Peoplefone: «Peoplefone ist unsere zweite Familie»
Quelle: Peoplefone

Peoplefone: «Peoplefone ist unsere zweite Familie»

Das Gründerehepaar Beaud blickt auf die Anfänge und Herausforderungen des V­oIP-­Anbieters Peoplefone zurück – ein ehemaliges Start-up, das heute über 100 Mitarbeitende beschäftigt und nebst der Schweiz in sechs weiteren Ländern tätig ist.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2024/10

     

Der Schweizer Telekomprovider Peoplefone war bei seiner Entstehung im Jahr 2005 eines der ersten Unternehmen, das Telefonie über das Internet ermöglichte. Die Räumlichkeiten an der Albisstrasse in Zürich, die früher vermutlich als Wohnung genutzt wurden, sind funktionell eingerichtet und es ist ruhig, obwohl ein paar Entwickler anwesend sind, als Christophe und Danette Beaud – das Gründerehepaar von Peoplefone – «Swiss IT Reseller» zu einem ihrer seltenen Interviews empfangen. Peoplefone wurde von Christophe Beaud als VoIP-Start-up in der Limmatstadt gegründet, seine Frau stiess etwas später dazu. «Die Technik wurde damals teilweise in Kanada programmiert, die Hardware bestellte man in China», blickt Danette Beaud-Stump auf die Anfänge zurück. Um Weihnachten 2007 habe ihr Mann sie gefragt, ob sie ihm ein wenig beim Marketing helfen könne. «Ich hatte gerade unser drittes Kind bekommen und wollte eigentlich eine Pause machen», erinnert sie sich. Doch sie blieb und nennt Peoplefone heute «unsere zweite Familie.» Zum Start arbeiteten zwei Mitarbeiter für das Jungunternehmen, heute sind es in der Schweiz 30, international mehr als 100 Mitarbeitende, die für den VoIP-Anbieter tätig sind.

«Etwas mit VoIP machen»

Vor der Gründung von Peoplefone, 2004, überlegte Christophe Beaud, welche Richtung er beruflich einschlagen wollte. «Da kam ein Kollege zu mir und meinte, man könnte etwas mit VoIP machen», erzählt Christophe Beaud, «und ich dachte: why not?» Dieser Kollege sei heute noch ein kleiner Investor, doch die damals notwendigen finanziellen Investitionen und die operative Leitung übernahm Beaud. Doch wie kommt man als HSG-Absolvent, Finanzchef und nach zehn Jahren im Foodbusiness auf die Idee, ein VoIP-Start-up zu gründen? Schon als Teenager sei er von Elektronik fasziniert gewesen und habe alles auseinander- und wieder zusammengebaut, so der Walliser. «Ich habe damit sogar Geld verdient, indem ich Fernseher für Freunde der Eltern reparierte», erzählt er schmunzelnd. Hinzu kam, dass er mit einem mitbegründeten Start-up, das Surf-
EU hiess und 2001 verkauft wurde (siehe Hintergrundbox), bereits Erfahrung mit einem Internetanbieter gesammelt hatte. «2003 kam dann Skype auf und ich dachte, man könnte etwas mit Internettelefonie machen», so Christophe Beaud.
Zum Unternehmen
Peoplefone wurde 2005 in Zürich als Start-up gegründet, im Sommer 2025 feiert der VoIP-Anbieter sein 20-jähriges Bestehen. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen mehr als 100 Mitarbeitende, 30 davon in der Schweiz, zudem arbeitet Peoplefone heute eng mit 850 Installations­partnern zusammen. Nebst Büros in Zürich und Lausanne verfügt People­fone in sechs weiteren Ländern über Tochtergesellschaften: in Deutschland, Österreich, Frankreich, Polen, Litauen und in der Slowakei. Ausserdem ist das Unternehmen ein registrierter Telekomanbieter in Italien, Spanien, Holland, Belgien und Luxemburg.

Am Anfang war das USB-Phone

Das erste Gerät, das Peoplefone auf den Markt brachte, hiess Peoplefone USB Phone und wurde per USB-Adapter an den Computer angeschlossen. Christophe Beaud hatte dank seines früheren Start-ups Beziehungen zu Media Markt und so wurde das Peoplefone USB Phone schliesslich beim Elektronikhändler verkauft – zunächst in der Schweiz, dann auch in Österreich. Damals mussten die Nutzer noch eine Software über eine CD installieren, damit das Gerät funktionierte. Zu Zeiten von Skype wichtig: Das Peoplefone USB Phone war kompatibel mit dem internetbasierten Instant-Messaging-Dienst. «Er tüftelte Tag und Nacht daran, bis es funktionierte», erzählt Danette Beaud lächelnd. Ihr Mann habe alles drumherum selbst gemacht, vom Logo bis zur Verpackung.

