Die Eurochannels vom 25/26. Oktober in Berlin waren nicht wirklich die erleuchtende Veranstaltung des Jahres. Es gab mehr oder weniger schnittig gehaltene Vorträge über «e» in allen Schattierungen. Die meisten gipfelten in der umwerfenden Erkenntnis: «Resellers should sell services!» Aha.
Doch neben dem immer vergnüglichen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen gab es auch einige Highlights. Zum Beispiel ein Treffen mit dem ehemaligen Cisco-Mann Nick Kandola, seines Zeichens Boss der englischen Firma Hyperchannels Ltd. Kandolas Konzept ist ebenso einfach, wie die Umsetzung schwierig und mit erheblichem Kapitalaufwand verbunden.
Konzept «Trading Hub»
Unter www.hyporium.com haben die Leute von Hyperchannels einen sogenannten Trading Hub aufgebaut. Ein Trading Hub funktioniert als virtueller Marktplatz zwischen Endkunde (Firma), Reseller/Systemintegrator und Distributor/Hersteller.
Perfekter Shop in fünf Minuten
Kandola betont, dass sich sein Konzept eines «Trading Hub» ausschliesslich für Standardprodukte und für kleinere Mengen von IT-Gütern eignet, wo keine speziellen Verhandlungen mehr nötig sind. Doch für solche Güter ist sein Konzept bestechend. Der Reseller kann «seinen» Webstore mit seinen Produkten füllen. Diese sehen im virtuellen Laden des bevorzugten Partnerns die Lagerbestände der Distis und ihre individuellen Preise. Die Bestellung flutscht dann – ohne dass hin- und her-telefoniert werden muss – zum Disti, der die Ware konfiguriert und verschickt. Kreditlinien sowohl für den Reseller als auch den Endkunden sind vordefiniert. Werden sie überschritten, könnte zum Beispiel ein Call-Back-Button auf der Site weiterhelfen.
Wir fragten Nick Kandola, wie er denn mit dem Konzept Geld zu verdienen gedenke. Sein Preismodell tönt bestechend einfach. Vom Reseller wird im zweiten Jahr der Geschäftstätigkeit mit Hyporium eine monatliche Gebühr von etwa 250 Dollar verlangt. Darin inbegriffen ist der Shop und die Wartung. Das erste Jahr ist gratis. Vom Distributor wird eine Transaktionsgebühr von ca. sieben bis 10 Dollar abgezwackt. Ausserdem sollen Hersteller und Distributoren auf hyporium.com Werbung betreiben und Geld für präzise Marktdaten liegen lassen.
Rationalisierungspotential
Das Konzept von Hyperchannels lockt mit einem riesigen Rationalisierungspotential gerade für kleinere und mittlere VARs. Kunden können Standardprodukte bei ihrem Partner bestellen, ohne dass sie Kataloge und Prospekte durchforsten müssten. Sie haben sofort Zugriff auf Preis- und Lieferbarkeitsangaben.
Für den VAR gilt dasselbe gegenüber seinen Distributoren. Weder muss er sich lange durch verschiedene Websites klikken, noch muss er den diversen Datenblättern nachrennen. Er kann sich die Informationen auf der gleichen, zentralen und neutralen Website holen, auf der er dann auch die Bestellung abgibt. Für die Distributoren ergibt sich ein Rationalisierungseffekt bei der Bestellungsabwicklung.
Start in UK – Europa (und die Schweiz) sollen bald folgen
Bis heute hat Hyperchannels Ltd. in England Computer 2000 und Computacenter, sowie einige kleinere Distributoren (Logitek, Interquad, West Coad und Unipalm) als Partner für die Distributionsseite gewinnen können. Computer 2000 sieht den Trading Hub nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum eigenen Informations- und E-Commerce-Tool «InTouch» an. Kandola ist sich klar, dass er auch kleinere und spezialisierte Distributoren für sein Konzept gewinnen muss. Im Moment seien Gespräche mit spezialisierten Distis für Storage und Networking im Gange. Herstellerseitig beteiligen sich in UK bis jetzt Grössen wie Compaq,
IBM und
3Com.
Hyporium startete in Grossbritannien am 14. Oktober seine Geschäftsaktivitäten. Bis heute seien 37 Reseller gewonnen worden, darunter renommierte wie Integrated Network Solutions und die Business Systems Group.
Noch 1999 soll der Launch in Dänemark und Schweden folgen. Früh im Jahr 2000 sollen dann auch Holland, Deutschland, Frankreich und Belgien folgen. In der Schweiz möchte sich Nick Kandola als ersten Schritt ein Management-Team aufbauen.
Wer steckt dahinter?
Höchstfliegende E-Commerce-Pläne gibt es viele. Doch hinter Hyperchannels stecken jung-alte englische Branchenhasen: Der 35-jährige Nick Kandola war zuvor Marktingdirektor von
Cisco in UK. Sein Vizepräsi David Kerrell kommt von Compaq, wo er die E-Commerce-Pläne (Altavista etc.) betreute. Der Verkaufs- und Marketingleiter Mark Peters stiess 1997 in der Gründerzeit von Azlan zu Hyperchannels. Die vierte im Bunde, Ann Comerford, war zuvor European Marketing Manager des Sun- und SCI-Distis Access Graphics. Finanziert wurde der Start-Up, so Kandola, durch «Seed Money» und amerikanischen Risikokapitalisten. (hc)