Der tschechische Software-Hersteller AVG Technologies (ehemals Grisoft) hat im August eine kostenlose Antiviren-Lösung für kleine Unternehmen auf den Markt gebracht. KMU mit bis zu fünf PC-Arbeitsplätzen erhalten mit AVG Anti-Virus Free: Small Business Edition (AVG free SMB) einen Gratis-Grundschutz vor Viren, Internetbedrohungen und Spyware. Klar, dass so eine Aktion nicht unbeachtet blieb. Denn es stellen sich gleich eine Reihe von Fragen: Wie wollen AVG, die Partner und Distributoren denn noch Geld verdienen? Reicht dieser kostenlose Grundschutz? Was hält die Konkurrenz mit kostenpflichtigen Angeboten davon?
Trotz Gratis-Software Geld verdienen
In der Schweiz ist die neue Gratis-Software von AVG noch nicht erhältlich, erst in den drei Testländern Brasilien, Japan und Deutschland. «Weitere Länder sollen aber in Kürze folgen», erklärt Daniel Flückiger, CEO von Acotel Systems. Das in Küssnacht am Rigi beheimatete Unternehmen ist der Schweizer Distributor von AVG. Sorgen, dass der Umsatz mit der AVG Anti-Virus Free Small Business Edition schon bald zusammenbrechen könnte, macht sich Flückiger keine: «Selbstverständlich können AVG und Acotel nicht von den kostenlosen AVG-Versionen leben. Es sind aber immer noch genügend Kunden vorhanden, die gerne einen erweiterten Schutz zu einem vernünftigen Preis erwerben.»
Was unterscheidet denn die kostenlose von der kostenpflichtigen Software? Die neue Free-SMB-Version ist wie bereits erwähnt für Unternehmen mit bis zu fünf Rechnern beschränkt, die keinen Server einsetzen. Weiter sind Services wie telefonischer Support oder Remote Support, die in der kostenpflichtigen Version dazugehören, für die Free-SMB-Version laut Daniel Flückiger ausgeschlossen. Die Free-Kunden erhalten «nur» ein Supportforum, FAQs und Support per E-Mail. «Die kostenpflichtige Version bietet einen erweiterten Anteil an Dienstleistungen und Services, und das ist für viele Kunden wichtig. In diesem Sinne ist eine Abgrenzung gut möglich», meint Flückiger.
Dass das mit der Abgrenzung aber nicht ganz so einfach ist, und man doch Umsatz einbüssen kann, zeigt eine Tatsache, die auch der Schweizer AVG-Distributor bestätigen muss: Es gibt bereits einzelne Kunden, die von der kostenpflichtigen auf die Gratis-Software umgestiegen sind und die Zusatz-Dienstleistungen quasi abbestellt haben. «Dies passierte wahrscheinlich unter dem Aspekt, dass die ganz kleinen Firmen derzeit unter einem erhöhten Druck stehen, Kosten zu senken», erklärt Acotel-CEO Daniel Flückiger und fügt gleich eine Werbebotschaft an: AVG biete mit der neuen Free-Lösung kleineren Unternehmen in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeit nämlich bewusst Hand, um Kosten zu sparen. Und AVG wolle es jedem und jeder Firma ermöglichen, ihr Informatik-System zu schützen.
Ist kostenlos auch sicher genug?
Bei anderen Anti-Malware-Herstellern sorgte die Ankündigung eines kostenlosen Grundschutz-Pakets für kleine Unternehmen für rote Köpfe, vor allem bei
Symantec. Wie Andrew Douglas, Vice President und verantwortlich für den Small-Business-Bereich im EMEA-Raum, mitteilt, ist eine solche kostenlose, einfache Antiviren-Lösung für kleine Unternehmen, die Geld sparen aber gleichzeitig auch ihre IT schützen wollen, entschieden der falsche Weg. «Punktuelle Lösungen sind längst nicht mehr ausreichend, ein schlichter Virenschutz reicht nicht mehr aus», erklärt Douglas. Kleinere Unternehmen sollten laut ihm lieber auf eine Suite, die sie umfassend gegen Schadsoftware, Datenverlust und Spam schützt, setzen. Ob diese Lösungen in Unternehmen mit nur bis zu fünf PC-Arbeitsplätzen aber tatsächlich nachgefragt werden?
Acotel-CEO Daniel Flückiger nimmt die Kritik von Symantec gelassen: «Viele kleinere Unternehmen haben heute noch gar keinen Schutz, das möchten wir mit der Free-Version vor allem ändern. Ausserdem sind wir davon überzeugt, dass der Grundschutz den internationalen Qualitätsmerkmalen entsprechen muss. AVG hat sich dazu verpflichtet und bietet eine solide, technologisch ausgereifte Lösung an.» Er sieht AVG free SMB übrigens keineswegs als Konkurrenzprodukt zu den Mitbewerbern, sondern als eine Erweiterung des Angebotes. Und für Firmen, die neben dem Basisschutz noch weitere Schutz-Software benötigen, für die verweist er auf zusätzliche, allerdings kostenpflichtige Produkte.
Zukunftsmodell Gratis-Grundschutz
Das Konzept des Basis-Grundschutzes ist im Bereich der Home-User bereits etwas weiter fortgeschritten als im Bereich der KMU. Neben AVG gibt es mit Avira und Free Antivirus, um nur einen Namen zu nennen, bereits einige Anbieter, die auf dieses Gratis-Konzept setzen und erhöhten Schutz für einen Aufpreis anbieten. Auch Softwareriese
Microsoft will demnächst, laut Gerüchten bereits in den nächsten Tagen, mit kostenloser Anti-Malware-Software in den Home-User-Markt einsteigen.
Wird sich das Sicherheitskonzept mit Gratis-Grundschutz und kostenpflichtigen Zusatzdiensten durchsetzen, auch in Unternehmen? «Ich denke ja. Ein umfassender Basisgrundschutz sollte für jedermann kostenlos erhältlich sein. Erweiterte Leistung und höherer Schutz wird kostenpflichtig, ähnlich dem System für Krankenkassen, nur ist die Grundversicherung kostenlos», meint Daniel Flückiger.