Citrix krempelt Lizenzmodell um
Quelle: Citrix

Citrix krempelt Lizenzmodell um

Nach einer Übernahme und dem Schritt zum Privatunternehmen überarbeitet Citrix nun sein Lizenz­modell. Thomas Berger, Head of Product for Partners Europe, ordnet die jüngsten Veränderungen und die Fusion mit Tibco ein.
31. Mai 2023

     

Das US-amerikanische Softwareunternehmen Citrix hatte ein durchaus ereignisreiches 2022: Anfang des Jahres wurde bekannt, dass die Firma von den Venture-Capital-Gesellschaften Vista Equity Partners und Evergreen Coast Capital übernommen und mit dem Big-Data-Spezialisten Tibco fusioniert wird. Das neue Mutterhaus der beiden Unternehmen heisst Cloud Software Group. Gegen Ende des Jahres war die Übernahme abgeschlossen. Im gleichen Atemzug wurde damit Citrix zum Privatunternehmen und wird nicht mehr an der Börse gehandelt.


Im März 2023 wurden dann weitreichende Änderungen im Abomodell von Citrix bekannt: Man wolle den Support für die fortwährenden Perpetual-Lizenzen weitgehend einstellen und sich auf ein neues Subscription-Modell konzentrieren. Letzteres trägt den Namen Universal Licence und steht seit dem 8. März 2023 in mehreren Ausführungen für die Kunden und Reseller bereit. Die Ankündigung stiess nicht nur auf begeisterte Reaktionen – in Foren finden sich etwa Stimmen von Kunden und Partnern, die von happigen Preiserhöhungen und zu kurzen Übergangszeiten berichten. Wir haben bei Citrix nachgefragt und mit Thomas Berger, Head of Product for Partners Europe, über die Änderungen gesprochen.

Nicht alle sind betroffen

Bereits 2019 – also weit vor der Übernahme – verkündete Citrix, dass man sich vom Modell der Perpetual-Lizenzen abwenden will und stellte den Verkauf der dauerhaften Lizenzen ein. Bestehende Kunden erhielten aber nach wie vor Erneuerungen ihrer Perpetual-Lizenzen. Damit ist nun Schluss, wie die erste Kommunikation vonseiten Citrix vermuten lässt: Bis zum 5. März 2023 hätten Kunden mit Perpetual-Lizenzen nun Zeit, diese ein letztes Mal zu verlängern. Andernfalls müsse man auf eine der vier Ausprägungen des Abomodells, der neuen Universal Licence, umsteigen.


Thomas Berger präzisiert sofort: "Es gibt hierbei grosse Unterschiede – je nachdem, wie gross ein Kunde ist. Für kleinere und mittlere Kunden besteht nach wie vor die Möglichkeit, ihre bestehenden Lizenzen weiter zu pflegen und auch weiter Maintenance-Verträge zu bekommen." Damit nimmt er – zumindest was den durchschnittlichen Citrix-Reseller in der Schweiz betrifft – für den Moment wohl schon viel Wind aus den Segeln, denn der Zwang zum Wechsel der Lizenzen betrifft vorläufig nur Enterprise-Kunden. Die kleineren Kunden bekommen mit den jüngsten Anpassungen also zusätzlich neu die Option, die laut Citrix sehr flexible Universal-Subscription zu beziehen. Sie können jedoch auch auf dem gewohnten Lizenzmodell bleiben. "Für grössere Kunden ist es aber tatsächlich so. Hier ist die Universal Licence der primäre Pfad vorwärts für ihre Lizenzen", so Berger.
Der Grund ist laut dem Head of Product for Partners einfach: "Das neue Modell entspricht den Anforderungen der Kunden am besten und macht es für alle einfacher zu verstehen und einfacher einzusetzen." Weiter ermögliche eine Abo-basierte Lizenz bedeutend mehr Flexibilität für Kunden, Reseller und nicht zuletzt Citrix selbst, wie er ergänzt. Bisher musste man als Kunde zwischen On-Prem- und Cloud-Lizenzen wählen, dazu gab es die sogenannten Hybrid-Rights-Lizenzen, mit denen die Lizenzen flexibler in hybriden Umgebungen genutzt werden können. Laut Berger aber eine suboptimale Lösung: "Hybrid Rights sind wiederum mit Mehrkosten verbunden und es gibt einen Zeitdruck, weil die Hybrid Rights auf einen bestimmten Zeitraum ausgelegt sind." Besonders für grosse Kunden würden diese fixen Zeiträume aber nicht genug Flexibilität ermöglichen. Mit der Universal Licence erledige sich dieses Problem. "Jeder Kunde kann mit Universal alle unsere Produkte deployen, wo und so lange wie er will", wie Berger ausführt. Wenn diese Flexibilität vom Kunden benötigt wird, ist das neue Modell laut Berger ausserdem günstiger als der Kauf von On-Prem-, Cloud- und Hybrid-Rights-Lizenzen, wie dies bisher der Fall war.

