Pierre Klatt, der neue EDS-Schweiz-Chef, konnte in letzter Zeit einige neue Kunden, darunter die Industriegruppe Stürm, den Webmaschinen-hersteller Sultex und verschiedene Flughäfen, bekanntgeben – ebenso wie diverse Vertragsverlängerungen, etwa mit Partner Re, Ganzoni, Agie Charmilles und Steinemann Technology. Neue Deals hat der Schweizer Ableger des weltweit tätigen Outsourcing-Giganten auch dringend nötig, denn seit der Übernahme der Fluggesellschaft Swiss durch die Lufthansa ist es sehr wahrscheinlich, dass Klatt, der übrigens seine IT-Karriere bei der Informatikabteilung der Swissair begann, einen wichtigen Kunden schon bald verlieren wird. «Ich gehe nicht davon aus, dass die Verträge mit der Swiss verlängert werden», sagt Klatt im Gespräch mit IT Reseller, «denn zugegebenermassen ist die Konsolidierung der IT innerhalb der Lufthansa-Gruppe sinnvoll.»
Die Aufträge beschäftigen direkt und indirekt gegen 300 Mitarbeitende ganz oder teilweise. Sie enden 2008 –
EDS hat also noch etwas Zeit, den «Worst Case» – Entlassungen – zu verhindern. Andererseits könnten sich aber aus verschiedenen anderen Aufgaben innerhalb der Lufthansa-Gruppe für EDS unter Umständen auch wieder Aufträge ergeben, zum Beispiel im Bereich der SOA, sagt Klatt. Man habe bereits mit der Integration der Swiss in die Star Alliance neue Aufträge erhalten.
Services für Airline-Industrie
Das Transportation Business ist es denn auch, das den gelernten Elektrotechniker derzeit am meisten bei seiner Tätigkeit beschäftigt: «Mein Ziel ist es, dass das Transport-Segment vermehrt auch ausserhalb der Schweiz zum Fliegen kommt.» Er sei wegen eines möglichen Wegfalls der Dienstleistungen für die Schweizer Fluggesellschaft nicht in einem «Desperation Mode», sagt er, «im Gegenteil, denn
EDS Schweiz erledigt schon längst nicht mehr ausschliesslich Geschäfte für die Swiss, sondern auch für andere Vertreter der Airline-Industrie.» Das Reservationssystem der früheren Atraxis betreibt EDS ausser für die Swiss noch für die South African Airlines, SN Bruxelles, Malmoe und Nation Wide Airlines. Daneben sind unter anderem Varig und Emirate Airlines Lizenzkunden.
In Zukunft sollen deshalb die Schweizer Airline-Systeme mit denen von EDS in den USA konsolidiert werden, ohne dabei lokale Bedürfnisse ausser acht zu lassen. «Es werden neue Architekturen definiert und die Services neuen Airline-Kunden angeboten», sagt er, «unser Vorteil ist sicher, dass wir mit unserem internationalen Pool von Spezialisten und durch die auf der ganzen Welt verteilten Datencenter Fluggesellschaften an jedem denkbaren Standort auf dem Globus betreuen können.»
Zukunft Standardisierung
EDS beschäftigt weltweit 118’000 Mitarbeiter und machte 2004 einen Umsatz von 21,5 Milliarden Dollar. Schweizer Umsatzzahlen darf Klatt zwar nicht bekanntgeben, er beteuert jedoch, dass die Schweizer Niederlassung ihre Zielvorgaben bisher immer erreicht habe und seit Jahren positiv arbeite. Dennoch steht er vor einer nicht einfach zu lösenden Aufgabe. Sein zweites wichtiges Ziel neben dem Ausbau des Airline-Geschäfts ist nämlich die Gewinnung neuer Kunden in anderen Branchen als der Luftfahrt:
EDS Schweiz müsse noch stärker in den Segmenten Manufacturing, Government und Finance wachsen. So ist Klatt auch im Sinne grösserer lokaler Präsenz Erstunterzeichner der kürzlich lancierten Epower-Initiative Schweiz, deren Aushängeschilder der Ständeratspräsident Bruno Frick und der FDP-Nationalrat Ruedi Noser sind. Klatts Ziel ist in erster Linie das Networking zwischen Politik, Wirtschaft, Verwaltungen und Wissenschaft. Des weiteren will er in der Schweiz der Agility Alliance zum Durchbruch verhelfen. EDS ist der
Initiant der globalen Alliance, in der Branchenführer aus den Bereichen Infrastruktur, Anwendungen und Business Process Outsourcing Standards definieren.
Solche Standard-Dienstleistungen der IT-Branche sollen zu einem möglichst tiefen Preis angeboten werden, ohne dass dabei die Rentabilität leidet. Klares, wenn auch offiziell unausgesprochenes Ziel der Agility Alliance ist es, dem Dienstleistungsriesen
IBM Global Services das Wasser abzugraben. Etwa für Desktop Outsourcing, Output Management und E-Mail Archiving hat EDS bereits Standard-Angebote im Köcher, die gemeinsam mit den Partnern der Agility Alliance definiert und deshalb weltweit für internationale Kunden angeboten werden können. Klatts Trumpf für Schweizer Firmen mit internationaler Ausrichtung ist auch hier die weltweite Präsenz des Konzerns: «Diese weltweit einheitlichen Angebote sind ein ganz klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber lokalen Konkurrenten.» Gemeint sein dürfen damit etwa eine
Swisscom IT Services oder
T-Systems. (mh)
Pierre Klatt
Pierre Klatt (48) ist verheiratet mit einer Amerikanerin und lebt in Schindellegi SZ. Der gelernte Elektrotechniker stiess 1983 zur Swissair Informatik, der späteren Atraxis. Hier war er zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung zuständig für weltweite Deals der Airport Management Solutions. Nach der Übernahme von Atraxis 2001 durch
EDS nahm Klatt in der Geschäftsleitung der EDS Schweiz Einsitz. Seit Mai 2005 trägt er als CEO die Gesamtverantwortung für die Schweizer Niederlassung des weltweit tätigen IT-Dienstleisters. Klatt sagt von sich selbst, er praktiziere einen «partizipierenden» Führungsstil und meint damit «eine straffe Führung von kleinen Kernteams».
Im Vergleich zu einem Journalisten ist er ein Frühaufsteher: Um sechs Uhr in der Früh klingelt sein Wecker, dann bearbeitet er, wie so mancher in seiner Position, zuerst einmal von zu Hause aus seine E-Mails. Er arbeitet 50 bis 55 Stunden die Woche, bezeichnet sich aber nicht als Workaholic, sondern als «Bon Vivant». Das Leben zu geniessen sei für ihn ganz wichtig.
In seiner Freizeit spielt er mit seiner Frau gern Golf oder ist am Wochenende auf seiner Harley Davidson unterwegs. Sein grösstes Hobby aber ist das Reisen in ferne Länder. Seine eindrücklichsten Erfahrungen hat er in Australien und Neuseeland gemacht, wo er mit dem Wohnmobil unterwegs war. In «Down Under» hat ihn vor allem die Kultur der Einheimischen und die Landschaft in Staunen versetzt. In letzter Zeit ist er viel im Fernen Osten unterwegs, wo ihn namentlich die facettenreiche Kultur Indiens fasziniert.