«Swiss IT Reseller»: Sie sind seit gut 100 Tagen als Country Manager von Peoplefone im Amt. Können Sie bereits ein erstes Fazit ziehen?
Felix Ruppanner: Mein erstes Fazit lautet, dass ich sehr beeindruckt bin, insbesondere von den Leuten, die im Unternehmen arbeiten, deren Herzblut und deren Begeisterung für Technologie und Telefonie. Beindruckt hat mich ausserdem die Start-up-Kultur in der Firma – der Wille eines jeden, dem anderen zu helfen. Das geht soweit, dass auch der Besitzer Telefondienst macht, wenn Not am Mann ist. Diese Start-up-Kultur war mit ein Grund, weshalb ich zu Peoplefone gewechselt bin. Was ich in den ersten Wochen im Amt auch gespürt habe ist, dass es am Markt einen riesigen Bedarf an Telefonie, an Kommunikationslösungen und an der Vernetzung von Telefonie mit anderen Technologien gibt. Als Branchenfremder hat man vielleicht das Gefühl, Telefonie sei ein alter Hut, doch in Tat und Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Und nicht zuletzt kann ich als Fazit ziehen, dass wir als Firma zwar wahnsinnig viel gut machen, wir aber auch einen gewissen Nachholbedarf bezüglich Kommunikation haben. Wir sind zu bescheiden und vermitteln unseren Partnern und Kunden zu wenig, was wir alles anbieten, wie gut wir das machen und wie schnell und flexibel wir sind.
Sie haben es gesagt, Sie sind als Branchenfremder zu Peoplefone gekommen, waren zuletzt Länderchef bei einem Hörgerätehersteller und davor in der Pharmabranche tätig – bringen also quasi eine externe Sicht auf die ICT-Branche mit. Welche Besonderheiten haben Sie in ebendieser Branche festgestellt?Eine Besonderheit der Branche ist sicherlich, dass mit Fachbegriffen nur so um sich geworfen wird, womit man sich als Neuling zu Beginn etwas schwertut. Ich habe auch schnell gespürt, dass die Leute, die in der Branche tätig sind, stolz auf das sind, was sie tun, und ihr Spezialistentum in gewissem Sinne zelebrieren – was absolut positiv gemeint und spannend zu beobachten ist. Ich als Neuling schaue mir allerdings unsere Kommunikationskanäle respektive die Art und Weise an, wie wir Informationen nach aussen tragen und stelle fest, dass wir dies oft etwas gar technologieverliebt und kompliziert tun.
Firmengründer Christoph Beaud, der das Amt vor Ihnen innehatte, kümmert sich nun um das Business Development und die Führung der anderen Länderorganisationen und sitzt zwei Büros von Ihnen entfernt. Spüren Sie seinen heissen Atem permanent im Nacken?Nein, seinen heissen Atem spüre ich nicht. Das Feuer, das in ihm brennt, spüre ich aber sehr wohl, seine Rastlosigkeit dabei, zu spüren, wo der Weg hingeht, wo die Trends liegen, wo wir Partnerschaften suchen und wohin wir expandieren müssen. Dadurch entsteht viel Dynamik im Unternehmen und durch mein Engagement hat Christoph Beaud nun auch die Freiheiten, sich mit Leib und Seele um diese Fragen zu kümmern, um die Firma weiterzuentwickeln, während ich mich um das bestehende Tagesgeschäft kümmere.
Aber Sie können agieren, wie es Ihren Vorstellungen entspricht?Auf jeden Fall. Nur so ist es möglich, dass ich meine Arbeit erledigen kann – und Arbeit steht sehr viel an. Das Unternehmen ist laufend organisch gewachsen, und es ist an der Zeit, nun organisatorisch gewisse Dinge zu optimieren. Denn das ist ein Punkt, der in der Start-up-Kultur, über die wir vorhin gesprochen haben, zum Teil etwas zu kurz gekommen ist. Schön ist, dass die Mitarbeitenden meine Ideen mit offenen Armen in Empfang nehmen.
Als Sie vorgestellt wurden, hiess es unter anderem, dass Sie das Partnernetzwerk von Peoplefone weiterentwickeln sollen? Konnten Sie diese Aufgabe bereits in Angriff nehmen?Zum Teil. Bislang ging es vor allem darum, Ideen zu entwickeln. Ein Ziel von mir ist es beispielsweise, die bestehenden Kontakte zu Partnern zu intensivieren und ihnen Instrumente in die Hand zu geben, damit sie Peoplefone ihren Kunden gegenüber besser verkaufen können. Letztlich passiert unser Go-to-Market über unsere Partner, somit agieren die Partner quasi als Gatekeeper für unser Geschäft. Wir müssen ihnen also die Produkte, die Argumente und die Instrumente in die Hand geben, damit sie uns erfolgreich beim Kunden präsentieren können. Und hier sehe ich noch sehr viel Potenzial.
