Digital Signage in der Energiekrise

Im zweiten Quartal 2022 wurden in der Schweiz weniger Large Format Displays (LFD), wie sie im Bereich Digital Signage zum Einsatz kommen, abgesetzt. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf diverse Faktoren – aber auch auf die drohende Energiekrise?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/10

     

Der hiesige Markt für PC-Bildschirme hat gemäss den Zahlen der Marktforscher von Context im zweiten Quartal 2022 ein deutliches Wachstum an den Tag gelegt, während sich bei den Large Format Displays (LFD), wie sie vornehmlich bei Digital-Signage-Anwendung zum Einsatz kommen, die gegenteilige Entwicklung bemerkbar machte. So gaben die Verkäufe nach einem Wachstum im ersten Quartal im zweiten Quartal um rund 17 Prozent auf knapp 5300 Displays nach. Angesichts dieser Entwicklung drängt sich die Frage auf, inwiefern die aktuelle Diskussion rund um die drohende Stromknappheit und allfälligen Massnahmen, um dieser entgegenzuwirken, das Geschäft mit LFD in der Schweiz beeinflusst. «Swiss IT Reseller» hat bei Schweizer Distributoren, die im Digital-Signage-Bereich aktiv sind, nachgefragt.

Globale Unsicherheiten und Lieferengpässe

Von Seiten Mobilepro, Telion und AV Distribution bestätigt man dabei den Absatzrückgang im zweiten Quartal 2022. Zu den Ursachen für den Absatzrückgang in den letzten Monaten meint AV-Distribution-Geschäftsführer Fabian Brockhage: «Ich denke mitunter ein Grund dafür ist die weltpolitische Unsicherheit, welche eine enorme Auswirkung auf die Investitionen grosser Konzerne hat. Hinzu kommen die Nachwehen der Coronapandemie sowie die Lieferengpässe der Hersteller, welche sicher auch als Ursachen für den Absatzrückgang ausgemacht werden können.» Giordano Sticchi, Managing Director von Mobilepro, und Frank Brunschweiler, Bereichsleiter Consumer & Professional Electronics bei Telion, bestätigen den Rückgang, wobei Frank Brunschweiler betont, dass die Projektanfragen nicht abgenommen haben: «Verschoben sind die Realisationszeiträume. Da wir über ein sehr diversifiziertes Angebot verfügen, konnten wir aber die fehlenden DS-Projekte in anderen Bereichen kompensieren.» Viele Projekte seien nicht gecancelt worden, aber zeitlich zurückgestellt. «Neben der zunehmenden Verunsicherung, aufgrund der politischen und monetären Situation in Europa und der Welt, sind daraus resultierende Liefertermin-Verschiebungen und Preissteigerungen ebenfalls wenig vertrauensbildend für einen Projektkunden», ergänzt er zudem.

Auch Giordano Sticchi von Mobilepro sieht die Probleme in der Logistikkette und die daraus resultierende fehlende Verfügbarkeit einzelner Komponenten als einen der Gründe für den Absatzrückgang an. «Diese Einschränkungen verursachen oft die Verschiebung der Installation grösser Projekte. In solchen Fällen bleibt die Ware oft auf Ebene der Distribution stehen», so der Managing Director von Mobilepro, der zudem auch eine gewisse Zurückhaltung bei Investitionen spürt. «Die auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Lage entstandenen Unsicherheiten haben sich bremsend auf die Nachfrage ausgewirkt», so Giordano Sticchi.


Daneben führen er und Frank Brunschweiler aber auch einen technologischen Wandel ins Feld – in Richtung LED-Wände anstatt Displays und Videowalls. Giordano Sticchi von Mobilepro: «Investitionen finden also mit anderen Produkten statt.» Und er erhält dabei Zustimmung von Frank Brunschweiler von Telion: «Dabei ist durchaus auch festzustellen, dass LED-Panels in gewissen Projekten die klassischen LCD-DS-Displays verdrängen. Dies da die Helligkeit je nach Anwendung einen entscheidenden Faktor darstellt und auch attraktive Displayformen angeboten werden können.»

Den Absatzrückgang derweil nicht bestätigen können Littlebit und Secomp. Andy Nigg, Sales Consultant Commercial & Project bei Littlebit Technology, erklärt dazu: «Die Entwicklung zeigt sich aus der globalen Vogelperspektive positiv. Der Bedarf nach immer grösseren Anzeigen erfreut sich solider Nachfrage. Littlebit Technology ist seit Anfang Jahr offizieller Distributor für Large Format Displays von LG und wir verzeichnen bis heute ein robustes Wachstum.» Und auch bei Secomp, das erst seit Januar 2022 im Digital-Signage-Markt aktiv und somit ein junger Player in diesem Bereich ist, gab es keinen Absatzrückgang. Vielmehr nehmen die Zahlen laufend zu, wie Rebekka Lanter, Product Managerin Pro AV bei Secomp, betont und ergänzt: «Es ist jedoch denkbar, dass die Käuferschaft allgemein etwas vorsichtig ist wegen den aktuellen Marktgeschehnissen. Davon spüren wir momentan jedoch nichts. Wir sehen weiterhin ein hohes Potenzial auf dem Markt und unsere Auftragslage mit vielen offenen Projekten bestätigt die hohe Nachfrage.»

