Der Konkurs von Steg und Co.: Das sagt die Branche
Quelle: Steg

Der Konkurs von Steg und Co.: Das sagt die Branche

Nachdem vor Wochenfrist bekannt wurde, dass die PCP.com-Gruppe vor dem Aus steht, hat "Swiss IT Reseller" bei Lieferanten und Mitbewerbern nachgefragt, wie überraschend das Aus kam, welche Konsequenzen es für das eigene Geschäft hat und warum es nicht zu einer Übernahme kam. Ausserdem haben wir mit Branchenexperte David Morant von Carpathia gesprochen.
15. September 2023

     

Heute vor einer Woche wurde bekannt, dass die PCP.com-Gruppe vor dem Konkurs steht und die Läden sowie Onlineshops von Steg Electronics, Techmania oder PC-Ostschweiz sowie die deutschen und österreichischen Ableger Comstern.de und Comstern.at per sofort schliessen. Das Aus der Gruppe und seiner Marken kam einigermassen überraschend, schien die sicherlich nicht ganz einfache Integration von Steg Electronics doch gut gelungen zu sein. Die Gruppe zeigte sich innovativ sowohl im Retail als auch online und war laut eigenen Angaben auch profitabel unterwegs – vom branchenweit schwierigen Jahr 2022 einmal abgesehen.

Lieferanten nicht völlig überrascht

Für gewisse Vertreter der Branche scheint das Aus allerdings nicht ganz so plötzlich gekommen zu sein. So erklärt Stefan Ebnöther, CEO von Littlebit Technology, auf Anfrage von "Swiss IT Reseller", dass man vom Aus der Gruppe leider nicht vollkommen überrascht wurde. Ebnöther: "Nach der Pandemie hat sich die Lage auf dem Markt noch einmal verschärft. Es war allen klar, dass Handelsunternehmen vor grossen Herausforderungen stehen würden. Als langjähriger Partner von Steg/PCP haben wir kontinuierlich versucht, das Beste aus der Situation zu machen und wo immer möglich Unterstützung anzubieten. Das bittere Ende konnte jedoch nicht vermieden werden." Und Stefan Ebnöther fügt an: "Hier verabschieden sich ehemals etablierte Marken im Handel. Obwohl den meisten Marktteilnehmern bewusst ist, dass dies im Zuge der anhaltenden Globalisierung und Konsolidierung im IT-Handel geschehen wird, überkommt einen dennoch ein betrübtes Gefühl, wenn es tatsächlich eintritt."


Auch bei der Competec-Gruppe – mit Alltron als Lieferant einerseits und Brack.ch als Mitbewerber von PCP.com andererseits – scheint sich die Überraschung in Grenzen gehalten zu haben. "Der Schweizer Elektronikhandel ist on- wie offline seit Jahren einer Konsolidierung unterworfen. Dass dabei irgendwann auch etablierte Akteure aufgeben müssen, war eine Frage der Zeit", heisst es aus Mägenwil. Die Distributoren TD Synnex sowie Also Schweiz wollten respektive konnten zum Aus keine Stellung nehmen, bei Ingram Micro blieb eine Anfrage unbeantwortet.

Betroffen eher auf zwischenmenschlicher denn auf wirtschaftlicher Ebene

Auf Mitbewerberseite scheint man derweil weniger mit der Aufgabe des Konkurrenten gerechnet zu haben. So lässt Digitec vermelden, dass das plötzliche Aus überraschend kam, und auch die Coop-Gruppe – genauer gesagt Interdiscount und Microspot.ch – erklärt, dass die "Einstellung der Geschäftstätigkeiten in dieser Form überraschend kam". Keine Stellung nehmen mochte hier Media Markt.

Einschneidende Konsequenzen für die Lieferanten wird das Verschwinden von Steg, Techmania und Co. allerdings nicht haben. Das bestätigt auch Branchenexperte David Morant von Carpathia (siehe Interview am Ende dieses Artikels). Trotzdem erklärt Stefan Ebnöther, dass das Verschwinden der PCP.com-Gruppe für Littlebit als Distributor vor allem eine stärkere Abhängigkeit von einzelnen Händlern bedeute, aber auch eine Reduzierung der Vielfalt im Etail- und Retail-Kanal. Gleichzeitig fügt Ebnöther an: "Wir erwarten, dass das Volumen sich auf andere Händler verlagern wird. In der Schweiz steht Endkonsumenten weiterhin eine breite Auswahl an Bezugsquellen für die von uns vertriebenen Marken zur Verfügung. Das Ende der PCP.com-Gruppe betrifft uns mehr auf zwischenmenschlicher Ebene als aus wirtschaftlicher Sicht."


Seitens Competec sieht man vor allem Konsequenzen für die Konsumenten, denn für sie würden Marken und Anlaufstellen wegfallen, die sich ihren guten Namen teilweise über Jahrzehnte erarbeitet hätten. "Die PCP.com-Gruppe ist eines der grösseren Unternehmen im Schweizer Elektronikhandel, das unabhängig ist von den Grossverteilern", so Sprecher Daniel Rei. Doch auch für Alltron als Distributor werde der Ertragsausfall zu spüren sein, fügt Rei an, denn die PCP.com-Gruppe sei eine langjährige, bedeutsame Kundin gewesen. Digitec lässt kurz und knapp wissen, dass das Ende des Mitbewerbers keinen Effekt habe auf die eigenen Pläne, und seitens Interdiscount/Microspot.ch heisst es: "Der Markt bleibt weiterhin sehr umkämpft mit verschiedensten Marktteilenehmern, daher wird sich der Wettbewerb nicht wesentlich verändern."

