Kolumne Think Digital: Ein Meeting wird es schon richten
Quelle: zVg

Kolumne Think Digital: Ein Meeting wird es schon richten

von Joerg Schwenk

Artikel erschienen in IT Reseller 2025/04

   

Es gibt diese besondere Spezies Mensch im Büro-Dschungel, die glaubt, Meetings seien das Allheilmittel gegen alles – von sinkenden Umsatzzahlen bis hin zu schlechtem Kaffee in der Kantine. Ihr Mantra lautet: «Ein Meeting wird es schon richten.» Und wenn nicht? Dann gehen wir halt intern die Schulbank drücken, um uns die nächste Management-Floskel einzuverleiben. Wie wäre es mit einem Kurs in «Synergie-orientierter Problemlösung» oder «Agilem Team-Mindset für Fortgeschrittene»? Klingt doch super – zumindest auf dem Papier.

Dabei ahnt jeder: Diese Meetings sind nichts anderes als die Spielwiese für Leute, die dringend ihren Willen durchsetzen müssen. Warum direkt handeln, wenn man das Ganze in stundenlange Diskussionen packen kann, bei denen am Ende sowieso die lauteste Stimme gewinnt? Wer dabei noch schamlos seine Profilierungsneurose ausleben kann, hat das Jackpot-Meeting gewonnen.


Von Meetings und Marionetten. Es fängt immer harmlos an. Eine E-Mail trudelt ein, der Betreff lautet «Dringendes Meeting: Strategische Neuausrichtung». Der Inhalt? So leer wie der Blick in die Runde, wenn der Moderator die zaghafte Frage stellt: «Hat jemand Vorschläge?» Aber klar doch! Vorschläge gibt es immer – vor allem die, die niemand hören will. Es geht nämlich nicht ums Lösen von Problemen, sondern ums Inszenieren. Denn die meisten Meetings sind nichts weiter als Theaterstücke, bei denen die Handlung nebensächlich ist. Hauptsache, jeder durfte einmal den Mund aufmachen, auch wenn am Ende sowieso alles bleibt, wie es war. Wer sich hier profilieren will, braucht keine bahnbrechenden Ideen. Es reicht, wenn man die Phrase «ich sehe da noch Optimierungsbedarf» in möglichst viele Sätze packt.
Und wenn das Meeting doch nicht hilft, dann greifen wir eben zum nächsten Notfallplan: Weiterbildung! Ein schicker Workshop oder ein Online-Kurs, der uns lehrt, wie man kreativ bleibt, während einem der Kopf raucht. Denn natürlich liegt das Problem nicht in chaotischen Strukturen oder unfähigen Führungskräften – nein, das Problem sind immer wir. Wir sind nicht innovativ genug, nicht dynamisch genug, nicht flexibel genug. Also ab auf die Schulbank! Dort lernen wir dann, wie man mit «positiver Körpersprache» und «lösungsorientierten Ansätzen» durch den Alltag stolpert, während die wirklichen Probleme weiter vor sich hin köcheln. Ironischerweise sind diese Schulungen oft nichts anderes als ein verlängertes Meeting mit anderem Titel. ein Rückzug in den sicheren Raum der Theorie. Da gibt es keine Fehler, keine Risiken – und vor allem keinen echten Fortschritt.


Der letzte Rettungsanker für alle, die sich nicht durch Meetings oder Weiterbildungen retten können, lautet: Einfach machen. Kein lästiges Warten auf Erlaubnis, keine Rücksprache mit dem Team – einfach loslegen und darauf hoffen, dass man im Nachhinein um Verzeihung bitten kann. Diese Strategie ist besonders beliebt bei denen, die ihre Ideen unbedingt durchdrücken wollen, koste es, was es wolle. Die Ergebnisse sind dabei oft ebenso chaotisch wie die Meetings, die sie vermeiden wollten. Aber das spielt keine Rolle, denn die eigentliche Kunst besteht darin, das Ganze als «proaktive Initiative» zu verkaufen. Dieses Prinzip funktioniert erschreckend oft. Während die anderen noch in einem endlosen Kreislauf aus Abstimmungen und Rückfragen festhängen, haben die «Verzeihungs-Bittsteller» schon Fakten geschaffen. Sie wissen genau, dass am Ende sowieso niemand den Mut hat, ihnen wirklich auf die Finger zu klopfen. Schliesslich könnte das die berühmte «Team-Dynamik» gefährden, die in den letzten zehn Meetings so mühsam aufgebaut wurde.
Joerg Schwenk
Joerg Schwenk verfügt über mehr als ­20 Jahre Erfahrung im Schweizer Fachhandel und ist spezialisiert auf Onlinemarketing sowie Digitalvertrieb. In seiner Kolumne vermittelt er seine Einschätzungen, Erfahrungen und Ansichten rund um den ICT-Channel und freut sich auf Ihre Kontaktnahme beziehungsweise die Vernetzung auf Linkedin
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