Die erste VoIP-App für iPhones

Vier Jahre nach der Gründung sowie zwei Jahre nach der ersten iPhone-Generation kam dann eine VoIP-App für iOS. «Die erste VoIP-App für iPhones in der Schweiz haben wir gelauncht», erzählt Danette Beaud mit etwas Stolz in der Stimme. Dabei war auch Zufall im Spiel: In den Anfangszeiten des iPhones entwickelte eine Prager Firma Apps für das neuartige Gerät von Apple. «Diese Firma gehörte einem Walliser», sagt Christophe Beaud. Die beiden Walliser spannten zusammen und wollten eine Alternative zu den zur damaligen Zeit noch enorm hohen Roaminggebühren bieten. 2009 lancierte Peoplefone schliesslich die Peoplefone-VoIP-App. Die iOS-App ist damals laut Peoplefone mehr als 10’000 Mal heruntergeladen worden. «Viele nutzten diese App in den Ferien, um Roaminggebühren zu sparen», so Danette Beaud. Mit der App sei in erster Linie aber die Bekanntheit des Unternehmens in der Schweiz «rasant gewachsen». Die Walliser Zeitung «Nouvelliste» veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel «Der Walliser, der Swisscom konkurrenzieren möchte». Ein Artikelexemplar hängt noch heute eingerahmt im Zürcher Peoplefone-­Büro.

Lehrgeld bezahlt

Zwar war man als kleines Team bei Peoplefone sehr flexibel und konnte bei Bedarf rascher eine neue Richtung einschlagen, als das bei einem Telco-Riesen möglich ist. Doch das Gründerehepaar zahlte auch einiges an Lehrgeld. «Wir haben vieles ausprobiert», so Danette Beaud. Einmal buchten sie einen Monat lang Plakatwerbung in der Region zwischen Zürich und Sihlbrugg. «Es brachte nichts», erinnert sie sich schmunzelnd. Ein weiterer Fehler sei gewesen, dass man zu Beginn nur auf Privatkunden gesetzet habe. «Wir lernten dann, dank zufriedener Privatkunden, die ihre eigene Firmen hatten und Peoplefone auch geschäftlich nutzen wollten, dass wir uns besser auf Business-Kunden fokussierern sollten», erinnert sich Christophe Beaud. 2009 wechselte Peoplefone darum vom B2C- zum B2B-Geschäft.
Ausserdem habe man zunächst gedacht, man könne das VoIP-Angebot direkt verkaufen, doch im Vergleich zum grössten Schweizer Telco hatte das kleine, noch junge Unternehmen einen schweren Stand. «Schliesslich merkten wir: wir müssen mit Partnern zusammenarbeiten», ergänzt der Walliser. Heute arbeitet der Schweizer Provider im B2B2B-Geschäft für Telefon- und Kommunikationslösungen eng mit 850 Installationspartnern zusammen. Für diese werden jährlich circa 50 Weiterbildungsveranstaltungen in der Deutsch-, Westschweiz und im Tessin durchgeführt.

Entwicklung in der Schweiz

Doch trotz bezahltem Lehrgeld: Das Ausprobieren, Strategie ändern und Dranbleiben scheint sich gelohnt zu haben. Im Telekom-Rating der Zeitschrift «Bilanz» landet Peoplefone seit Jahren immer wieder unter den Top 3. 2024 ergatterte die Zürcher Firma im Geschäftskunden-Ranking sowohl bei den Mobilfunkanbietern als auch im Bereich Festnetztelefonie für Businesskunden den zweiten Platz. Auch bei «Swiss IT Reseller» ist Peoplefone eine bekannte Grösse: 2023 gewann der VoIP-Anbieter den «Swiss IT Reseller»-Hersteller-Award in der Kategorie Telcos und ISPs, und zwar mit der sehr hohen Gesamtnote 5,55.

Diese guten Ratings kommen sicher auch daher, dass sich Peoplefone heutzutage darauf konzentriert, für seine Geschäftskunden die Peoplefone-VoIP-Plattform kontinuierlich zu optimieren und zu erweitern. Die Peoplefone-Plattform ist nach eigenen Angaben mit sämtlichen Telefonanlagen und Endgeräten kompatibel. Weitere Produkte sind zum Beispiel Peoplefone Internet, People­fone Mobile oder Peoplefone Datasim. Ein Team aus circa 20 Software-Entwicklern sorgt für die Weiterentwicklung der hauseigenen Lösungen – die Entwicklung findet komplett in der Schweiz statt. «Wir machen alles in-house und wir möchten organisch wachsen», so Christophe Beaud. Auch die Datencenter befinden sich im Land und Kundendaten werden somit in der Schweiz gespeichert.


