«Globale Nummer 2» bittet um Gehör

Peoplesoft hat J. D. Edwards geschluckt und gilt damit als «globale Nummer 2» der ERP-Hersteller hinter Marktführer SAP. Doch von dieser Position ist das Unternehmen in der Schweiz noch weit entfernt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/21

     

Peoplesoft gilt nach der Übernahme von J. D. Edwards als zweitgrösster Hersteller von Business-Software – weltweit gesehen. Hierzulande ist davon allerdings nach wie vor wenig zu spüren.
Der Schweizer Markt wird neben SAP von einer Vielzahl lokaler Anbieter und deren Branchenlösungen dominiert. «Im Moment gewinnen nur SAP und Navision in der Schweiz in grösserem Stil neue Kunden», sagt Christof Baumgartner, Dozent für Projektmanagement und Informatik-Management an der Fachhochschule Furtwangen in Deutschland.
Es war wohl nicht zuletzt dieser Missstand, der die Verantwortlichen von Peoplesoft und J. D. Edwards dazu bewogen hat, das «neue» Unternehmen anlässlich einer Medienkonferenz an der Zürcher Börse in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken und über Strategie und Projektgewinne in der Schweiz zu informieren.
«Die Integration von J. D. Edwards ist schnell und problemlos verlaufen», sagte Bruno Staub (Bild), Managing Director von Peoplesoft Schweiz. Der bisherige Länderchef von J. D. Edwards, Markus Diethelm, hält im neuen Unternehmen die Position des Verkaufschefs inne.
Weltweit habe das Unternehmen massive Kundengewinne zu vermelden, allein 177 Neukunden hätten sich im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres für eine Lösung aus dem Hause Peoplesoft oder J. D. Edwards entschieden.

Unklarer Produktemix

Die bisher bestehenden Lösungen von Peoplesoft und J. D. Edwards werden weiterhin angeboten und auch weiterentwickelt: Diejenige von Peoplesoft unter dem Namen Enterprise Solution Portfolio für Kunden mit mehr als tausend Arbeitsplätzen, diejenige von J. D. Edwards unter dem Namen Enterprise One für Unternehmen mit weniger als tausend Arbeitsplätzen.
Im Marketinghagel des Unternehmens könnte aber der Eindruck entstehen, dass einzelne Module dieser beiden Suiten problemlos untereinander ausgetauscht und beliebig miteinander kombiniert werden könnten. Das trifft allerdings nicht zu – von einer Integration in diesem Umfang auf der Produktebene ist der neue Anbieter noch meilenweit entfernt.
Zudem kämpft Peoplesoft in Europa nach wie vor mit einem lästigen Bekanntheitsproblem: Laut einer Umfrage von Computer Produktion Deutschland sind die bekanntesten ERP-Anbieter in Europa SAP und Navision.
Peoplesoft folgt auf Rang 9, J. D. Edwards belegt Rang 7. Nicht besser sieht es bei der Bekanntheit einzelner ERP-Systeme aus: Angeführt wird die Tabelle von SAP R/3 und Navision Financials. Die frühere J. D.-Edwards-Lösung One World belegt Rang 15, ein Produkt von Peoplesoft ist auf der Liste nicht zu finden, was auch daher herrühren mag, dass Peoplesoft vor allem in einzelnen Teilbereichen führend ist und dort Best-of-Breed-Module anbieten kann.

«Starke Marktposition in der Schweiz»

Die «neue» Peoplesoft verfügt nach den Angaben von Staub über rund 170 Kunden in der Schweiz, was einer «starken Marktposition» entspräche. 120 bis 130 davon seien mit J. D. Edwards zum Unternehmen gekommen, so Staub weiter.
Als Hauptkonkurrent von SAP Schweiz wolle das Unternehmen die Nummer 2 im Land werden und dem Marktführer konsequent Anteile wegnehmen. Beim Durchblick der Kundenliste erblickt man zwar einige interessante Namen. Doch letztlich stellt sich immer die Frage, was genau diese Unternehmen eigentlich bei Peoplesoft gekauft haben: Das Unternehmen gilt nämlich vor allem als Spezialist im Bereich Human Capital Management und Customer Relationship Management (CRM).
Es entscheiden sich wohl die allerwenigsten Kunden für die Einführung einer Peoplesoft-Gesamtlösung, sondern sie kaufen lediglich ein oder zwei Module – meistens zu einer bestehenden SAP-Lösung – dazu.
In der Schweiz beschäftigt Peoplesoft 61 Personen, rund 40 davon sind Berater. Die Berater-Truppe soll laut Staub weiter ausgebaut werden, da von den Kunden immer öfter verlangt wird, dass Peoplesoft Schweiz Projekte als Prime Contractor abwickelt und betreut.
Im gesamten deutschsprachigen Raum Europas hat die Schweizer Länderniederlassung zudem Zugriff auf weitere 200 Berater. Ausgeprägt sei trotz der forcierten Rolle als Prime-Contractor das Commitment zum Kanal: Neben internationalen Alliance-Partnern wie IBM, Deloitte und Cap Gemini arbeite das Unternehmen hierzulande auch mit lokalen Partnern wie Full Speed Systems zusammen.
In sämtlichen kürzlich erfolgten Projektausschreibungen sei Peoplesoft Schweiz auf SAP getroffen. Hilcona habe sich für die Gesamtlösung Enterprise One entschieden, Swiss Re werde ein Human-Capital-Modul und Cablecom ein CRM-Modul einführen, teilt das Unternehmen weiter mit. (bor)


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