Was könnten das für Instrumente sein?Kommunikationsmittel wie beispielsweise eine Basisdokumentation über
Peoplefone, die von unseren Partnern benutzt werden kann in der Kommunikation mit potenziellen Kunden. Denn wir müssen uns bewusst sein, dass das durchschnittliche Schweizer KMU Peoplefone kaum kennen dürfte und dass der Partner diesem KMU zuerst einmal aufzeigen muss, welche Gründe es gibt, von Swisscom weg zu einem ihm wenig bekannten Anbieter zu wechseln. Daneben haben wir viele Produkte im Portfolio, die von unseren Endkunden nur wenig Aufmerksamkeit erhalten. Ich denke da beispielsweise an unsere App oder an den Peoplefone Connector. Hier müssen wir dem Partner besser zeigen, mit welchen Produkten und Argumenten er beim Endkunden den Unterschied ausmachen kann.
Das Produktportfolio als solches ist für Sie aber stimmig, oder eher zu breit?Im Wesentlichen haben wir zwei Hauptprodukte – den SIP-Trunk und die Hosted-Lösungen – und daneben unzählige Zusatzleistungen, die man als einzelne Produkte sehen kann oder als Ergänzung zu den Hauptprodukten. Diese Einzelprodukte können je nach Kunde den entscheidenden Unterschied ausmachen und sind entsprechend wichtig.
Wie beurteilen Sie die derzeitige Partnerlandschaft von Peoplefone? Haben Sie gewisse Defizite festgestellt oder Potenzial geortet?Ich denke, wir decken die Schweiz mit unserem Partnernetzwerk, bestehend aus zirka 850 Partnern, sehr gut ab. Wir brauchen also nicht zwingend noch mehr Partner, sondern unser Ziel ist es, dass die bestehenden Partner noch enger mit
Peoplefone zusammenarbeiten.
Was ist Ihnen persönlich in der Zusammenarbeit mit Ihren Channel-Partnern wichtig? Und welche Pläne rund ums Partnergeschäft konnten Sie bereits formulieren?Mir ist es sehr wichtig, dass wir am gleichen Strang ziehen und dieselben Ideen verfolgen, insbesondere angesichts dessen, dass unser Geschäft komplett über unsere Partner läuft und wir keine Kunden direkt bedienen. Mir ist ebenfalls wichtig, dass wir das Neukundengeschäft unserer Partner aktiv unterstützen – sprich Leads für sie generieren. Das ist auch einer der Punkte, wo wir uns noch verbessern können. Im Zusammenhang mit unseren Partnermanagern möchte ich erreichen, dass wir ihr Vorgehen noch stärker strukturieren, sodass sie ihre Zeit so effizient wie möglich einsetzen können und die richtigen Partner das richtige Mass an Aufmerksamkeit bekommen.
Bei Ihrer Präsentation hiess es ebenfalls, dass Sie bestehende Geschäftsfelder ausbauen sollen. Können Sie das etwas konkretisieren? Wo will Peoplefone zulegen und welche Rolle sollen die Partner dabei spielen?Rund um Voice over IP fand nach der Abschaltung von ISDN seitens Swisscom ein grosser Hype statt. Provider wie Peoplefone mussten im Wesentlichen einfach die Anfragen abarbeiten. Heute ist das anders, und wir müssen lernen, mit dem richtigen Produkt, dem richtigen Angebot und einem USP unsere Partner zu adressieren und Endkunden zu gewinnen. Das Spiel hat sich quasi gedreht, und wir konnten uns bereits eine gute Ausgangslage schaffen – gewinnen in einem rückläufigen Geschäft Marktanteile und können unseren Umsatz Jahr für Jahr steigern. Damit das so bleibt, braucht es aber Innovationen und neue Produkte. Diese sind wir aktuell am Entwickeln.
Welche Schwerpunkte hat Peoplefone fürs kommende Jahr gesetzt?Kommunikation wird wie angesprochen ein Schwerpunkt sein. Dazu gehört auch, dass wir Anfang 2022 einen neuen, aufgeräumteren Webauftritt lancieren, der den potentiellen Kunden besser ansprechen soll. Auf dem Thema Marketing wird ein Schwerpunkt liegen, und wie gesagt werden wir auch Innovationen bringen – unter anderem für Entwickler, die wir als Zielgruppe definiert haben. Wir werden unsere Produkte vermehrt mit APIs ausstatten, um sie für Entwickler von Umsystemen attraktiver zu machen.
Neues Partnerportal
Im September hat
Peoplefone ein neues Partnerportal lanciert, das nun in vier Sprachen statt wie bis anhin nur in Englisch bereitsteht und den Partnern zahlreiche neue Funktionen bietet. Unter anderem ist es dem Installationspartner möglich, selbstständig Testnummern und Testkredite für seine Kunden zu vergeben, genauso wie er selbstständig Clip No-Screening – also die Übermittlung kundeneigener Rufnummerninformationen – für seine Kunden einrichten kann. Ebenfalls neu gibt es eine Rechtehierarchie für die Funktionen des Portals, das der Partner für seine Mitarbeiter einrichten kann. Und ganz grundsätzlich soll das Portal aufgeräumter und einfacher bezüglich Logins und Navigation sein.
(mw)