Vergangene Woche hat der Informatikrat Bund ein Strategiepapier über den Einsatz von Open-Source-Software (OSS) in der Bundesverwaltung bis ins Jahr 2007 veröffentlicht. Auch wenn das 26-seitige Papier keine wirklich konkreten Neuerungen enthält, so ist immerhin absehbar, dass die Bedeutung von freier Software in Bern während der nächsten Jahre zunehmen wird – und das von den Servern über die Datenbanken bis hin zu den Client-Arbeitsplätzen.
Open Source Software, so heisst es, könne einen Beitrag dazu leisten, dass die internen Leistungserbringer des Bundes ihren Auftrag wirtschaftlich und in einwandfreier Qualität erbringen könnten. Eine Situationsanalyse habe ausserdem gezeigt, dass das Angebot an OSS-Software im Markt stark zugenommen habe.
Grundsätzlich sieht das ISB (Informatikstrategieorgan Bund) eine «Gleichbehandlung» von offener und geschlossener Software in der Beschaffung vor. Beide Software-Typen sollen demnach «nach denselben Grundsätzen» auf ihre Einsatztauglichkeit hin geprüft werden.
OSS auf die Sprünge helfen
Für den vermehrten OSS-Einsatz in der 30’000 Arbeitsplätze umfassenden Bundesverwaltung sollen ferner bessere Voraussetzungen in den Bereichen Standardisierung, Organisation und Ausbildung geschaffen werden. So soll etwa für bereits eingesetzte Produkte wie den Apache-Webserver oder Linux als Server-OS der formale Prozess der Zulassung als Standardprodukt in die Wege geleitet werden.
In Sachen Ausbildung ist geplant, die fachliche Kompetenz der bundeseigenen Support-Organisationen zu vertiefen. Daneben ist die Erweiterung des Schulungsangebotes vorgesehen: «Entsprechend der heute vorgenommenen Microsoft-Zertifizierung sollen unsere Mitarbeitenden dereinst im OSS-Umfeld ausgebildet und zertifiziert werden», sagt Dieter Klemme, Projektleiter Open Source Strategie des ISB in Bern.
Linux unterwegs auf den Desktop
Interessant ist auch, dass in dem Papier Linux als «potentieller zukünftiger Standard» als Arbeitsplatz-Betriebssystem erwähnt wird. Entsprechende Pilotprojekte sollen fortan denn auch bevorzugt genehmigt werden, heisst es. «Wir haben ganz klar ein Interesse daran, Linux auf dem Desktop in Betracht zu ziehen, was jedoch nicht einfach sein wird», so Klemme zu IT Reseller.
Ein solcher Schritt bringe nämlich auch Risiken mit sich, die von den Benutzern mitgetragen werden müssten. Gegenwärtig ist auf allen Arbeitsplätzen der Verwaltung die eine oder andere Version von
Microsoft Windows anzutreffen. «Unsere gute und intensive Partnerschaft mit Microsoft hindert uns aber nicht daran, für gewisse Bereiche nach Alternativen Ausschau zu halten», fügt Klemme bei.
Microsoft bleibt vorerst gelassen
Nicht allzu beeindruckt von der möglichen Bedrohung zeigt sich derweil Markus Lengacher, Director Public Services von
Microsoft Schweiz: «Ich bin überzeugt, dass wir dem Bund dank unserem Entwicklungsbudget von über 6 Milliarden Dollar auch im Jahr 2007 eine gute Plattform auf dem Desktop werden bieten können», sagt er.
Überhaupt zeige das Strategiepapier deutlich, so Lengacher, dass unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes noch gewisse Unsicherheiten über freie Software in Bezug auf Weiterentwicklung sowie Rechtssicherheit bestünden. Nachdem die Open-Source-Diskussion in der Vergangenheit in den Medien oft «emotional» geführt worden sei, stelle das Papier eine willkommene Versachlichung dar.
Lengacher gibt auch zu bedenken, dass die vom Bund angestrebte Plattform-Vielfalt nicht zwingend einen kostenreduzierenden Faktor darstelle: «Anzustreben wäre vielmehr eine Harmonisierung». Es ist wohl selbsterklärend, dass diese aus der Sicht des Redmonder Software-Riesen auf der Basis von dessen Produkten erfolgen sollte. (bor)