Cloud37: 'Wir wollten vor allem Freiheit'
Quelle: Cloud37

Cloud37: "Wir wollten vor allem Freiheit"

Aus Unzufriedenheit mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber haben Konstantin Kersch (rechts), Thomas Malcherek (links) und Andreas Stepken (Mitte) Cloud37 gegründet. Das junge IT-Beratungsunternehmen setzt auf kundenzentrierte Lösungen und die grösstmögliche Handlungsfreiheit.
11. Oktober 2023

     

Eine kurzfristige und leichte Entscheidung war es für die drei Technologieenthusiasten nicht: Immerhin arbeitete Konstantin Kersch über fünf Jahre, Thomas Malcherek mit Unterbrechung über sieben Jahre und Andreas Stepken sogar mehr als 13 Jahre gemeinsam für einen grossen US-amerikanischen Software-Anbieter. Als 2014 ein Investor in das Unternehmen einstieg, zeichnete sich jedoch früh ein drastischer Wandel ab. Das Betriebsklima und die Firmenkultur veränderten sich grundlegend – und das wider die Überzeugungen von Kersch, Malcherek und Stepken. Plötzlich war die Rolle der Mitarbeitenden auf die reine Umsatzerbringung beschränkt, Kunden wurden unter Druck gesetzt, zu wenig standen ihre tatsächlichen Anforderungen im Fokus, wie Stepken im Gespräch mit "Swiss IT Reseller" berichtet. Die drei Kollegen wollten die Dinge hingegen anders, den eigenen Idealen entsprechend angehen – zogen die Reissleine und legten den Grundstein für Cloud37.

Das in Oberuzwil in St. Gallen neu gegründete Unternehmen sollte den Gegenpol zu den gemachten Negativerlebnissen bilden. Vor allem standen flache Hierarchien im Vordergrund und "ein tolles Team, mit dem man abends zusammen noch ein Bier trinken gehen kann", sagt Cloud37-Managing-Director Stepken. Zudem wollten die drei Gründer einen kundenzentrierten Ansatz verfolgen, sowohl technologisch als auch strategisch stets die Lösung mit dem grössten Mehrwert in den Mittelpunkt rücken – und nicht gegebenenfalls die Lösung, die den grössten wirtschaftlichen Nutzen für Cloud37 mit sich bringt. "Wir wollten vor allem Freiheit und niemanden, der uns vorschreibt, was wir machen sollen", unterstreicht Stepken. "Und dabei jederzeit authentisch sein", ergänzt Kersch.


2019 erfolgte unter dieser Prämisse der Startschuss für das IT-Beratungs- und -Dienstleistungshaus Cloud37, das bereits auf ersten Grundpfeilern aufbauen konnte. Denn einige Kunden hatten die drei Gründer von einem Wechsel zum neuen Unternehmen überzeugen können und so die stets kritische Anfangsphase schnell stabilisiert. "Da hatten wir wirklich Glück", sagt Stepken. "Gleichzeitig waren wir zugegebenermassen aber ziemlich naiv." Die drei Techniker verfügten über keinerlei betriebswirtschaftlichen Hintergrund, zudem wollten sie die Gründung auch finanziell komplett aus eigener Kraft stemmen, um die gewonnene Freiheit bestmöglich zu wahren. Fremdkapital war und ist bei Cloud37 daher aktuell kein Thema. Einfacher machte diese Entscheidung den Prozess jedoch nicht. Die angehenden Entrepreneure durchlebten so manche schlaflose Nacht und einen Learning-by-­doing-Prozess. "Das war schmerzhaft, das war hart." Der eingebrachte Elan, der technologische Enthusiasmus sowie die gesteckten Ideale führten jedoch zum Erfolg, die Gründer konnten die turbulente Anfangsphase selbst durch die Pandemie hindurch überwinden und das Geschäft des IT-Beratungsunternehmens auf stabile Füsse stellen.
Heute beschäftigt Cloud37 in der Schweiz und in Deutschland bereits 25 Mitarbeitende und betreut Kunden über alle Branchen hinweg. Ob Logistik, Versicherungen oder Behörden: Der IT-Dienstleister will sich weder inhaltlich noch technologisch beschränken. Denn auch die Cloud ist – obwohl es der Unternehmensname anders vermuten lässt – "keine Religion" für Cloud37. "Wir arbeiten stets technologieagnostisch, suchen also immer die beste Lösung für unsere Kunden", unterstreicht Kersch. Und das ist nach wie vor in zahlreichen Fällen der Betrieb im eigenen Haus. "Wenn man die Cloud richtig nutzt, dann bringt sie viele Mehrwerte mit sich. Sie bietet sich aber noch längst nicht für jeden an." Und gleichzeitig könne man die Tools auf der Cloud-Welt, die Cloud37 für tief integrierte Architekturen einsetzt, auch im eigenen Datacenter gewinnbringend ­nutzen.

