Schritt für Schritt Richtung Linux

Für Novell gehört die Zukunft eindeutig Linux. Netware soll es als Betriebssystem aber weiterhin geben.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/14

     

Der Netzwerk-Spezialist Novell liefert in diesen Tagen sein neues Netzwerk-Serversystem Netware 6.5 aus. Auch wenn erst Version 7.0 eine echte Linux-Version bieten wird und 6.5 noch ganz auf dem eigenen Systemkernel basiert, werden doch bereits mit dieser Version Apache, MySQL, Tomcat sowie die Scripting-Umgebungen Perl und PHP mitgeliefert.
Laut Novell arbeiten diese Open Source-Anwendungen nahtlos mit dem Verzeichnisdienst und den Sicherheits- und Management-Produkten zusammen. Ausserdem lassen sich mit dem integrierten «exteNd Application Server» plattformübergreifende J2EE-Applikationen und Web Application Services entwickeln.
Den Nutzern bringt Netware 6.5 darüber hinaus verschiedene Erleichterungen. So können die Anwender jetzt Verzeichnisinformationen nach eigenen Bedürfnissen anlegen, ihr virtuelles Office selber mit der gewünschten Software einrichten, Drucker mit einem Mausklick auf dem Lageplan installieren und ihre Dateien selbst sichern.
Den Administratoren kommt man mit der neuen Server Consolidation Utility und der durchgehenden Verwendung von iSCSI als SAN-Speichersystem für Netware-Installationen entgegen.

Zwei Schritte vor...

Auf der Linux World in San Fancisco verstärkte Novell-Boss Jack Messman (Bild) sein Bekenntnis zu Linux. «Die Zukunft gehört bei uns eindeutig Linux», sagte er gemäss Agenturberichten, «Novell ist fest entschlossen, zu einem starken Player in der Open-Source-Szene zu werden.»
Dabei dürfte sich das Know-how des erst vor wenigen Tagen von Novell übernommenen Open Source-Spezialisten Ximian bezahlt machen.
Der Linux-Distributor hat bisher nicht nur den Ximian Linux-Desktop angeboten, sondern auch die Linux Groupware-Anwendung Evolution sowie Red-Carpet für die Software-Verteilung und das Server-Management. Laut Messman sollen nun Novell-Dienste wie eDirectory und Secure-Identity Management als Bestandteil von RedHat- und Suse-Linux weiter entwickelt werden, und sämtliche Funktionen von Netware in künftigen Versionen auf Linux-Basis herauskommen.
Auch die bisher unter Netware und Windows laufende Groupware-Lösung Groupwise mit E-Mail, Kalender, Instant Messaging, Kontakt- und Dokumenten-Verwaltung und verschiedenen Workflow-Funktionen will Novell auf Open Source portieren. Die Linux-Version von Groupwise soll in der ersten Hälfte 2004 mit dem Java-basierenden Client und sämtlichen Server-Komponenten für Linux auf den Markt kommen. Die Beta-Tests sollen bereits im September anlaufen.

... und ein Schritt zurück

Allerdings stellte schon am Tag darauf ein von Novell veröffentlichtes Papier allfällige Über-Interpretationen der Äusserungen des Novell Präsidenten und seines Vizepräsidenten an der Linux World richtig. «Netware verschwindet nicht. Punkt», steht da kurz und bündig. Und in einem «Standby Statement» präzisierte Messman, dass die in Entwicklung befindliche Version Netware 7.0 wie vorgesehen sowohl unter dem Netware- wie dem Linux-Kernel laufen werde.
Dabei unterstrich er: «Novell lässt Netware nicht fallen. Wir fügen Linux nur hinzu, damit der Kunde eine Auswahl hat.» Vor der applausfreudigen Linux-Gemeinde neigen offenbar auch Big Bosse zu – sagen wir einmal, etwas enthusiastischen – Statements. (fis)


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