Januar: Die Ent-Fusionierung: Im September 1999 schlossen sich die IT-Unternehmen WKP (Wickert, Kleeb & Partner) und
Simultan zu einem gemeinsamen IT-Konzern, der Simultan Group zusammen. Die früher bereits übernommenen Axeed, Logicon und ETB wurde in die Gruppe integriert, 2000 folgte Pebe Datentechnik und die Simultan P&I (Portfolio und Investment Engineering) schloss sich mit Softronic zusammen.
Der neu entstandene Konzern wollte sich als Generalunternehmer profilieren und vom «Reseller» zum Lösungsanbieter werden. Doch eineinhalb Jahre später war es bereits wieder vorbei mit den schönen Fusionsvisionen und die zusammengebaute Gruppe wurde wieder aufgeteilt. Aus Simultan wurden
RedIT, Simultan und Allocare, die alle fortan ihre eigenen Wege gehen sollten.
RedIT, unter Führung von Andreas Kleeb bewegt sich seither als Systemintegrator für IT-Infrastruktur und –Services in horizontalen und mit Branchenlösungen in vertikalen Märkten.
Simultan mit Peter Pfister an seiner Spitze konzentriert sich seit der Trennung auf die Weiterentwicklung und Etablierung seiner SBS-Lösung im KMU-Segment und mit Allocare unter der Führung des ehemaligen Leiters von Simultan P&I Reiner-Jörg Riepl entstand ein auf Asset-Management spezialisiertes Software-Unternehmen.
Es stellt sich die Frage, wieso überhaupt fusioniert wurde und wieso diese Fusion schief ging. Zum einen wäre da vielleicht der Traum vom Börsengang, der nach dem Untergang von Firmen wie Complet-e oder Miracle auch ein Traum blieb. Zum anderen lassen sich verschiedene Charaktere und Persönlichkeiten wie die von Andreas Kleeb und Peter Pfister und die damit verbundenen unterschiedlichen Auffassungen vom Geschäftemachen nicht immer vereinen.
Mai: Gutenbergs Abgang: Im Mai 2000 verkauft Daniel Gutenberg sein Unternehmen Gutenberg Communications an den belgischen Netzwerkintegrator
Telindus. Im Juni 2001 wird die Firma
CPP übernommen und alles soll zu einem grossen Ganzen verschmelzen. Daniel Gutenberg findet noch Mitte Mai, die Unternehmen passen zusammen «wie die Faust aufs Auge» und träumt bereits von grossen Wachstumsplänen. Ende Mai überlegt er es sich anders und verschwindet: «Es gibt auch andere Dinge im Leben», lautet sein kurzer Kommentar. Und mit dem Ertrag, den er aus dem Verkauf seiner Firma geerntet hat, dürfte er sich auch ein paar davon leisten können.
Juli: Dettwiler adieu: Fast so überraschend wie ein Sommergewitter kommt im Juli die Nachricht vom Konkurs des Basler VARs Dettwiler Informatik. Alle Mitarbeiter sitzen urplötzlich auf der Strasse, Lieferanten, z.B. Alltron/COS, verlieren grosse Summen – unwiederbringlich. Doch nicht alle sind überrascht. Dettwiler ging unter, weil zwei lebenserhaltende Rettungsversuche verpatzt wurden. Nachdem Dettwiler-CEO Maurus Wenger nach knapp einem Jahr Ende April 2001 seinen Posten hinwirft, wird René Regez, ehemaliger Gründer und Mitinhaber von
Alltron gefragt, ob er das Dettwiler-Zepter übernehmen und den VAR sanieren wolle.
Regez analysiert die Firma und stimmt zu. Allerdings unter der Bedingung, dass er die Mehrheit des Unternehmens – also die Macht – übernehmen könne. Ein Rettungspaket zur Totalsanierung wird geschnürt, was zur Folge gehabt hätte, dass einige Mitinhaber und oberste Kader auf ihr Kapital, sowie auf ihre Führungsjobs hätten verzichten müssen.
Der Mensch ist bekanntlich in der Regel sich selbst der Nächste, eine Mehrheit im Verwaltungsrat von Dettwiler zur Besetzung einer neuen Geschäftsleitung kommt nicht zustande, der Rettungsversuch scheitert. Regez zieht sich zurück, das Unternehmen steht ohne CEO da. Rettungsversuch zwei scheitert an einer Unterschrift von Werner Dettwiler unter einen neuen Sanierungsplan. Im Juli sinkt das Schiff.