Laut den beiden Mangern soll im ersten Schritt aber nicht die Frage nach der Technologie, sondern die Frage danach im Fokus stehen, was die Kunden in Zukunft in ihrem Business erreichen wollen. "Im Idealfall sind wir als Consultants von Anfang an mit an Bord", sagt Kersch. "Das geht dann teils in Richtung Organisationsentwicklung. Wir helfen aber auch bei der Implementierung oder selbst beim abschliessenden Betrieb." Es ist ein breites Angebotsspektrum für einen kleinen Anbieter wie Cloud37. Das bestätigen die beiden Manager auch im Gespräch mit "Swiss IT Reseller". Am liebsten würden sie dieses Spektrum komplett allein anbieten "Dafür bräuchten wir aber noch 150 Leute, dann würde das gehen." Da diese aber noch nicht in Sicht sind, konzentriert sich das IT-Beratungshaus aktuell noch auf die Zusammenarbeit mit einem breiten Netzwerk an Partnern, die in den Projekten beispielsweise den Aufbau der IT-Infrastruktur übernehmen. Und trotz des gesamtheitlichen Ansatzes soll Hardware auch in Zukunft keine Rolle in der eigenen Strategie spielen. Stattdessen stehen für das kleine Team Applikationen, Architekturen sowie die Geschäftsprozesse der Kunden und die Ausrichtung der Anwendungslandschaft an diesen im Fokus. "Viele Kunden haben bereits ein sehr breites Wissen über Technologie. Sie wissen aber nicht, was das für die Prozesse bedeutet", erklärt Stepken. Diese Lücke wolle Cloud37 schliessen.


Ein Differenzierungswerkzeug im wettbewerbsfreudigen Markt liegt laut den beiden Managern dabei abermals in der eigenen Freiheit. Cloud37 setzt demnach nicht auf vorgefertigte Lösungen, sondern das Team will ein tiefes Verständnis für die Strukturen und Prozesse der Kunden erlangen, um auf diesem aufbauend die beste Lösung für das individuelle Szenario zu finden. Das gilt auch seitens der Technologiepartnerschaften. Cloud37 hat mit AWS begonnen, weitet das Know-how aktuell auf Azure aus und will in Zukunft auch Google abdecken. Zudem seien künftig kleinere Anbieter spannend, die teils individuelle Services über die Portfolios der Hyperscaler hinaus anbieten. "Wir wollen aber nicht als verlängerter Arm dieser Provider wahrgenommen werden. Unsere Beratung soll im Fokus stehen", unterstreicht Stepken.
Gleichzeitig steht das junge Unternehmen vor der Herausforderung, sich in einem stark umkämpften Markt zu etablieren – und das gegen teils deutlich grössere Konkurrenten. "Unsere Grösse ist aber auch unsere Stärke", betont der Managing Director. Man sei nicht so starr wie manch anderer Anbieter. "Aber ja, wir müssen uns durchsetzen." Das könnte nicht zuletzt mit einem durchaus originellen Portfolio funktionieren. Denn neben dem Aufbau verteilter Systeme über alle Bereitstellungsmodelle hinweg und der Anwendungsintegration sowie der Entwicklung cloud-nativer Konzepte setzt Cloud37 auch auf Carbon- und Energy-­Management. "ESG ist in aller Munde", konstatiert Stepken. "Das ist ein absolutes Hypethema", in der Schweiz und der EU. Das Hypethema soll aber nicht nur wirtschaftliche Potenziale im Zuge einer steigenden Nachfrage bieten, sondern auch bedeutende Schnittmengen zum Kerngeschäft des Beratungsunternehmens. Daher ist Cloud37 jüngst eine Partnerschaft mit Envision Digital eingegangen und vertreibt dessen Komplettlösung, übernimmt die Bereitstellung der technischen Grundlagen wie die Wahl des Cloud-Anbieters oder des Rechenzentrums, die Installation der Software und ihre Konfiguration, aber zudem auch energiewirtschaftliche Beratungsdienstleistungen. Cloud37 sei der einzige Anbieter mit einem entsprechend konkreten Angebot, bekräftigt Stepken. Wettbewerber müssten hier erst noch nachziehen und ein ­eigenes Konzept auf die Strasse ­bringen.


Das Thema Emissionsmanagement ist einer der wichtigsten Pfeiler der Wachstumsstrategie von Cloud37, diesen voran­zutreiben eines der zentralen Ziele der kommenden Zeit. Strategisch festlegen, was die nächsten Jahre bringen sollen, wollen sich die Gründer aber nicht. "Wir haben extrem viele Ideen", sagt der Managing Director. "Aber wir müssen auf dem Boden bleiben." Denn ein Gemischtwarenladen solle Cloud37 nicht werden, Fokussierung sei notwendig. Dennoch: "Bis auf SAP können wir uns grundsätzlich alles vorstellen." Beispielsweise das Thema Künstliche Intelligenz, in dem die beiden Manager viel Potenzial sehen. Vorerst stehen aber die bisher etablierten Bereiche im Fokus und das weitere Wachstum des Unternehmens – nicht aber um jeden Preis. Die Gründerideale, die soll auch in Zukunft bestehen bleiben: "Der Spass an der Arbeit ist uns wichtiger, als dass wir bald den 500-Millionen-Umsatz knacken", so Stepken. (sta)


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