Bereits im Frühjahr hatte
MSM Research vorausgesagt, dass der Outsourcing-Markt in der Schweiz dieses Jahr mit 7,6 Prozent rund doppelt so schnell wachsen werde wie der ICT-Gesamtmarkt. Diesen Trend bestätigt nun eine neue Untersuchung von IDC. Die Marktforscher erwarten, dass in der Schweiz die Investitionsbereitschaft im IT-Services Bereich leicht anzieht und besonders in den Segmenten Systemintegration und IT-Outsourcing investiert wird.
Wie Studienleiter Marius Jost präzisiert, wurden in der Schweiz 2003 mit Outsourcing 1,597 Milliarden Dollar umgesetzt. Laut der Prognose sollen es bis in fünf Jahren 2,2 Milliarden werden. Für Gesamteuropa heissen die entsprechenden Zahlen 128,242 resp. 163,78 Milliarden Dollar.
Unter den IT-Dienstleistungen belegt Outsourcing in der Schweiz mit 34 Prozent den grössten Marktanteil vor «Deploy und Support» mit 26 Prozent und «System Integration» mit 22 Prozent. Damit dürfte das Outsourcing-Geschäft einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des IT-Service-Marktes leisten. Jost geht bis 2008 von einem jährlichen Wachstum von «mindestens fünf Prozent» aus.
Einer der Gründe dafür liegt darin, dass IT-Infrastrukturen zunehmend standardisiert und allgemein verfügbar sind. Mit der IT kann sich ein Unternehmen heute kaum noch von der Konkurrenz abheben. Ein störungsfreier und kostengünstiger Zugang ist zwar nach wie vor entscheidend, aber das sind Stromversorgung und der Zugang zum öffentlichen Verkehr auch, ohne dass ein Unternehmen deshalb gleich eine Eisenbahnlinie oder ein eigenes Kraftwerk betreiben muss. Unternehmen lagern daher immer öfter IT-Infrastrukturen und Prozesse aus.
Outsourcing ist nicht gleich Outsourcing
Dass Outsourcing bei den IT-Dienstleistungen die höchsten Wachstumsraten aufweist, belegt auch eine Studie der Meta Group. Dabei macht das IT- Infrastruktur-Outsourcing mit 85 Prozent den Hauptanteil aus. Daran wird sich laut der Studie in den nächsten Jahren nichts ändern, obwohl Application Outsourcing und Business Process Outsourcing an Bedeutung gewinnen werden.
Neben Application Outsourcing – als typisches Beispiel gilt die weit verbreitete Auslagerung von
SAP R/3 – steht auch Application Management Outsourcing in Diskussion. Hier verbleibt die Lizenz beim Anwender, während der Dienstleister Entwicklung, Implementierung, Hosting, Support und Migration der Anwendung übernimmt. Da die Infrastruktur beim Kunden verbleibt, ist die Abhängigkeit vom Dienstleister geringer, und die Ressourcen der IT-Abteilung können trotzdem verringert werden.
Eher strategisch ausgerichtet ist das Business Process Outsourcing. Ziel ist eine Verringerung der Leistungstiefe, die «dritte Revolution der Wertschöpfung», wie Fink, Köhler und Scholtissek im gleichnamigen Buch ausführen: Nach der Erhöhung der Produktivität und der Verringerung der Fertigungstiefe könnten so neue Kostenvorteile realisiert werden. Die heute schon zu beobachtende Tendenz zur Auslagerung von Personalwesen, Finanzbuchhaltung, Kredit-Management, Risiko-Management, Inkasso oder Beschaffung wird in Zukunft wohl verstärkt auch vertikale Segmente umfassen.
Anbieter wie
IBM, HP, Sun und
T-Systems propagieren neuerdings zudem On-Demand-Outsourcing. Dabei müssen nur tatsächlich bezogene Leistungen bezahlt werden. Für Rechenkapazität oder Storage gibt es bereits entsprechende Modelle. Angebote für Applikationen oder Prozesse sind noch Zukunftsmusik. Voraussetzungen wären vergleichbare Preismodelle, standardisierte Bausteine und einheitliche Service Levels. Zudem müssten die Anwender die von den Anbietern definierten Standardarchitekturen akzeptieren.
Auf der Anbieterseite für Outsourcing-Projekte finden sich immer öfter auch Systemintegratoren, die versuchen, so ihr schwieriger gewordenes Kerngeschäft auszutarieren. «Der Markt ist hart umkämpft», erklärt Matthias Zacher von der Meta Group. «Die Anbieter sehen sich mit verlängerten Vertriebszyklen und Bewertungsverfahren konfrontiert. Die Kunden neigen dazu, ihre Entscheidungen immer wieder zu vertagen.»
