe dafür sind jedoch unklar. War Dettwiler erbost über das erste Scheitern der Sanierung? (hc)
Chronologie
1999: Die Risikokapital-Firma 3i beteiligt sich mit 80 Mio. Franken an der Dettwiler Holding AG.
Mai 2000: Dettwiler übernimmt Processlink. Der Kauf wird zumindest teilweise durch Kredite finanziert. Der ehemalige Dettwiler-Mitarbeiter und Processlink-Gründer Maurus Wenger wird CEO von Dettwiler. Werner Dettwiler steigt entgegen der ursprünglichen Abmachung mit 3i aus der operativen Führung aus.
Frühling 2001: Maurus Wenger verlässt Dettwiler per 1.5.2001.
April bis Juli 2001: Dettwiler steht ohne CEO da. Zwei Rettungspläne scheitern.
Juli 2001: Konkurs
Regez Stellungnahme
René Regez hat uns eine schriftliche Stellungnahme zukommen lassen, die wir hier integral abdrucken.
«Nach meiner Rückkehr in die Schweiz wurde ich im April 2001 von der Firma 3i angefragt, ob ich Interesse hätte, die Firma Dettwiler zu führen. Nach einer kurzen Bedenkzeit und genaueren Untersuchungen kam für mich nur noch eine Mehrheitsbeteiligung in Frage.
Die Liquidität und die Erfolgsaussichten von Dettwiler haben schon damals Fragen aufgeworfen.
In einer nie erwarteten Weise haben sich die Banken, insbesondere Crédit Suisse sowie der Hauptaktionär, die Investmentfirma 3i, bereit erklärt, auf Schulden und Forderungen zu verzichten, wenn ich die Führung übernähme.
Durch die Übernahme der Aktien durch mich wäre gleichzeitig neues Geld in die Firma geflossen. Alle waren sich bewusst, dass die Firma Dettwiler eine schwierige aber durchaus erfolgreiche Zukunft haben könnte und es sich lohnt, um die Arbeitsplätze zu kämpfen.
Warum hat dieser Plan nicht funktioniert? Der VR und Teile des Managements wollten die Lösung nur gutheissen, wenn zuerst persönliche Forderungen erfüllt werden. Auf diese konnte und wollte ich nicht eingehen.
Mehr möchte ich zu diesem Thema nicht sagen, die weitere Geschichte und das Ende besagter Firma ist bekannt. Einen schahlen Nachgeschmack hat die ganze Situation für mich immer noch. Vor allem kann ich nicht nachvollziehen, wie persönliche Interessen vor die Interessen der Mitarbeiter gestellt werden können.
Réne Regez