Office World Group: Alles neu, aber alles beim Alten
Quelle: zVg

Office World Group: Alles neu, aber alles beim Alten

Die 2021 gegründete Office World Group vereint die Owiba-Unternehmen mit den Offix-Organisationen. Der neue CEO zu den Hintergründen des Joint Ventures.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/01

     

Offix, das Schweizer Grosshandelsunternehmen für Büro- und Papeteriematerial, hat drei ereignisreiche Jahre hinter sich: Anfang 2018 wurde Martin Kelterborn neuer CEO der Offix Group, die aus der Papeteristen-Einkaufsgenossenschaft PEG und der Ecomedia Gruppe – der unter anderem auch der Retail-Spezialist Oridis angehört – entstanden ist. Kelterborn hatte klare Ziele als neuer CEO des Unternehmens, wie er gegenüber «Swiss IT Reseller» Ende 2018 erklärte: «2020 wird Offix nicht mehr dieselbe Firma sein wie 2018. Mein Auftrag lautet, dass das Unternehmen nachhaltig erfolgreich bleibt.» Er behielt Recht – Offix war 2020 dann tatsächlich nicht mehr das gleiche Unternehmen wie 2018. Ende 2019 verkündete man, dass man die Vertriebskanäle neu organisieren werde. Das klang schlüssig, Kelterborns Vision nahm offenbar Gestalt an.


Doch nur ein Jahr später, im Januar 2021, folgte eine weitere grosse Ankündigung: Die Offix Holding und die Office World Holding, im Besitz der österreichischen MTH Retail Group Holding, gingen ein Joint Venture ein und formierten sich zur neu gegründeten Office World Group. Die Office World Holding hält die Mehrheit der neu gegründeten Gruppe, die nach dem Zusammenschluss schweizweit über 600 Mitarbeitende beschäftigt und einen Umsatz von rund 400 Millionen Franken erwirtschaftet.

Im Juli 2021 schliesslich vermeldete die Office World Group den jüngsten Schritt im grossen Umbau: Der ­Verwaltungsrat setzte eine neue Unternehmensführung ein – womit unter anderem Martin Kelterborn aus dem ­Unternehmen ausschied. Als Geschäftsführung wurde eine Doppelspitze eingesetzt, bestehend aus Johann Pintarich, seit 2011 Managing Director bei der MTH Retail Group und seit dem Einstieg von MTH in den Schweizer Markt Geschäftsführer von Owiba, und Philipp Sigrist, der Ende 2020 als Projektleiter Corporate Development zu Office World stiess. Weiter wurde auch das Geschäftsleitungsgremium neu ­besetzt.


Die Unternehmensgruppe hat also bewegte Jahre hinter sich – Grund ­genug für «Swiss IT Reseller», bei ­Office-World-Group-CEO Johann Pintarich nachzufragen, welche Idee hinter der neuen Struktur steckt, welche Pläne die Gruppe verfolgt und vor allem: Was der Channel von den Distributoren Oridis und Ecomedia fortan erwarten darf.

Ein neues Konstrukt

Zur Office World Group gehören die Marken Office World und Iba, die zuvor als Owiba auftraten, sowie die Offix-Brands Papedis, Ecomedia, Oridis und der Managed-Print-Service-Spezialist Docuserv. Johann Pintarich führt aus: «Es gibt damit einen direkten und einen indirekten Vertrieb. Da ist der Grosshandel auf der einen Seite – das sind die Offix-Unternehmungen – und ein direkter Vertrieb mit einer Endkundenbeziehung – das sind die Unternehmungen von Owiba.» Ecomedia beliefert also, wie schon zuvor, Büro- und IT-Fachhändler sowie Grossverteiler mit Tinte, Toner, Papier, Druckerzubehör und Büromaterial. Und Oridis? «Der Unterschied zwischen Ecomedia und Oridis ist ganz einfach», so Pintarich. «Oridis bietet neben dem gleichen Sortiment wie Ecomedia zusätzlich eine Dienstleistungskomponente, die Retail-Kunden bedient.» Er bezeichnet das Angebot von Oridis als Rundum-Sorglos-Paket für den Retail. Papedis beliefert als Papier- und Büromaterialgrosshändler die Papeterien.


Ecomedia und Oridis, die sich einen Grossteil des Sortiments teilen, können so von Synergien, etwa beim Einkauf, profitieren. Ecomedia stellt den Logistik- und Distributions-Hub, «Oridis ist derweil eine reine Vertriebsgesellschaft für den Retail, die sich sämtliche Funktionalbereiche von Ecomedia zunutze macht», so der CEO.

