Kennen Sie die moderne Form des Nomadentums? Nicht nur in den Steppen der Mongolei oder in den Wüsten Afrikas gibt es Menschen, die aufgrund mangelnder Lebensgrundlage nirgends lange sesshaft sein können und deshalb gezwungen sind, umherzuziehen – immer auf der Suche nach einer neuen Existenz. Ihre Familie und ihr Hab und Gut packen unsere Zeitgenossen selbstverständlich nicht zwischen Kamelhöcker. Sie reiten auch nicht hoch zu Ross oder auf Eselsrücken durch die Gegend. Aber sie fahren mit Karren umher, mit «dicken» Karren, und wechseln, wenn es sein muss, auch ihren Wohnsitz.
Die Manager-Nomaden sind Menschen, die entweder bedingt durch ihre hohen Lebenshaltungskosten – mein Auto, meine Yacht, mein Haus, meine Kreditkarte – ihren Job und ihren Arbeitsplatz wechseln müssen, weil sie auf Teufel komm raus auf ein noch höheres Salär angewiesen sind. Verlieren Sie ihren Job, können sie dann unmöglich eine Stellung annehmen, bei der sie nicht mindestens gleich viel verdienen wie bisher. Oder aber sie wechseln aus eigener Initiative, weil sie abgeworben wurden von Firmen, die gerade einen ihrer Kollegen vor die Tür gesetzt haben. Und das passiert vielen Topmanagern immer häufiger als früher.
Jeder dritte Managerwechsel ist performancebedingt, im deutschsprachigen Raum beträgt die Rate sogar 50 Prozent 1). Der Nomade zieht weiter, weil kein Gras für die Herde mehr wächst, weil es kein Wild mehr zu jagen gibt oder weil das Klima zu rauh geworden ist. Die Manager-Nomaden werden von Stakeholder-Horden vertrieben. Nachfolger kommen meist nicht aus den eigenen Reihen, sondern von ausserhalb. Sie werden von erfolgreicheren Firmen abgeworben. Man sagt, sie sollen schneller die gewünschten Erfolge bringen als langjährige Mitarbeiter. Unsere Szene-Rubrik umfasst in diesem Heft zwei Seiten. Es hätte Stoff für drei gehabt. (Markus Häfliger, Chefredaktor)
1) Booz Allen Hamilton, 2006