Das Karma-Alltron-COS-Disti-Verwirrspiel
April – Dezember: Im Frühling pfeift es von Bäumen und Dächern: Der paneuropäische Komponenten-Disti Karma steht mit dem deutsch-schweizerischen Distributor COS in Übernahme-Verhandlungen. Karma, in den Wochen zuvor weniger durch seriöse Geschäfte als vielmehr durch spektakuläre Polizeirazzien in Deutschland und Hünenberg in den Schlagzeilen, hätte ein Einlaufen in einen ruhigeren Hafen bitter nötig gehabt.
Karmas Vergangenheit war mehr als bewegt, hatte man sich doch erst im Dezember 99 durch einen Handstreich aus den Trümmern des crashenden CHS-Konzerns in letzter Sekunde gerettet. Im April diesen Jahres war der Deal dann ausgehandelt. COS wollte das Geschäft, nicht aber die Firma von Karma Schweiz übernehmen und es in die neue COS Computer Components überführen. Auch auf andere Ländergesellschaften von Karma hat Früh ein Auge geworfen.
Doch es sollte alles anders kommen. Im April gibt COS-Chef Kurt Früh erst einmal die Übernahme von
Alltron für geschätzte 20 Mio. Franken bekannt, die ehemalige COS-Distribution Schweiz wird in Alltron eingegliedert. Neuer COS-Disti-Chef wird Alltron-Boss Viktor Pabst. Das Disti-Karussell dreht sich mit Lichtgeschwindigkeit.
Doch zurück zu Karma. COS lässt noch im April den Deal Deal sein und Karma im Regen stehen. Der Grund: Besitzansprüche Dritter an Karma sind aufgetaucht. Karma versucht es im Alleingang. Den Sommer wird es ruhiger um die Karma-Riege, im September dann die Rückkehr: Die Hünenberger schliessen sich der Distibutorengruppe EuropaIT an.
Währenddessen hat
COS Distribution unter den Fusionswirren und den Folgen des Dettwiler-Crashes zu leiden und rutscht in die roten Zahlen. Compaqs Channel-Champion Fredy Staudacher wird an Bord geholt und soll ab Januar 2002 COS Distribution Schweiz leiten. Pabst soll die Leitung des ganzen COS-Bereiches Distribution übernehmen. Oder doch nicht?
Am ersten November wird ihm Roland Apelt, Spitzenmanager der deutschen Computer 2000 vor die Nase gesetzt und übernimmt den Pabst zugedachten Posten. Kurz danach wird die deutschsprachige Reseller-Presse zusammengetrommelt und Kurt Früh verkündet frohlockend die neuen Funktionen von Staudacher und Apelt und stellt Viktor Pabst als den Chef der neuen COS-Tochter COS IP (International Purchasing) vor. Friede, Freude, Eierkuchen, COS, einig Distributionsland. Doch weit gefehlt. COS hat noch eine Weihnachtsüberraschung im Ärmel. Im Dezember verlässt Viktor Pabst urplötzlich das Unternehmen. Ob ihm das COS-Karussell womöglich zu schnell drehte?
Der Aseantic-Krimi
August: Ende 2000 verkauft Gian-Franco Salvato (Bild) seine Webagentur Aseantic an einen, wie er es selbst nennt, «idealen Partner», den schwedischen Konzern Adcore für 28 Millionen Franken, die Hälfte davon erhält er in bar. Nur ein halbes Jahr nach der Übernahme will Adcore seine ausländischen Niederlassungen für einen Apfel und ein Ei (2,7 Mio. Dollar) wieder verhökern. Die internationale Expansion sei ein Fehler gewesen, heisst es bei Adcore.
Salvato macht unterdessen mobil. In einem dem IT Reseller zugespielten Brief an die Adcore-Aktionäre ruft er diese dazu auf, den Verkauf der Auslands-Niederlassungen zu boykottieren. Ohne Erfolg. Mitte Juli wird in einer ausserordentlichen Generalversammlung in Stockholm mit einer Beschlussmehrheit von 94,4% der Verkauf aktenkundig. Für 30 Mio. Schwedische Kronen sollen die Auslands-Niederlassungen an einen gewissen Svein Stavelin, der bei Adcore Norwegen gearbeitet haben soll, verkauft werden. Der Deal wird rückwirkend auf den 1. April gültig.
Das kann Salvato dann doch nicht mit ansehen und kauft, wie auch die Besitzer der dänischen Niederlassung, im August Adcore Schweiz für 400’000 Franken wieder zurück. Er muss noch eine weitere Million Franken für diverse Verpflichtungen, die durch die Integration von Aseantic in die Adcore-Gruppe entstanden sind, berappen und schon stehen die Bieler wieder da, wo sie vor einem Jahr waren: Allein und mit dem neuen, alten Namen Aseantic. Im Oktober nimmt Salvato überraschend seinen Geschäftsleitungs-Hut. Er steht dem Unternehmen als Verwaltungsratsmitglied noch 50% beratend zur Seite. (sk)