Keine Kommentare zu möglicher Übernahme

Im Zuge des Aus bei der PCP.com-Gruppe erklärte Firmeninhaber Lorenz Weber auch, dass man in den vergangenen Monaten bei der Suche nach Lösungen auch mit Mitbewerbern über eine mögliche Übernahme verhandelt hatte und dass die Verhandlungen "teils weit fortgeschritten waren". Mit welchen Mitbewerbern verhandelt wurde, dürfte aufgrund des überschaubaren Marktes mehr oder weniger auf der Hand liegen – umso mehr hätte uns interessiert, weshalb eine Übernahme nicht zustande kam. Allerdings zeigen die Akteure sich hier zugeknöpft. Media Markt mit seinem eigenen Filialgeschäft ein direkter Konkurrent von Steg, liess unsere Fragen wie erwähnt unbeantwortet. Interdiscount und Microspot.ch liessen immerhin wissen, dass man zu möglichen Übernahmegesprächen keinen Kommentar abgeben wolle, und Competec-Sprecher Daniel Rei lässt wissen, dass – falls solche Gespräche stattgefunden hätten – darüber Stillschweigen vereinbart wurde. Keine Übernahmegespräche geführt habe derweil Digitec, lässt schliesslich Sprecher Tobias Billeter ausrichten.


Und damit wird die Vielfalt im Schweizer ICT- und CE-Retail und Onlinehandel wohl endgültig und mit einem Schlag um mehrere renommierte Anbieter respektive Marken und letztlich Einkaufsoptionen ärmer.

Interview: "Klar war die Abhängigkeit gross"

"Swiss IT Reseller" hat zum Konkurs der PCP.com-Gruppe auch mit David Morant sprechen können. David Morant ist Senior Digital Business Consultant & Co-Owner des auf E-Commerce und Omnichannel spezialisierten Beratungsunternehmens Carpathia.

"Swiss IT Reseller": Herr Morant, wie überraschend kam für Sie respektive für Carpathia das Aus bei der PCP.com-Gruppe?
David Morant: Insgesamt kommen Filial- und Unternehmensschliessungen im Bereich Heimelektronik im Jahr 2023 für uns nicht überraschend. Dies war eine meiner Hypothesen für dieses Jahr, über die wir im Januar in unserem Firmenblog geschrieben haben. Der konkrete Zeitpunkt allerdings war durchaus überraschend. Im Vergleich zu den Coop-Formaten Interdiscount, Fust oder Microspot und auch zu Brack.ch verfügte die PCP.com-Gruppe als unabhängiges Unternehmen über weniger Marktmacht und finanzielle Mittel.


Laut Inhaber Lorenz Weber ist es primär darum zum Konkurs gekommen, weil Allianz Trade der PCP.com-Gruppe Kreditlimiten gestrichen hat. Wie lautet Ihre Einschätzung hierzu?
Dies wird durchaus das ausschlaggebende Ereignis des Konkurses sein. Dass es aber soweit gekommen ist, hängt mit dem sehr schwierigen und tiefmargigen Marktumfeld zusammen und einer mutmasslich zu tiefen Liquiditäts- und Eigenkapitalquote. Eine teure und langwierige Herausforderung der Gruppe war die Integration des Steg-Geschäfts mit dem Filialgeschäft und anderen IT-Infrastrukturen.

Hat sich die PCP.com-Gruppe nicht in eine etwas gar grosse Abhängigkeit von Allianz Trade begeben? Was hätte das Unternehmen hier anders oder besser machen können?
Klar war die Abhängigkeit gross. Es gibt aber fast keine Alternativen auf diesem spezifischen Versicherungsmarkt. Das Problem war die tiefe Ertragskraft bei gleichzeitig hoher Kapitalintensität, sodass die Gruppe auf die Lagerfinanzierung durch die Lieferanten angewiesen war. Im Endeffekt war die Liquidität zu tief und dringend benötigtes frisches Eigenkapital konnte nicht aufgetrieben werden.

Laut Lorenz Weber wurden Gespräche mit Mitbewerbern über eine Übernahme geführt – leider ohne Ergebnis. Warum hat Ihrer Meinung nach kein Mitbewerber Interesse am Unternehmen gezeigt?
Ich kann hier nur spekulieren, vermute aber, dass das Geschäftsfeld strategisch zu wenig aussichtsreich war – in Verbindung mit einem grossen Integrationsaufwand und gegebenenfalls zu hohen Risiken und Verbindlichkeiten. Der Heimelektronik-Handel ist ein knallhartes Business mit einstelligen Margen. Da können sich nur noch ganz wenige Anbieter behaupten.

Auch ein Investor wurde vergebens gesucht. Ist ein Schweizer IT- und CE-Händler mit 100 Millionen Jahresumsatz für einen Investor schlicht zu wenig spannend?
Das ist wohl so. Die grossen Mitbewerber Digitec, Coop und Brack.ch sind in allen Bereichen besser aufgestellt. Dank höherer Volumina können sie bessere Einkaufspreise erzielen, um so am Markt kompetitiv zu sein.

Welche Auswirkungen wird das Aus der PCP.com-Gruppe Ihrer Meinung nach auf den Schweizer IT- und CE-Handel ganz grundsätzlich haben?
Die Auswirkungen werden relativ gering sein. Die 100 Millionen Franken Umsatz werden zu grossen Teilen auf die verbleibenden grossen Händler Digitec, Microspot und Interdiscount sowie Brack.ch verteilt. Alltron als grösster Schweizer Distributor im Bereich Heimelektronik wird mutmasslich Umsätze verlieren. Als Teil der Competec-Gruppe gibt es da wohl eine Verschiebung zum eigenen B2C-Kanal Brack.ch. (mw)


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