Doch Peoplefone ist nicht nur in der Schweiz tätig. Die Unternehmensgruppe mit Auslandsniederlassungen entstand schon sehr früh. 2006 gründete Peoplefone eine Tochterfirma in Österreich und ein Jahr darauf eine in Polen. Heute verfügt der VoIP-Anbieter über Tochtergesellschaften in sechs Ländern, nebst den bereits genannten in Deutschland, Frankreich, Litauen und der Slowakei. Des Weiteren ist das Unternehmen ein registrierter Telekomanbieter in Italien, Spanien, Holland, Belgien und Luxemburg.

Schweizer Sackmesser für VoIP-Lösungen

Trotzdem legt das Zürcher Unternehmen nicht die Füsse hoch. «Wichtig für die Zukunft ist die Integration mit anderen Systemen», so Christophe Beaud. Doch auch im Hier und Jetzt ist Peoplefone fleissig: Im Frühling 2024 lancierte der Telekommunikationsanbieter sein eigenes Mobil-­Angebot namens Peoplefone Mobile. Peoplefone Mobile gibt es in drei Varianten, die Abos richten sich ausschliesslich an Geschäftskunden und der Vertrieb wird von Installationspartnern übernommen. Letztere haben neu die Wahl, die Mobile-Leads zur Abwicklung komplett an Peoplefone zu übergeben oder die Mobile-Abos selber auf der Peoplefone-Installationsplattform in den Konten ihrer Kunden zu aktivieren. Ebenfalls noch jung ist ein Angebot rund um Peoplefone Internet, wo es Managed Services in Form eines überwachten Routers gibt. Auch bei den Managed Services erledigen Partner den Vertrieb, das proaktive Monitoring übernimmt jedoch Peoplefone.


Doch was, wenn ein KMU keine individuelle VoIP-Integration, sondern eine simple Anlage haben möchte, um einfach «nur» zu telefonieren? Peoplefone sieht sich als «Schweizer Sackmesser für massgeschneiderte VoIP-Lösungen». «Bei der Beratung und bei der Installation aller unser Lösungen steht der Installationspartner zusammen mit den Bedürfnissen seiner Kunden im Zentrum», erklärt Danette Beaud. Schlussendlich würden sie entscheiden, was für sie jeweils die passende Lösung sei. «Wir als Provider stehen für alle Lösungen als neutraler Communications-Facilitator zur Verfügung», fasst Danette Beaud zusammen.

Gründerehepaar Beaud

Quelle: Peoplefone
Christophe Beaud, geboren in Sierre VS, ist Gründer, Besitzer und CEO von Peoplefone. Der Walliser – Unterwalliser, wie er betont –, dessen Muttersprache Französisch ist, ging mit 20 Jahren nach St. Gallen, um an der HSG Wirtschaft zu studieren – obwohl er praktisch kein Deutsch sprach. Nach seinem HSG-Abschluss (Finanz- & Rechnungswesen) folgte noch ein MBA des Chicago GSB (Booth School of Business). Danach war er zehn Jahre in der Food­branche tätig, zunächst als Cost Accounting Manager bei Jacobs Suchard (1992-1994), dann als CFO von Knorr/Bestfoods (1994-1999). 1999 begründete er SurfEU mit, einen europäischen Internetanbieter. Das Start-up wurde 2001 mit 1,5 Millionen Abonnenten in fünf Ländern an Tiscali verkauft. Christophe Beaud legte anschliessend ein langes Sabattical ein und reiste durch Amerika sowie Asien. Zwischen 2002 und 2004 tätigte er diverse Investments und war in der Finanzberatung tätig. 2004 begann er mit People­fone, bevor das Unternehmen 2005 offiziell in Zürich gegründet wurde.


Seine zukünftige Frau Danette, geboren in Wattwil SG, lernte er über gemeinsame Freunde der HSG kennen. Sie spezialisierte sich dort auf Marketing (Absatz & Handel). Danette Beaud-Stump stammt aus einer Unternehmerfamilie. Nach dem HSG-Studium zog es sie zum Pharmaunternehmen Roche, wo sie Karriere machte (1993-2000). 2000 sei es gerade für ein Roche-Produkt nicht so gut gelaufen, da rief Beaud an, er brauche dringend Personal für sein Start-up (SurfEU). Dort übernahm sie die Funktion als E-Commerce Managerin. Nach dem Verkauf von SurfEU war Danette Beaud in einem Familienunternehmen tätig und führte ab 2002 in einem Hotel 50 Mitarbeiter. Dieses wurde Ende 2007 verkauft, eine Woche danach stiess sie zum Start-up Peoplefone. Das Gründerehepaar des VoIP-Anbieters ist seit 2003 verheiratet und hat drei bereits erwachsene Kinder.


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