Gleich zwei der grössten Schweizer Webagenturen mussten sich, nachdem sie sich im Herbst letzten Jahres an ein grosses, multinationales Netzwerk angeschlossen hatten, wieder von ihren Müttern trennen. Weil sich diese durch Übernahmen übernommen und unter dem rückläufigen Auftragseingang zerbrochen sind, standen die Zürcher Digivision und die Bieler Aseantic diesen Sommer wieder da, wo sie vor einem Jahr waren: alleine.
Peter Hess ist nach dem Crash der deutschen Kabel New Media schlicht vom Übernahmevertrag zurückgetreten, denn die bankrotte Gruppe hatte die Übernahmevereinbarungen gar nie eingehalten. Nach einer kurzen Rückkehr zum alten Namen musste sich die Telefonistin nun wieder an eine neue Ansage gewöhnen: «Pixelpark, grüezi», heisst es nun.
Liebe auf den zweiten Blick
Mit der Übernahme von Digivision durch Pixelpark Schweiz entsteht umsatzmässig der grösste Webdienstleister der Schweiz: Ein Unternehmen mit 195 Mitarbeitern und 52 Mio. Franken Umsatz, dem nun Robert Hess als neuer CEO vorsteht. Dass Hess sich einen neuen Partner hatte suchen müssen, war eigentlich klar. Denn Hess ist nicht der Mann fürs kleine. Schon nach dem Cabel-Crash sagte er zu IT Reseller, er könne nicht «in den Voralpen sein eigenes Süppchen brauen». «Rolf Brugger ist auf mich zugekommen», kommentiert Hess, «es war seine Idee».
Und es war sicher eine gute. Brugger, Chairman von Pixelpark Schweiz, nennt die Gründe: «Wir verhalten uns im Moment antizyklisch. In einem schwieriger gewordenen Markt können wir durch die Übernahme unsere Marktposition festigen, da Digivision auch im unteren Kundensegment stark ist.»
Die komplementären Kundensegmente, die Verstärkung von Pixelparks Vertrieb und Consulting hätten allerdings bereits letztes Jahr ein Grund gewesen sein können, zusammenzugehen. Wieso erst jetzt? Brugger: «Letzes Jahr war die Situation ganz anders. Pixelpark war nicht bereit, Phantasiepreise zu zahlen. Heute sind wir wieder auf einem realen Boden. Sagen wir, es war Liebe auf den zweiten Blick.»
Aseantic vorerst im Alleingang
Am 17. August hat die ausserodentliche Generalversammlung von Adcore Schweden über einen zweiten wichtigen Player im Schweizer Web-Business entschieden. Adcore Schweiz, die ehemalige Bieler Aseantic, konnte sich von den Plänen der schwedischen Mutter, alle ausländischen Operationen (ca. 700 Mitarbeiter) für umgerechnet fünf Millionen Franken zu verhökern, befreien.
Die Aktionäre stimmten zu, die schweizerische Adcore-Niederlassung in einem MBO für
Sage und schreibe 400’000 Franken an Gian-Franco Salvato, den Gründer von Aseantic und Chef von Adcore Schweiz, zurück zu verkaufen. Salvato muss noch eine weitere Million Franken für diverse Verpflichtungen, die durch die Integration von Aseantic in die Adcore-Gruppe entstanden, berappen.
An der Orbit will er wieder unter dem alten Namen auftreten. Heisst das, die Pläne zur Internationalisierung sind gestorben? «Kurzfristig ist es nicht mehr nötig, sich einem Netz anzuschliessen. Vor ein bis zwei Jahren wurden für europäische Roll-outs 50 bis 100-Millionen-Projkete ausgeschrieben. Die gibt es heute nicht mehr. Man kann sich heute in der Schweiz gut als einer der Top Fünf national positionieren.» Hoffen wir, dass Salvato recht hat. Immerhin musste er schon Entlassungen ankünden: Von den 65 Mitarbeitern müssen 10 gehen. (mh)