Der KMU-Flirt verzögert sich

Trotz einem für KMU geeigneten Produkt, das jetzt angekündigt wurde, startet ISS noch keine Offensive im KMU-Markt.

Artikel erschienen in IT Reseller 2004/16

   

Internet Security Systems wird vorerst keine besonderen Marketing-Aktivitäten starten, um mit der vergangene Woche angekündigten Sicherheits-Appliance M10 den Markt für kleine bis mittelgrosse Unternehmen aufzurollen. An einer Presseveranstaltung am Hauptsitz des Unternehmens in Atlanta stellte CEO Tom Noonan zwar einen etwas breiteren Fokus in Aussicht, doch wolle ISS – zumindest vorerst – das Augenmerk weiterhin auf die sogenannten «Elite Customers» legen. Darunter versteht Noonan primär Firmen mit vielen Niederlassungen auf der ganzen Welt, die grosse, komplexe und vor allem verteilte Netzwerke gebrauchen.

Produkt für unter 1000 Dollar

Zum erstenmal in ihrer Firmengeschichte hat ISS vergangene Woche mit der Security Appliance M10 ein Produkt in der Preisklasse von unter 1000 Dollar lanciert. Die Box vereint wichtige Sicherheits-Funktionalitäten wie Gateway- und Netzwerk-Firewall, Antivirus, Intrusion Prevention und VPN. Beworben wird es als kostengünstige Lösung für die Anbindung von zahlreichen Niederlassungen eines grösseren Unternehmens. Doch das Produkt wäre in hohem Mass auch für KMU mit rund 50 Mitarbeitenden geeignet und würde diesen Funktionalitäten bieten, die in Sachen Sicherheit üblicherweise Grossunternehmen vorbehalten sind.

Noch keine KMU-Strategie

«Es stimmt, dass wir noch keine geeignete Strategie haben, um in den KMU-Markt einzutreten», sagt Pim van der Poel (Bild), Director Business Management Europe von ISS in Brüssel zu IT Reseller. Für diesen Schritt brauche es primär Erfahrung und präzises Know-how. Gegenwärtig führe ISS Tests in England und Deutschland durch. Diese bestünden darin, die KMU mittels einer Marketing-Offensive auf die billigen Sicherheitsprodukte von ISS aufmerksam zu machen und so eine Nachfrage zu generieren. Die Auslieferung der Boxen besorgt ein lokaler Distributor.

Keine Distribution in der Schweiz

Gegenwärtig hat ISS in der Schweiz keine lokale Distribution. Seit dem Konkurs von Netstuff vor rund eineinhalb Jahren ist diese Funktion nicht mehr neu besetzt worden. ISS arbeite hierzulande mit rund sieben Partnern «sehr aktiv», wie van der Poel einräumt. Dazu gehören Netzwerk-orientierte Partner wie Dimension Data oder Service-orientierte wie Internetworking. Als strategische Partner kommen auf Europa-Ebene die Service-Giganten wie HP und IBM hinzu. Während ISS in der Vergangenheit vor allem in Amerika für die grosse Mannschaft mit eigenen Verkäufern bekannt war, so hat der Fokus in Europa und Asien von Beginn weg auf dem Channel gelegen. Rund 90 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in Europa über die Partner.

KMU werden zwangsläufig zum Thema

Van der Poel streitet nicht ab, dass eine lokale Schweizer Distribution schon bald wieder zum Thema werden könnte: «Je mehr wir uns mit Produkten wie dem M10 auf diesen Markt zubewegen, desto dringender werden wir auch wieder einen Security-Distributor in der Schweiz brauchen», sagt er. Die Frage stelle sich allerdings, wann ISS für diesen Schritt bereit sein werde. Bis dahin werden die spärlichen lokalen Sales-Ressourcen – ISS beschäftigt in der Schweiz mit Länderchef Claudio Nessi und Presales-Mann Peter Rossi gerade mal zwei Mitarbeiter – weiterhin für die Akquisition von Grosskunden eingesetzt. Ironischerweise trennte sich ISS vor rund einem Jahr von Channel-Manager Kurt Oswald. Damals lautete die Begründung, dass man kurz vor dem Aufbau des KMU-Business’ stehe und deshalb geeignetere Leute suche. Ein Jahr später steht der Zeitpunkt für einen Eintritt in den KMU-Markt weiterhin in den Sternen – und ISS ist bei seinen Leisten geblieben.

Van der Poel: «Security-Channel vor Veränderungen»

Im weiteren prophezeit van der Poel dem Securtiy-Channel ganz generell einen Veränderungsprozess, welcher nicht zu leicht zu durchlaufen sein wird: «Die Kunden verlangen heute zunehmend All-in-One-Lösungen. Doch die Partner bleiben grösstenteils noch beim Best-of-Breed-Ansatz, weil dieser für sie natürlich mehr Umsätze und mehr Dienstleistungen bedeutet», so van der Poel. Die Frage sei aber, wie lange die Kunden dies noch mitmachen würden, vor allem, weil inzwischen sämtliche Hersteller damit beginnen würden, alle möglichen Funktionen in eine einzige Box hineinzupacken. Security-Partner werden also zunehmend zu Box-Movern, dies auch darum, weil sich moderne All-in-One-Appliances immer einfacher installieren und verwalten lassen. «Der Wechsel im Business-Modell wird nicht über Nacht kommen, dennoch müssen die Partner damit beginnen, sich darauf einzustellen», so van der Poel. ISS wolle sie mit entsprechender Ausbildung und Sales-Werkzeugen in dieser Transition-Phase unterstützen: «Die Partner sollen merken, dass sie mit dem All-in-One-Ansatz gleich viel oder mehr Geld verdienen können. Das bedeutet zwar weniger Geld pro Box, dafür wird die Gesamtzahl abgesetzter Boxen rapid ansteigen, weil dieser Absatz in einem viel grösseren Marktsegment stattfindet.» (bor)


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