PCP.com-Gruppe vor Konkurs
Quelle: SITM

PCP.com-Gruppe vor Konkurs

Die PCP.com-Gruppe, die hinter den Marken Steg, Techmania oder PC-Ostschweiz steht, muss die Schliessung seiner Onlineshops und Filialen bekanntgeben und wird in den kommenden Tagen Antrag auf Insolvenz stellen. Gestrichene Kreditlimiten haben das Unternehmen in Liquiditätsengpässe gebracht, die Suche nach Lösungen blieb erfolglos.
8. September 2023

     

Schwerer Schlag für den Schweizer Elektronikhandel. Die PCP.com-Gruppe, die Marken wie Steg Electronics, Techmania, PC-Ostschweiz, Beck PC und Steg PC sowie in Deutschland und Österreich Comstern.de und Comstern.at unter ihrem Dach vereint, hat das Ende der Geschäftstätigkeit bekannt gegeben und muss in den kommenden Tagen Antrag auf Zahlungsunfähigkeit stellen. Grund dafür sind Liquiditätsengpässe aufgrund der Kündigung von Kreditlimiten, auf die das Unternehmen zur Fortführung der Geschäftstätigkeit angewiesen wäre. Der Insolvenzantrag und die Deponierung der Bilanz diene dazu, die Interessen der Gläubiger zu schützen, teilt die Gruppe mit. Man sei bestrebt, seine Verpflichtungen zu erfüllen, macht das Unternehmen, das zuletzt einen Jahresumsatz um die 100 Millionen Franken generiert hat, klar. Die Onlineshops sowie die Filialgeschäfte werden auf einen Minimalbetrieb zurückgefahren und bleiben vorläufig geschlossen. Wie "Swiss IT Reseller" weiss, wurde das Angebot in den Webshops bereits in den letzten Tagen auf die Artikel reduziert, die bei PCP.com an Lager sind und somit noch geliefert werden können. Alle übrigen Artikel wurden von den Shops entfernt, um Kunden vor möglichem Schaden zu bewahren.


Die Mitarbeitenden wurden am Freitag um die Mittagszeit informiert. Alles in allem verlieren – inklusive des Logistikunternehmens Columbus.net, das von der Schliessung ebenfalls betroffen ist – rund 130 Leute ihre Stelle, wovon gut 80 Leute in der Schweiz arbeitet, zirka die Hälfte davon in den insgesamt 17 Schweizer Filialen von Steg.

Drastische Kürzung von Kreditlimiten

Auslöser für die Liquiditätsengpässe ist wie erwähnt die drastische Kürzung von Kreditlimiten Anfang April dieses Jahres von sieben auf vier Millionen Franken und spätere vollständige Kündigung eben dieser Limiten durch den Kreditversicherer Allianz Trade (ehemals Euler Hermes), welcher für die PCP.com-Gruppe die Lieferantenkredite rückversichert hatte. Wie Lorenz Weber, Gründer und Inhaber von PCP.com, in einem exklusiven Gespräch gegenüber "Swiss IT Reseller" erklärt, erfolgte die Streichung der Kreditlimiten in diesem Frühling völlig überraschend. "Die letzten Monate haben wir nun händeringend versucht, eine Lösung zu finden, haben mit Investoren und Mitbewerbern gesprochen – leider alles ohne Erfolg. Aus diesem Grund müssen wir die Schliessung unserer Firma, die ich vor 25 Jahren gegründet habe, bekanntgeben", so der sichtlich aufgewühlte Lorenz Weber. "Das ist enorm hart, nicht nur für mich, sondern vor allem auch für all unsere Mitarbeiter, unser Geschäftspartner und unsere Lieferanten, die uns all die Jahre vertraut haben. Wir waren nebst Brack.ch einer der letzten grösseren unabhängigen Anbieter in der Schweiz."

Umso unverständlicher scheint der Entscheid von Allianz Trade, die Kreditlimiten für die PCP.com-Gruppe zu streichen – auch für Lorenz Weber. "Der Entscheid ist für uns enorm schwer nachzuvollziehen. Natürlich ist das Marktumfeld im Retail schwierig, und richtig ist auch, dass wir für 2022 einen Verlust geschrieben haben. Doch das letzte Jahr war aus bekannten Gründen für alle Marktbegleiter und Unternehmen schwierig, und unser Verlust fiel dank eines starken vierten Quartals sogar deutlich kleiner aus als prognostiziert." Für dieses Jahr sei man nun wieder auf Kurs gewesen und hätte ein positives Ergebnis präsentieren können. Auch habe die Gruppe in den Jahren 2018 bis 2021 einen durchschnittlichen Gewinn im höheren sechsstelligen Bereich präsentieren können. Das Unternehmen sei ausserdem nicht überschuldet – doch die Eigenkapitalquote und vor allem die Liquidität seien noch nicht auf dem gewünschten Niveau gewesen, resümiert Weber.


Nachdem Allianz Trade die Kreditlimite gekürzt hatte, habe man mit der Kreditgesellschaft das Gespräch gesucht und gleichzeitig und erfolgreich nach Investoren Ausschau gehalten, um das Eigenkapital zu erhöhen und damit die eigene Liquidität zu verbessern. Dabei sei ein Millionenbetrag zugesichert worden. Trotz dieser Anstrengungen habe Allianz Trade aber auf die weitere Zusammenarbeit verzichtet und letztlich auch die übrig gebliebene Kreditlimite gestrichen, wobei Lorenz Weber vor allem die mangelnde Kommunikation durch das Finanzinstitut bemängelt. "Wir wurden trotz dessen, dass wir Investoren gefunden hatten, vor vollendete Tatsachen gestellt, was wir bis heute nicht verstehen, vor allem vor dem Hintergrund nicht, dass durch die anstehende Insolvenz bei unseren Lieferanten nun Beträge im Millionenbereich offen sind, die durch Allianz Trade versichert sind."

