IT Reseller: Herr Queck, Cepra Consulting ist ein ehemaliger Miracle-Partner. Wie hat sich der Miracle-Crash auf das Unternehmen ausgewirkt?
Hubert Queck: Wir haben etwa ein Jahr lang daran gearbeitet, den Markt – insbesondere im ASP-Bereich – aufzubauen und konnten damals drei, vier grosse Angebote zusammen mit Miracle machen. Wir haben versucht, eine eigene Version auf die Beine zu stellen, die wirklich ASP-fähig ist. Zur Orbit 2000 hatten wir die Version betriebsbereit. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits klar, dass der Crash kommen wird. Wir haben deshalb versucht, die Änderungen, die für ASP notwendig waren, so weit wie möglich in die Investitionen zu retten. Wir haben alle Module so abgekoppelt, dass sie jederzeit mit XML wieder anwendbar sind. So konnten wir die Module schliesslich auf IFS portieren. Durch den Crash haben wir ca. eine halbe Million Franken an Dienstleistungs-Umsatz verloren.
ITR: Wussten sie zum Produktlaunch bereits, dass es Ihren Partner Miracle bald nicht mehr geben wird?
HQ: Wir haben kurz vor und während der Orbit 2000 geahnt, dass Miracle gravierende Schwierigkeiten sowohl mit dem Produkt als auch im finanziellen Bereich hat. Da Partnerschaft auch Loyalität bedeutet, haben wir trotzdem das Miracle-Lösungspaket angeboten.
ITR: Sie haben keine speziellen Produkte angeboten?
HQ: Nein. Wir bieten im ASP-Bereich keine speziellen Produktstrategien an. Es gibt im KMU-Bereich Unternehmen, die sich die IT-Struktur nicht leisten können oder wollen, trotzdem aber die Funktionalitäten wünschen, die einem grossen Unternehmen zur Verfügung stehen. Wir vermieten Applikationen, indem wir auf einer Vertragsbasis von 5 bis 7 Jahren die Implementierung, die gesamte IT-Infrastruktur und die Betreuung, das Training etc. in einem monatlich überschaubaren Rahmen pro User anbieten. Ich habe noch nie einen Kunden angetroffen, der gesagt hätte, IFS interessiere ihn nicht, er wolle
SAP.
ITR: Wie sind Sie mit Kunden verfahren, denen Sie Miracle-Lösungen implementiert hatten? Wieviele Kunden waren das?
HQ: Wir hatten sechs Kunden auf Miracle, da läuft alles weiter wie gehabt. Allerdings haben wir niemals ERP-Funktionen von Miracle implementiert, sondern nur immer den Workflow-Bereich, also die Unternehmenskontrolle. Wir haben den Kern benutzt, aber wir wussten durch Untersuchungen von Anfang an, dass die Miracle-Lösung nicht konkurrenzfähig war. Wir wollten aber die Chance nutzen, ein Geschäftsmodell zu kreieren, mit dem man Prozesse Stück für Stück schlank machen kann und mit dem die Durchlaufzeiten kontrolliert werden können. Wir haben immer andere ERP-Module eingesetzt. Den Miracle-Kern setzen wir jetzt aus rechtlichen Gründen nicht mehr ein.
ITR: Was geschah nach dem Crash?
HQ: Bei uns herrschte nach dem Miracle-Crash logischerweise tagelang Chaos. Die Kunden haben uns überfallen und gefragt, wie es nun weitergehen soll. Wir wussten, wir haben viel Geld verloren und wir wussten, dass wir in eine Richtung gehen müssen, die es uns erlaubt, unser eigenes Unternehmen auf saubere Art und Weise auf mehrere Füsse zu stellen. Wir hatten vorher schon entschieden, dass wir wegen der Komponenten-Orientierung mit IFS weiterfahren werden. IFS hat eine praktikable, bereits im Einsatz befindliche ASP-Lösung, die auf schwedischen Outsourcing-Rechnern läuft. Dann hiess es ein Jahr lang: Arbeiten, arbeiten, arbeiten, um die Marke Cepra Consulting und IFS wieder im Markt zu etablieren. Wir haben im Moment noch keine ASP-Kunden, aber eine gute Lösung. Unser Ziel für 2002 sind fünf mittelständische Kunden, also ca. 1,5 bis 2 Mio. Franken Umsatz mit ASP.
ITR: Was sagen Sie zum Wirbel um Mount10?
HQ: So eine Geschichte ist für uns als Anbieter verheerend. Wenn sich Mount10 nach Miracle und Swissair als weiterer Geldvernichter entpuppen würde, wäre das Vertrauen der Kunden auf Jahre hinaus erschüttert. Sowas zieht jedem ASP-Anbieter den Boden unter den Füssen weg. Hinzu kommt, dass infolge solcher Geschehnisse Investoren auch für 100% sichere Businesspläne sehr skeptisch geworden sind.
ITR: Wie schaffen Sie Vertrauen bei potentiellen ASP-Kunden?
HQ: Wir haben ehrlich gesagt auch mit Mount10 geliebäugelt, uns dann aber für
Unisys als einzigen Partner entschieden. Unisys ist im Schweizer Markt etabliert und hat auch die nötige Grösse. Und nur Grösse schafft in diesem Bereich Vertrauen. Weiter gehen wir stufenweise vor. Wir zeigen dem Kunden, dass er unter verschiedenen Lösungen wählen kann. Entweder eine ASP-Lösung, bei der der Rechner im eigenen Haus steht (sog. «Inhouse-ASP») oder mit Rechnern, die bei uns stehen. Oder wir können eine Lösung bieten, die auf Rechnern von Unisys in Paris läuft. Wir offerieren dem Kunden, die Daten erst dann ins Unisys-Rechenzentrum zu migrieren, wenn er sicher ist, dass wir seine Daten im Griff haben.
ITR: Wie liefen die Geschäfte im 2001 im Vergleich zum letzten Jahr?
HQ: Wir hatten für 2001 15% mehr Umsatz geplant und sind jetzt 11% über Vorjahr. Falls vor Weihnachten noch der eine oder andere Kunde Budget locker macht, schaffen wir vielleicht die 4% noch, um auf Ziel zu sein. Für nächstes Jahr planen wir 20% mehr Umsatz, weil wir mit dem ASP-Bereich starten und unsere Hardware-Multiuser-Lösung «Hydradesk» hochfahren wollen. Für nächstes Jahr planen wir für alle Geschäftsbereiche 8 Mio. Franken Umsatz mit rund 40 Mitarbeitern.
(Interview: mh)