Gestern hat
Sunrise im Zürcher Nobelhotel Dolder Grand Fachjournalisten zu einer Gesprächsrunde geladen. Thema war die Frage nach dem zukünftigen Betreiber der Telekominfrastruktur. Sunrise fordert seit einigen Monaten die Gründung einer Kabel & Schacht AG, welche das Festnetz für alle Anbieter warten und ausbauen soll. Als prominenter Redner war Prof. Dr. Beat Schmid geladen, der Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen.
Obwohl Sunrise-CEO Christoph Brand vorausgehend erklärte, er kenne die Inhalte von Schmids Präsentation nicht, kam der Netzexperte erwartungsgemäss zu einem ähnlichen Fazit wie Brand: Weil der Festnetzmarkt in der Schweiz nicht spiele, müsse laut WTO-Regeln der Staat eingreifen und für Wettbewerb sorgen. Seiner Meinung nach sei die Swisscom-Position gemäss WTO-Regeln illegal. Eine Trennung zwischen Diensten und Infrastruktur sei dringend nötig, der Staat müsse eine wettbewerbsneutrale spezialrechtliche Regelung vornehmen. Nur dies würde den Wettbewerb im Festnetzmarkt wiederbeleben. Die Tendenzen gingen auch in Europa in Richtung einer Trennung. Diesbezüglich war man sich also einig.
Ebenso einigte man sich schnell darauf, dass die Stolpersteine im Detail und vor allem im Dunkeln liegen. Noch nicht einmal die Wartungskosten des Festnetzes seien bekannt, da
Swisscom diese nicht veröffentlichen muss. Ohne diese Zahlen sei eine Diskussion von Anfang an schwierig, so der Konsens. Für Diskussionsstoff sorgten danach doch noch gewisse Punkte: Schmid zweifelte daran, dass die Netzwerkinfrastruktur rein privatwirtschaftlich - also ohne staatlich regulierte Umverteilung - betrieben werden könne. Sunrise hingegen sieht als Vorbild eher das wirtschaftsliberale englische Modell, das man ohne Problem nachahmen könne.
Die Gesprächsrunde im Dolder Grand fand zwei Wochen vor dem von Comcom-Präsident Marc Furrer einberufenen runden Tisch zum Thema gemeinsames Glasfasernetz statt. Sunrise sieht sich aufgrund der momentanen Situation nicht nur benachteiligt sondern geradezu machtlos, da das dänische Mutterhaus
TDC aufgrund der komplexen hiesigen Verhältnisse nicht zu grossen Investitionen in der Schweiz bereit sei.
Demgegenüber haben in der Zwischenzeit einige Schweizer Elektriziätswerke mit dem Bau eigener Glasfasernetze begonnen. Das EWZ der Stadt Zürich hat seine Glasfaser-Testphase vor wenigen Tagen als beendet erklärt,
Orange bietet darauf diverse Dienstleistungen an. Das EWZ sucht jetzt weitere Anbieter, denen sie das Netz gegen Entgelt zur Verfügung stellen kann. Sunrise wollte sich zu seinen Plänen diesbezüglich auch nach hartnäckigem Nachfragen nicht äussern. (cdb)