Die Überwachungs- und Auskunftspflichten der Internet-Provider

Das neue Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs regelt, welche Daten Internet Service Provider (ISPs) über ihre Kunden registrieren müssen.

Artikel erschienen in IT Reseller 2003/13

   

Laut Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) ist man seitens der Behörden seit kurzem technisch und organisatorisch soweit, den E-Mail-Verkehr in der Schweiz tatsächlich überwachen zu können.
Durchgeführt werden diese Überwachungsmassnahmen durch den sogenannten Dienst für besondere Aufgaben, quasi als Schaltstelle zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den einzelnen Internet-Providern.
Welche Daten und Informationen Internet-Provider über ihre Kunden im Rahmen von Strafverfahren registrieren und an wen sie Auskunft über E-Mail- und Internetverkehr erteilen dürfen bzw. müssen, beantwortet das neue Bundesgesetz betreffend Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs mit dazugehörender Verordnung, kurz BÜPF und VÜPF genannt.

Wer untersteht dem BÜPF?

Der Gesetzgeber wollte Klarheit schaffen und hielt ausdrücklich fest, dass das BÜPF für alle staatlichen, konzessionierten oder meldepflichtigen Anbieter von Post- und Fernmeldedienstleistungen sowie für Internet-Anbieter Geltung habe.
Konkretisiert wird dieser Begriff des Internet-Anbieters in der Verordnung wie folgt: Ein Fernmeldedienstanbieter oder ein Teil eines Fernmeldedienstanbieters, der der Öffentlichkeit fernmeldetechnische Übertragungen von Informationen auf der Basis der IP-Technologien unter Verwendung öffentlicher IP-Adressen anbietet.
Das Kriterium der Öffentlichkeit wird wohl am meisten Anlass zu Diskussionen über die Frage darstellen, ob ein Provider als Internet-Anbieter im Sinne des BÜPF zu qualifizieren ist. Öffentlichkeit wird immer dann gegeben sein, wenn Internet-Provider Fernmeldedienstleistungen beliebigen Drittpersonen anbieten. Somit werden die meisten Provider als Internet-Anbieter gemäss BÜPF zu gelten haben, auch solche, die beispielsweise nur kurzfristig Hosting-Dienstleistungen anbieten.

Welche Pflichten hat der ISP?

Damit den Strafverfolgungsbehörden das Instrument der Überwachung von Post- und Fernmeldeverkehr grösstmöglichen Nutzen bringen kann, werden auch die Internet-Provider in die Pflicht genommen. Zu den wichtigsten Pflichten gehören die folgenden:
nSpeicherung der Randdaten während 6 Monaten:
Die Provider sind verpflichtet, die für die Teilnehmeridentifikation notwendigen Daten sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten während sechs Monaten aufzubewahren.
Ausführung von Überwachungsanordnungen:
Die Internet-Provider müssen die Durchführung sämtlicher Überwachungsanordnungen, die ihnen von einer Strafverfolgungsbehörde erteilt werden, gewährleisten können. Dies betrifft v.a. die Echtzeit-Überwachung des Inhalts von ein- und ausgehenden E-Mails, die periodische oder Echtzeit-Übermittlung der Randdaten zu ein- und ausgehenden E-Mails, die periodische oder Echtzeit-Übermittlung der Daten über den Abruf eingehender E-Mails sowie die Übermittlung von rückwirkenden Verbindungsdaten über Internet-Verbindungen und E-Mail-Verkehr.
Diese Überwachungsmassnahmen sind in der Verordnung einzeln umschrieben und müssen von den Internet-Providern von der Aufnahme des Kundenbetriebs an sichergestellt und bei Anordnung durch eine Strafverfolgungsbehörde so rasch wie möglich ausgeführt werden können.
Auskunftspflicht:
Die Internet-Provider haben aber nicht nur Überwachungsmassnahmen durchzuführen, sie haben zusätzlich dazu gegenüber dem Dienst für besondere Aufgaben eine Auskunftspflicht über ihre Kunden. So haben Internet-Provider auf Anfrage insbesondere Auskünfte über IP-Adressen, Systeme und Mailadresse zu erteilen. Ausserdem haben Internet-Anbieter Auskunft über die Identifikation von Personen zu erteilen, die Straftaten über das Internet begangen haben.
Auf die Auswirkungen und konkreten Anwendungen der letztgenannten Auskunftspflicht darf man gespannt sein, denn im Gegensatz zu den Überwachungsmassnahmen, die nur für Straftaten angeordnet werden dürfen, die im Katalog des BÜPF ausdrücklich genannt sind, gilt diese Auskunftspflicht für alle Straftaten - Bedingung ist nur, dass eine Straftat über das Internet begangen worden ist.

Wer zahlt?

Die notwendigen Einrichtungen, die Internet-Anbieter in technischer und organisatorischer Hinsicht bereitstellen müssen, damit sie ihren gesetzlichen «Hilfeleistungen» bei Strafuntersuchungen nachkommen können, haben diese selbst zu bezahlen. Für angeordnete Überwachungsmassnahmen erhalten die Internet-Provider Entschädigungen, die in der Verordnung (VÜPF) umschrieben sind. Diese Entschädigungen können je nach Massnahmen mehrere hundert bis mehrere tausend Franken pro angeordnete Überwachung betragen.

Checkliste

Sobald ein Provider Dienstleistungen für Dritte anbietet, fällt er unter den Geltungsbereich des BÜPF.

Gewisse Randdaten sind während 6 Monaten zu speichern.

Provider müssen technisch und organisatorisch in der Lage sein, Überwachungsanordnungen auszuführen.
Gewisse Auskünfte haben Provider dem Dienst für besondere Aufgaben auch ausserhalb von Strafverfahren zu erteilen.
Die notwendigen Investitionen haben Provider selbst zu tragen, diese erhalten jedoch Entschädigungen.
Für Fragen kann man sich an das Generalsekretariat UVEK wenden, www.uvek.admin.ch/gs_uvek/de/kommunikation/dba/index.html

Der Autor


Marcel Studer ist Wirtschaftsinformatiker NDS und lic.iur. Rechtsanwalt in der Anwaltskanzlei Sury Brun Hool (asbh.ch) und Dozent an der Fachhochschule Luzern (fhz.ch).


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