Einfluss der Energiekrise

Einen Zusammenhang zwischen dem Absatzrückgang und der aktuellen Diskussion rund um Stromsparmassnahmen, in welcher unter anderem auch davon gesprochen wird, digitale Werbeflächen abzuschalten (mehr dazu im Kasten), sehen die meisten Distributoren nur beschränkt. So ist die Debatte bezüglich der Stromsparmassnahmen für die meisten zu aktuell, als dass diese eine Auswirkung auf den unmittelbaren Absatzrückgang hat.

Fabian Brockhage von AV Distribution betont jedoch auch: «Ich kann mir aber vorstellen, dass mit der Diskussion über höhere Energiekosten gewisse Investitionen nicht getätigt werden, da man nicht abschätzen kann, welche Teuerung auf die Unternehmen zukommen wird.» Auch Frank Brunschweiler von Telion geht davon aus, dass die aktuelle Diskussion auf offene Projekte und die Planung von zukünftigen Einsatzgebieten einen Einfluss haben wird: «Schlussendlich geht es ja darum, dass der DS-Betreiber die rechtzeitige und vollständige Ausstrahlung der Werbeblöcke seinen Werbekunden garantieren kann. Es bleibt zu hoffen, dass die Ersteller von DS-Infrastruktur ihre Entscheide mit einem mittelfristigen Ausblick beurteilen und die Werbekunden aufgrund der aktuellen Situation keinen Abstand von digitaler Werbung nehmen.»


Rebekka Lanter von Secomp meint derweil: «Bei der Planung digitaler Informationsflächen denken die Leute nicht an die Stromversorgung. Ausserdem verbrauchen moderne LED-Wände im Gegensatz zu früheren Displays wenig Energie.» Auch Andy Nigg von Littlebit führt die Energieeffizienz ins Feld: «Die Energieeffizienz von Displays war in der Vergangenheit kein gewichtiger Faktor. Eine kräftige Hintergrundbeleuchtung verursacht den grössten Energiebedarf bei den klassischen Flüssigkristall-Anzeigen.»

Optimistischer Blick in die Zukunft

Trotz der allgemein herausfordernden Lage zeigen sich die Distributoren für den weiteren Geschäftsverlauf zuversichtlich, wenn teilweise auch vorsichtig. So rechnet etwa Frank Brunschweiler von Telion damit, dass kleinere Projekte trotzdem realisiert werden, es jedoch bei grösseren Investitionen zu Verzögerungen von bis zu zwölf Monaten kommen kann. Derweil erklärt Giordano Sticchi von Mobilepro: «Wir gehen davon aus, dass die Entwicklung aus dem zweiten Quartal auch über die Sommermonate Juli und August feststellbar ist. Wir spüren allerdings jetzt schon in der ersten Hälfte September eine Steigerung der Nachfrage (Anm.d.Red.: Die Fragen wurden in der ersten Septemberhälfte gestellt). Es deutet vieles darauf hin, dass die wegen dem Mangel an Produkten entstandenen Verzögerungen zu einem guten Teil wieder wettgemacht werden. Wir rechnen mit einer starken Nachfrage bis zum Jahresende.» Ähnlich schätzt Fabian Brockhage von AV Distribution die Lage ein: «Ich denke, dass gegen Ende des Jahres wieder vermehrt in Large Format Displays investiert werden könnte, weil Projekte, die in den vergangenen Monaten beziehungsweise Jahren verschoben wurden, umgesetzt werden. Dies ist einerseits auf eine Verbesserung in den Lieferketten zurückzuführen und andererseits sind allenfalls noch offene Budgetposten vorhanden, die noch investiert werden müssen.» Auch Rebekka Lanter von Secomp geht erfahrungsgemäss davon aus, dass im vierten Quartal 2022 zusätzliche Aufträge eingehen könnten, «weil die Abteilungen ihr Budget aufbrauchen wollen». So oder so meint die Product Managerin von Pro AV: «Bei uns sind etliche Projekte pendent, was uns sehr freut. Und nach wie vor sind wir laufend mit Anfragen und Ausschreibungen beschäftigt.»


Daneben kann sie sich gut vorstellen, dass neuere Technologien mit geringerem Stromverbraucht zunehmend gefragt sein werden. Auch bei Mobilepro beobachtet man diese Entwicklung, so Giordano Sticchi: «Die Anwender sind auf das Thema sensibilisiert und berücksichtigen vermehrt Produkte mit geringem Energieverbrauch. Die Hersteller, die seit Jahren in diesem Bereich investieren und bei denen die Nachhaltigkeit im Zentrum ihrer Aktivitäten steht, sind in Zukunft klar im Vorteil.» Und Andy Nigg von Littlebit meint zu diesem Thema: «Bildschirme könnten dank diversen Technologien auch effizienter werden. Dazu zählen Helligkeits- und Bewegungssensoren, optische Veredelung, intelligente flächengesteuerte Hintergrundbeleuchtung etcetera.» Dabei geht er davon aus, dass die Gesamtfläche der Displays sich weiter steigern wird, betont aber auch: «Je nach regulatorischen Rahmenbedingungen könnte sich die tägliche Betriebsdauer eventuell verändern. Egal ob Beleuchtung, Bildschirm, PC etcetera, wenn ein Gerät nicht genutzt wird, gibt es wenig Gründe, wieso Energie verpufft werden soll.»
(abr)


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