In den Dialog treten

Das Abomodell ist laut Citrix also günstiger als das bisherige – ein Widerspruch zu den bereits erwähnten Kommentaren aus den User-Foren. "Mit vielen Kunden pflegen wir langjährige Beziehungen und Verträge – damit haben manche von ihnen durchaus grosse Discounts", so Berger zu den Kommentaren. "Hier wird es sicher Einzelfälle geben, in denen es teurer wird. Dies sollte man sich als betroffener Kunde mit dem verantwortlichen Sales-Team von Citrix anschauen." Dabei betont er erneut, dass es Citrix in erster Linie um eine Vereinfachung des Systems gehe und nicht darum, die Kundschaft zu schröpfen.


Zum zweiten Vorwurf – der angeblich zu kurzen Umstellungszeit – räumt Thomas Berger ein, dass man die Kommunikation vonseiten Citrix noch klarer hätte gestalten sollen. Zwar habe man vor der Kommunikation der Anpassungen verschiedene Testläufe durchgeführt und den Austausch mit für Citrix wichtigen Gruppen wie den Citrix Technology Professionals (CTP) gesucht, "am Ende war es für einige Kunden aber doch recht kurzfristig", wie er resümiert. "Hier zeigen wir uns in der Praxis aber flexibel – wenn es etwa Überschneidungen mit den Budgets der Kunden gibt, treten wir mit diesem in den Dialog und finden eine für alle passende Lösung." Bewusst habe man sich bei Citrix für das zweite, unternehmenshistorisch ereignisärmste Quartal des Geschäftsjahres entschieden, um die Änderungen einzuführen. "Hätten wir das im Q4 gemacht, wäre es eine noch viel grössere Herausforderung gewesen", so Berger.

Ein Modell für jeden

Citrix empfiehlt, für die Umstellung auf den Partner-Manager zuzugehen, wenn man sich als Partner mit dem neuen Abomodell auseinandersetzen will. Gemeinsam werde dann von Kunde zu Kunde individuell betrachtet, wie man die Änderungen angehen will und welches Modell für den Kunden am besten passt. Thomas Berger beteuert einmal mehr, dass man sich bei Citrix hier sehr flexibel zeigen will: "Wenn ein Kunde etwa noch laufende Hybrid Rights hat und ins Subscription-Modell wechseln will, arbeiten wir mit dem Partner zusammen, damit schon jetzt eine Transition möglich wird."


Grob unterteilt Berger die Kunden in die drei Kategorien klein, mittel und gross. Bei Letzteren ist der Fall klar – sie sollen laut dem Masterplan von Citrix auf das Subscription-basierte Universal-Modell umsteigen. Mittelgrosse Kunden, die oft eine eigene IT-Abteilung betreiben und Citrix-Produkte nutzen, haben im Moment die volle Flexibilität: Sie können wie gehabt ihre Lizenzen weiterlaufen lassen, weitere Lizenzen hinzukaufen oder diese zurückgeben. Auf die Universal-Subscription zu wechseln ist natürlich ebenfalls möglich, wie Berger betont. Im Prinzip das Gleiche gilt für kleine Kunden, bei ihnen findet der Zugang zu den Citrix-Produkten aus Sicht des Herstellers aber bevorzugt über lokale Service Provider statt.