Mögliche Übernahme gescheitert

"Swiss IT Reseller" hat Alen Kahrs, dem Director Risk, Claims & Collections von Allianz Trade, einen umfassenden Fragenkatalog zukommen lassen und wollte dabei unter anderem wissen, weshalb der PCP.com-Gruppe die Kreditlimiten gestrichen wurden, ob man sich der Trageweite des Entscheids bewusst war oder warum trotz neuer Investoren keine Hand für eine Lösung geboten wurde. Das Unternehmen liess durch eine Sprecherin allerdings lediglich ausrichten, dass man keine Auskunft zur Situation von einzelnen Unternehmen gebe.

Zur Suche nach Investoren und einer potenziellen Übernahme durch Mitbewerber erklärt derweil Lorenz Weber, dass Verhandlungen teils weit fortgeschritten waren. "Am Ende sind die Verhandlungen über eine mögliche Übernahme allerdings immer daran gescheitert, dass die potenziellen Interessenten den Integrationsaufwand fürchteten und die Ressourcen fehlten, ein solches Projekt zu stemmen." Für die Investoren wiederum war vor allem die ungeklärte Versicherungssituation und die damit verbundene mangelnde Planbarkeit ein besonderes Hindernis, so Lorenz Weber.


Auf der Website von Steg Electronics findet sich aktuell nebst der Info zu Schliessung auch eine FAQ-Sektion. Aus dieser kann unter anderem entnommen werden, dass die Auslieferung offener Bestellungen nicht mehr gewährleistet werden kann und die Bestellungen gelöscht werden. "Sollten Sie diese bereits bezahlt haben, empfehlen wir Ihnen, sich mit Ihrem Zahlungsanbieter (Kreditkarte, Paypal, Powerpay etc.) in Verbindung zu setzen. Zahlungen auf Vorauskasse können leider aus rechtlichen Gründen aktuell nicht ausbezahlt werden", ist zu lesen. Für Garantieansprüche wird an die Hersteller verwiesen, und falls ein Gerät wegen einer Dienstleistung in einer inzwischen geschlossenen Filiale ist, werde man die Kunden in den kommenden Tagen informieren. Ausserdem soll der Katalog mit den häufigsten Fragen und Antworten nun laufend aktualisiert werden. (mw)


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Kommentare
Das stimmt mich sehr sehr nachdenklich. Die nächste Steg-Filiale ist nicht weit von mir entfernt und ich hatte bei mehreren meiner Kunden gesehen, dass die grossen Player halt dank ihrer zum Teil fragwürdigen Preispolitik omnipräsent sind wenn es darum geht, ein paar Franken einzusparen, ein Symptom an welchem diese Branche seit Beginn weg leidet. Da werden Discounter aus dem Boden gestampft, nach ein paar gut laufenden Jahren veräussert, Die Kapitäne solcher Unternehmen finden man heute in Bern unter der Kuppel, sind meist in einer sogenannten Wirtschaftspartei und lehren uns wie man es zu machen hat. Aber alles kein Problem, der Fachkräftemangel ist ja da, also wohl null problemo für die betroffenen Leute, ausser man schaut ein bisschen genauer hin.
Montag, 11. September 2023, Paul

HAH! Die haben erst vor Kurzem noch auf diversen CH Jobbörsen für ihre Shops Mitarbeiter & Techniker gesucht... Man stelle sich nun die Gedanken von einem dieser neuen Mitarbeiter vor, grad erst angefangen, und schon wieder liquidiert! :(
Sonntag, 10. September 2023, Sparksman

Comstern.de in Deutschland ist auch betrofffen. Hier schreiben sie nicht mal, dass sie insolvent sind, sondern reden nur drum rum. Wie der Habeck: Wir sind nicht insolvent, wir verkaufen nur nichts mehr.
Freitag, 8. September 2023, Michael

Hab früher viel eingekauft bei Steg. Mag mich noch an die langen Warteschlagen erinnern. In den letzten Jahren habe ich Steg nur noch für DHL Pakete benützt, man merkte das viel weniger los war, auch viele Mitarbeiter von damals waren aus welchen Gründen auch immer nicht mehr da, auch diese sterile "Swisscom / Salt" Inneneinrichtung fand ich nicht gut, teils wusste man nicht wie man ein Paket einscannt, teils hatte die jungen Mitarbeiter keine Lust ein grösseres Paket in Empfang zu nehmen...
Freitag, 8. September 2023, Peter Schatt

Einfach so und von Heute auf Morgen passiert so etwas nicht. Und wenn sich jemand dermassen rechtfertigen muss und die Schuld auf andere schiebt, stimmt sowieso etwas nicht. Die "oberen" werden ihre Schäfchen schon lange ins Trockene gebracht haben. Die leidtragenden sind einmal mehr die "Büezer". Vielleicht hätte man auch nicht immer der günstigste sein wollen, denn Geiz ist nicht immer Geil.
Freitag, 8. September 2023, Dominik



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