Pabst – PC Net – Pragmatica

Mit der Übernahme des Aargauer VARs PC Net hat Pragmatica einen weiteren Schritt auf dem langen Weg zum «IT Powerhaus» gemacht. Doch der Weg ist steinig, und links und rechts drohen Abgründe.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/14

     

Als wir im Juni mit Clino Vallone und Josef Mercurio von Pragmatica ein langes Gespräch zu ihren Plänen zum Aufbau eines «IT Powerhauses» führten, war der erste Termin mit PC Net schon fixiert. Offensichtlich hat man in den Gesprächen rasch vorwärts gemacht. Schon Anfang August kam die Mitteilung, dass PC Net in die Pragmatica Gruppe eingegliedert werde.
Wichtig: PC Net wird als 100%-Tochter von Pragmatica weder die Führung (Maria Polheimer und Ueli Reich) noch den Standort wechseln. Josef Mercurio von Pragmatica sagt: «Wir werden keine Revolutionen starten, sondern uns gegenseitig kennen lernen und Schritt für Schritt die erkennbaren Synergiepotentiale ausschöpfen. ... Dies immer nach unserem Motto: So schnell wie möglich, aber so lange wie nötig!»
Der Kontakt zwischen PC Net und Pragmatica scheint über Viktor Pabst, einem alten Bekannten in der Schweizer IT-Branche, zustande gekommen zu sein. Der ehemalige Alltron-Chef betreibt einerseits einen B2C-Shop (www.itoutlet.ch), der von der Pragmatica-Tochter Symferix gehostet wird, und ist andererseits seit Juli im Verwaltungsrat von PC Net. Wir vermuten, dass die Kombination Pabst / PC Net / Pragmatica noch einiges in der Branche bewegen wird.
So verfügt Pabst einerseits über hervorragende Kontakte nach Taiwan und USA, Pragmatica andererseits betreibt mit der Tochterfirma Symferix die Mitarbeiter-Webshops verschiedenster Schweizer Grossfirmen. Pragmatica-CEO Clino Vallone nennt unsere Überlegungen allerdings «reine Spekulation».
Ausserdem ist Pabst mit einer eigenen kleinen Consulting-Firma zur Zeit im Schweizer Channel unterwegs. Angesichts der weiterlaufenden Konsolidierung in der VAR-Szene dürfte der PC Net/Pragmatica-Deal nicht der letzte dieser Art gewesen sein, an dem der Harley-Fan in der einen oder anderen Form mitwirkt.

Integrationskünste gefragt

Die Pragmatica-Gruppe präsentiert sich heute als äusserst heterogenes Konglomerat. Vom ursprünglichen Geschäftsbereich Beratung («Blue Collar Consulting» – wie es Mercurio nennt) über Entwicklung und Vertrieb von Standard-Software (Develdis mit Winoffice – ehemals Complete), den Betrieb von IT-Webshops (Symferix), individuelle SW-Entwicklung bis hin zum klassischen VAR-Geschäft von PC Net (Europa3000, Assemblierung, Client-Server, Multimedia...) betreibt die Gruppe unterdessen ganz unterschiedliche Geschäfte.
So stellt sich die Frage, ob PC Net aus dem Vertrieb von Europa3000 aussteigen werde, hat man nun doch mit Winoffice ein Konkurrenzprodukt aus dem eigenen Haus. Josef Mercurio verneint: «Wir gehen davon aus, dass wir es mit mündigen Kunden zu tun haben, welche sich ganz bewusst für Europa3000 entschieden haben. Wir werden von uns aus Europa3000 auf keinen Fall fallen lassen.»
Auf potentielle Channel-Konflikte angesprochen, sagt Mercurio: «Das wird eine Diskussion sein, die wir mit unseren Vertriebspartnern führen müssen. Wir spielen mit offenen Karten und wollen unsere Vertriebspartner nicht konkurrenzieren.» Ausserdem habe sich im Vorfeld der Übernahme herausgestellt, dass sich PC Net praktisch nirgends mit Winoffice-Vertriebspartnern konkurrenziere, so Mercurio.
Hinter der scheinbar zusammengewürfelten Gruppe steckt ein klares Konzept: Der Bau eines «IT-Powerhauses Schweiz», das Schweizer KMU-Kunden flächendeckend die IT-Sorgen von der Software bis zum Betrieb des Rechenzentrums abnimmt. Die Kunst wird sein, tatsächlich Synergien zu finden und gemeinsame Angebote zu entwickeln, ohne dass ein überdimensionierter Holding-Wasserkopf entsteht oder wichtige Leute frustriert das Unternehmen verlassen.

Erst der Anfang

«Man sollte nicht Musik bestellen, wenn man nicht tanzen will», sagte Clino Vallone im ITR-Sonderheft zum Thema Systemintegration. Gemeint ist: Die Integration von PC Net ist erst ein Anfang. Mercurio ergänzt: «Wir decken nun das ganze Spektrum von IT Dienstleistungen für KMUs ab. Die Herausforderung ist es nun, die kritische Grösse in allen Bereichen zu erreichen und flächendeckend Angebote machen zu können.»
Ausgerüstet mit den börsenkotierten Pragmatica-Aktien als «Tauschwährung» (die 100% Übernahme von PC Net kam durch Aktientausch zustande) werden Vallone und Mercurio früher oder später weitere Firmen integrieren. Doch eilig hat es Mercurio nicht: «Wir spielen nicht Puzzle und wollen auch kein Kartenhaus bauen. Jetzt müssen wir erst mal das Wachstum organisatorisch und vom Management her verdauen.»
Als nächster Schritt könnten nun Experimente mit der Entwicklung und dem Branding von IT-Angebotspaketen für KMUs folgen. Interessant wird vor allem sein, die Preisgestaltung solcher kombinierter (Beratung, Beschaffung, Service/Engineering, Software/Parametrisierung) Angebote zu verfolgen. Offensichtlich überlegt man sich bei Pragmatica auch, die Winoffice-Vertriebspartner einzubeziehen. Mercurio: «Es laufen erste Diskussionen.
Aber es braucht Zeit, denn die Preise müssen sauber kalkuliert werden. Bei Pragmatica haben wir Leute, die vom Thema Service-Management viel verstehen.» Doch auch wenn das geplante «IT-Powerhaus Schweiz» in ein paar Jahren stehen sollte, ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht. Gelingen die helvetischen Pläne der ehrgeizigen Pragmatica-Leute, könnte man das Modell ja auch in anderen europäischen Ländern ausprobieren. Verkaufsfreudige VARs und Software-Hersteller wird es auch in ein paar Jahren noch geben. (hc)


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