Ein Zwischenschritt

"Auch wenn ich hier ständig davon rede, dass wir alles einfacher machen wollen – Lizenzierung bleibt ein kompliziertes Thema", wie Berger schmunzelnd feststellt. In der Folge werden die aktuellen Änderungen am Lizenzmodell voraussichtlich auch nicht die letzten gewesen sein. Berger: "Wir wollen die Lizenzierung noch viel mehr vereinfachen – im besten Fall lassen sich die Lizenzen künftig sprichwörtlich auf einer Serviette berechnen!"


Weitere Schritte hin zur Vereinfachung werden wohl auch unumgänglich sein, denn eines liegt auf der Hand: Die aktuelle Situation, in der kleine und mittlere Unternehmen die volle Flexibilität geniessen und gleichzeitig alle alten und neuen Lizenzmodelle zur Verfügung haben, ist nicht gerade der Inbegriff von einfach. Citrix will laut Thomas Berger zeitnah reagieren und weiter an der Vereinfachung der Lizenzierung arbeiten. "Wir wollen dabei transparent und flexibel bleiben", so Berger. "Das ist eben ein Prozess und ich hoffe, dass wir zeitnah weiterkommen. Im Moment sind wir in einer Übergangszeit, das ist leider so." Wie sich diese Zwischenphase gestaltet und wie lange sie dauert, kann er aktuell nicht genau abschätzen. Die heutige Situation bleibe daher für den Moment so bestehen wie sie jetzt ist, "bis wir eine grössere Vereinfachung bieten können", wie er abschliessend sagt. Kunden und Partner können in den kommenden Jahren somit mit weiteren Anpassungen im Lizenzmodell von Citrix rechnen.

Mehr Fokus, weniger Überschneidung

Die Fusion von Citrix und Tibco kommentiert Berger wie folgt: "Im Zuge der Verschmelzung ist – zumindest auf der Seite von Citrix – kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Hier hat sich viel geändert und daher kommt auch einiges der angeblichen Unruhe, über die öffentlich gesprochen wird." Künftig dürfe man von Citrix vor allem eine klarere Fokussierung erwarten. Denn das Spektrum war innerhalb des Unternehmens durchaus gross: Mit dem auf Hyperscaler spezialisterten Loadbalancing-Spezialisten Netscaler auf der einen, der KMU-fokussierten File-Collaboration-Lösung Sharefile auf der anderen Seite und Citrix irgendwo in der Mitte. "Das alles unter ein Dach zu bekommen, ist schwierig. Unter dem Dach der Cloud Software Group wurde das Unternehmen nun in unabhängige, kleinere Business Units aufgeteilt, die einen klareren Fokus ­haben", so Berger. Als öffentliches Unternehmen an der Börse habe man ausserdem mehr Einschränkungen gehabt als in der heutigen Situation als Privatunternehmen. Berger: "Man kann das etwa mit dem Fall von Dell vergleichen, als das Unternehmen von der Börse ging – Citrix hat heute die Gelegenheit, sich selbst neu zu erfinden."


Ein Problem, das in der Vergangenheit eng mit dem von Berger angesprochenen Mangel an Fokussierung verknüpft war und wohl auch hierzulande schon den einen oder anderen Reseller beschäftigt hat, waren Überschneidungen beim Go-to-Market. "Es war nicht immer klar, wer mit welchem Kunden spricht und man kam sich – meist unwissentlich – in den Weg." Heute sei die Aufteilung hingegen sehr viel klarer, so Berger abschliessend: Citrix konzentriert sich selbst auf die strategischen Grosskunden, während die Partner federführend bei den KMU-Kunden sein sollen. (win)


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