Auf Kurs

Mit Kelterborns 2018 formuliertem Plan, die Fach- und Vertriebsorganisationen der beteiligten Unternehmen näher zusammenzuführen, ist man gemäss Johann Pintarich nach wie vor auf Kurs: «Die Kundenbeziehungen liegen in den Händen der einzelnen Vertriebs­organisationen, daran hat sich nichts geändert. Die Kunden werden von den gleichen Verantwortlichen mit den gleichen Systemen weiter bedient.» Es liege dabei auf der Hand, dass mit der Schaffung eines solchen Joint Ventures ein heterogenes Umfeld mit unterschiedlichen Technologien und Prozessen entsteht. «Diese Applikationen sind, geschuldet der Zeit, noch nicht harmonisiert, da sind noch Arbeiten im Hintergrund, die es zu erledigen gibt. Das sind aber rein organisatorische Aufgaben und haben nichts mit den Kundenbeziehungen zu tun», so Pintarich zusammenfassend.


Nicht in den Plänen von 2018 vorhersehbar war hingegen die Coronapandemie. Für ein Retail-orientiertes Unternehmen wie die Office World Group mit Fokusthemen wie Printing und Papierhandel ist das durchaus eine Herausforderung. «Die Pandemie hat uns bestätigt, dass es gut ist, mehrere Standbeine zu haben», sagt Pintarich und nennt das Beispiel der 19 Office-World-Filialen: «Die Schliessung der Filialen im ersten Lockdown hat einen wahnsinnigen Schub im Online-Geschäft gegeben. Hier konnten wir sehr gute Kompensationsumsätze generieren.» Das zeige auch, dass die Digitalisierungsstrategie aufgehe, wie er anfügt. Theoretisch sei man in einzelnen Segmenten – wie etwa dem bereits genannten Printing-Geschäft – natürlich stark mitbetroffen, «aber praktisch sind das eben nur einzelne Marktsegmente», so Pintarich weiter. Auf der anderen Seite haben die neuen Bedürfnisse, etwa nach IT-Equipment für das Home Office, aber eine neue, nachhaltige Nachfrage geschaffen, von der die Office World Group wiederum profitieren kann.

Doch keine Doppelspitze

Der Ton, in dem Martin Kelterborn Ende 2018 als CEO von Offix über seine neuen Aufgaben und seine Vision sprach, liess nicht vermuten, dass er nur rund zweieinhalb Jahre später schon wieder aus dem Unternehmen ausscheiden würde. «Kelterborn gab damals ja zu Protokoll, dass sein Beweggrund, Offix vorzustehen, die Lust auf Veränderung war», so Pintarich und schlussfolgert: «Das Joint Venture war offenbar eine Veränderung, die er eben nicht mitmachen wollte. Daher hat er entschieden, das Unternehmen zu verlassen.» Und dies, obwohl er in den wesentlichen Prozessen und Verhandlungen in Vorbereitung des Zusammenschlusses durchaus federführend gewesen ist, wie der Geschäftsführer ergänzt. «Er ist nicht im Bösen gegangen, sondern hat sich aus freien Stücken dazu entschieden. Vielleicht war es die abermalige Lust auf Veränderung.» Ausserdem sei sich Kelterborn die alleinige Firmenführung gewohnt gewesen und habe sich mit der Idee der bereits angesprochenen Doppelspitze nicht anfreunden können, so Pintarichs Interpretation der Lage.

Die Doppelspitze ist an diesem Punkt aber schon wieder Vergan­genheit, wie der CEO ausführt. Im ­Rahmen eines Reorganisationspro­zesses des österreichischen Mutterhauses MTH Retail Group wurde eine «ein Raum, ein Chef»-Politik eingeführt, womit Pintarich seit Anfang ­Oktober 2021 nun ­alleiniger CEO der Office World Group ist. Co-Geschäftsführer Philipp Sigrist, der für die Post ­Merger Integration zur Office World Group stiess, verliess das Unter­nehmen Ende 2021 wieder. ­Neben Pintarich sitzen sechs weitere Personen in der Geschäftsleistung der ­Office World Group, die Verantwortlich­keiten für Ecomedia und Oridis sind gleichbleibend, wie er versichert: «Die Sicht zum Kunden ist unver­ändert.»


Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass sich bei der Gruppe in greifbarer Zukunft noch mehr bewegt. «Wir sind immer offen für eine partnerschaftliche ­Erweiterung unserer Beziehungen und für Übernahmen. Die Märkte konsolidieren sich und wir wollen hier führend sein», so Pintarich. Im Blick hat der CEO für etwaige Akquisitionen Unternehmen, die im Handel mit Verbrauchsmaterial aktiv sind. «Wir wollen sicher kein Managed-Printing-­Services-Händler werden, dafür haben wir starke Partner und Fachhändler. Es ist nicht in unserem Sinn, das Geschäft unserer Kunden zu machen. Wir wollen der Logistik-Hub für unsere Kunden sein.»
Update: In der ersten Fassung des Artikels hiess es, dass Martin Kelterborn nach lediglich eineinhalb Jahren das Unternehmen verlassen hatte. Korrekt ist zweieinhalb Jahre, die entsprechende Stelle wurde geändert. (win)


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