Wer sind die Gewinner und Verlierer im HP-Compaq-Deal? Gewinner sind die Konkurrenten
IBM, Sun,
Dell,
EMC, Fujitsu-Siemens und wie sie alle heissen – darin sind sich weltweit Beobachter einig. Denn
HP und Compaq werden mindestens für die nächsten zwei Jahre mit sich selbst beschäftigt sein.
Alle anderen werden die Verlierer sein. Da sind an erster Stelle die Mitarbeitenden zu nennen. 2,5 Milliarden Dollar soll der Merger jährlich einsparen – zur Hauptsache Löhne. Wer schon Fusionen und Übernahmen mitgemacht hat, weiss, dass in einer solchen Situation andere Fähigkeiten gefragt sind als Kompetenz und Engagement.
Jetzt braucht es starke Ellbogen und ein gutes Netzwerk (man könnte auch sagen: Intrigantentum). In der Konsequenz schauen sich die besten Leute auf beiden Seiten seit vergangenem Dienstag nach neuen Jobs um. Die «neue» HP wird gewaltige Werte an Know-how, Kompetenz und Kundenbeziehungen verlieren. Verlierer werden auch die Kunden sein.
Allen schönen Versprechungen zum Trotz macht der Deal nur Sinn, wenn die Produktepalette der beiden Riesen radikal vereinheitlicht wird. Kunden, die auf eine bestimmte Technologie vertraut haben, werden nun nicht mehr wissen, ob die ausgewählten Produkte in absehbarer Zeit noch unterstützt werden. Welche gravierenden Folgen das haben kann, zeigt die Geschichte mit dem «Supergau» bei der ehemaligen Agri. Der Provider hatte Compaq-Alphas unter NT eingesetzt. Als dann tatsächlich ein Notfall eintrat, war bei Compaq, wo die Alphas unter NT nicht mehr produziert werden, nur noch mit grosser Verzögerung kompetente Hilfe aufzutreiben. Der Imageschaden für den Provider war gross...
Beide IT-Riesen haben in den letzten Jahren Unsummen in Entwicklungen wie die grossen Unix-Server («Superdome» von HP und «Wildfire» von Compaq) oder Storage-Software gesteckt. Nicht alle der Entwicklungen sind nun für die Katze, doch «New HP» wird einen Teil dieser eingeschlagenen Pfade verlassen müssen. Auch hier werden zwangsläufig Werte vernichtet.
Und der Channel?
Wertevernichtung ist auch im Channel angesagt. Wer Geld und Zeit aufgewendet hat, um seine Leute zu schulen und zu zertifizieren, den Partner-Brand und ein Beziehungsnetz zum Lieferanten aufzubauen, wird unter Umständen in die Röhre gucken.
Doch Panik kommt im helvetischen Channel keine auf. Unisono lautete der Grundtenor am Partner-Event von Compaq, wo vergangen Mittwoch das neue Partnerkonzept vorgestellt wurde: «Abwarten». «Ich habe immer schon HP-Drucker und Compaq-PCs verkauft und glaube nicht, dass sich für mich viel ändern wird», so ein typisches Statement eines Compaq-Dealers.
Stefan Mittner von der Glaronia Informatik ist da schon kritischer: «Wenn die heute bekannten Fakten eintreffen, wird auf unseren Geräten sicher ein neuer Name stehen! Ob das nun
HP sein wird, oder vielleicht ein Name von einem ganz anderen Hersteller, müssen wir aufgrund der Entwicklung im kommenden Jahr entscheiden.» Der Glarner nimmt kein Blatt vor den Mund: «Es ist schon erstaunlich, was Topmanager verbrechen können, wenn Ihnen die Ideen ausgehen!»
«Grössenwahn!»
Kritische Stimmen sind von grösseren VARs und Systemintegratoren zu hören. So meint Philip Hänni von CDC IT: «Ein Elefant mehr wäre nicht nötig gewesen. Purer Grössenwahn!» Folgen für seine Firma befürchtet Hänni hingegen nicht. Man habe sowohl mit HP wie auch mit Compaq gute Kontakte. Ebenfalls keine Folgen für seine Firma sieht Patrick Püntener von der Basler Itsystems. Andreas Kleeb von
RedIT hingegen schätzt, dass die Konkurrenz durch den Hersteller/Partner sich mit «New HP» eher verschärfen wird.
Doch es gibt auch positive Beurteilungen. Andreas Lehman vom HP-Systemintegrator Comline freut sich: «Für uns sieht die Zukunft sehr gut aus. Wir finden meistens den Einstieg zu neuen Kunden über die Beziehung oder über unser einmaliges Dienstleistungsangebot im Bereich von Hochverfügbarkeit (Server und Storage). Bis anhin war es schwierig in Compaq Hochburgen Eintritt zu erhalten – das wird sich nun massiv ändern.» (hc)