Gefahren
Über die Vorteile von ICT-Outsourcing wie Kosteneinsparungen und die schnellere Umsetzung von Technologiepotentialen wurde viel geschrieben. Eine Untersuchung der deutschen Bank («IT-Outsourcing zwischen Hungerkur und Nouvelle Cuisine») weist aber auch auf Gefahren hin:
Als Risiko wird die schwere Umkehrbarkeit genannt. Hat die Auslagerung erst einmal stattgefunden, fehlen dem Unternehmen meist die Voraussetzungen, die Leistung kurzfristig wieder selbst zu erbringen. Unternehmen begeben sich dadurch in eine Abhängigkeit vom Dienstleister, die bei dessen Neuausrichtung im Produkt-Portfolio oder Insolvenz gravierende Auswirkungen auf die Arbeitsprozesse des Outsourcers haben können.
Weiterentwicklungen in den ausgelagerten Bereichen sind für das Unternehmen oft nicht mehr erfassbar. Und da ausgelagerte Funktionen in der Regel mit unternehmensinternen Produkten zusammengeführt werden, fallen Fehler, terminliche Versäumnisse und Qualitätsmängel des Dienstleisters in den Augen der Kunden auf das Unternehmen zurück.
Dem Wegfall von Aufgaben im Supportbereich stehen überdies neue Aufgaben im Bereich Controlling, Koordination und Adaption der eingekauften Dienstleistung an eigene Kernprozesse gegenüber. Eine nicht ausreichende Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter für diese Aufgaben kann die reibungslose Implementierung der neuen Prozesse ebenso beeinträchtigen wie unmotivierte Mitarbeiter in den bisherigen Supportbereichen und in den tangierten Kerngeschäften.
Kosten senken
Die Manager allerdings haben in erster Linie die erhofften Kosteneinsparungen im Auge: 53 Prozent der für eine weitere Studie der Meta Group befragten europäischen IT-Führungskräfte nannten dies als Hauptargument für ihre Outsourcing-Projekte. 28 Prozent davon wissen allerdings nicht, wie viel sie effektiv einsparen werden. Beunruhigend finden die Marktforscher, dass rund 40 Prozent der Befragten mehr Gewicht auf kurzfristige finanzielle Vorteile legen als auf langfristige Kostensenkungen. John Leigh, Vice President bei Meta Group, warnt: «Die Unternehmen müssen sich im Klaren sein,
dass beim Outsourcing eine Reihe zusätzlicher Kosten entstehen, die langfristig die kurzfristigen Einsparungen übersteigen können. Dazu gehören Vertragsmanagement, Beziehungsmanagement, Koordination, Integration, Rechtsschutzkosten, Training und die Kosten, die durch den Verlust der Kontrolle über die Entwicklung und Wartung von Anwendungen entstehen. Jeder dieser Punkte kann bis zu zehn Prozent der Gesamtkosten eines Outsourcing-Vertrages ausmachen.»
Ausserdem kann ein externer Dienstleister dem outsourcenden Unternehmen strategische Entscheidungen nicht abnehmen und vermag schon gar nicht, ein in Schieflage geratenes Unternehmen zu retten. Bei allen Vorteilen – ein Allheilmittel ist Outsourcing für die Unternehmen nicht, und die Anbieter sollten sich hüten, diesen Eindruck zu erwecken. (fis)
Sourcing-Babylon – die grosse Sprachverwirrung
Waren es früher die Dichter, die neue Worte erfanden, so sind es heute die Marketing Manager: Sie schufen ein ganz neues Vokabular zum Thema Sourcing. Bereits Outsourcing selber ist ein Kunstwort, das aus «out» (aussen) und «to source» (beziehen) gebildet wurde. Dazu kamen in den letzten Jahren (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Offshore Outsourcing: Ausserhalb der Küste, also Auslagerung in ein fernes Land.
Nearshore O.: In ein Nachbarland.
Onshore O.: Innerhalb des eigenen Landes.
EDS fügte noch Bestshore dazu: in das für eine Aufgabe am besten geeignete Land.
Internes und externes O.: Auslagerung in eine Tochtergesellschaft, resp. zu einem externen Dienstleister.
Rightsourcing bezeichnet eine individuell angepasste Lösung.
Taktisches O.: Auslagerung von kleineren Aufgaben.
Strategisches O.: Auslagern ganzer Geschäftsprozesse.
Transformierendes O.: Mit dem O. werden gleichzeitig neue Geschäftsprozesse eingeführt.
Selektives O. (auch Smart O., Best-of-Breed O., Outtasking): Auslagern ganzer Arbeitsprozesse oder Unternehmensteile.
Infrastucture O.: Teile der Infrastruktur werden ausgelagert, etwa Desktop O., Network O., Midrange oder Mainframe O., im Gegensatz zum Application O., das eine Anwendung betrifft, und zum kompletten O., das die gesamte IT umfasst.
Accenture hat zudem eingeführt:
Information Technology O. (ITO): Wartung und Management der IT-Infrastruktur
Business Application O. (BAO): Auslagerung von Software-Entwicklung und -Mangement.
Business Process O. (BPO): Auslagern ganzer Geschäftsprozesse.
Co-Sourcing: Mitarbeiter des Dienstleisters übernehmen Schlüsselstellungen beim Unternehmen.
On-demand-O.: Bezahlung nach Leistung.
Insourcing, Backsourcing: Macht das Ganze wieder rückgängig.