Am Red Hat Summit hat das Unternehmen seine Strategie zur Reform der Urheberrechts- und Patentpolitik vorgestellt. Patente, Copyrights und Marken, so Red-Hat-CEO Matthew Szulik, hätten ihre Bedeutung mit der Industrialisierung im vorletzten Jahrhundert erlangt. Heute könne die Gesellschaft keine Fortschritte mehr machen, ohne dass jeder dazu beitrage. Das Entwicklungsmodell des 21. Jahrhunderts, so Szulik, heisse daher Open Source. Mark Webbink, Deputy General Counsel bei Red Hat, konkretisierte diese Aussagen mit der Erläuterung der neue Software-Patentstrategie des Unternehmens.
Fedora-Stiftung
Einer der Kernpunkte bildet die Übergabe des Fedora-Projekts an eine unabhängige Stiftung. Ausserdem sollen politische Aktivitäten gegen die derzeitigen und geplanten Software-Patentrichtlinien und -gesetze und eine verbesserte Zusammenarbeit unter Software-Entwicklern auf die Wege gebracht werden.
Im Fedora-Projekt wird die zweimal pro Jahr erscheinende Linux-Distribution Fedora Core entwickelt. Diese dient als Basis für die Red-Hat-Enterprise-Produkte. In dem vor zwei Jahren gestarteten Community-Projekt trafen bisher allerdings vornehmlich die Mitarbeiter von Red Hat die Entscheidungen.
Mitarbeit erwünscht
Durch die Übergabe der Fedora-Entwicklungsarbeit und der Rechte am Quellcode an eine unabhängige, noch zu gründende Stiftung möchte Red Hat mehr Programmierer zur Mitarbeit animieren. Ausserdem sollen Kritiker beruhigt werden, die den Einfluss des Distributors auf das Fedora-Projekt als zu gross erachteten und in Red Hat einen Wolf im Open-Source-Schafspelz sehen.
Mit der Abgabe an die Stiftung wolle Red Hat sein Engagement für Fedora aber keinesfalls einschränken, erklärte Webbink. Geplant sei vielmehr, auch weiterhin finanzielle und technische Unterstützung zu leisten. Fedora bleibe die Basis für eigene Produkte. Kurz zuvor hatte Red Hat parallel zur Ankündigung des Directory Servers (siehe Kasten) das Fedora Directory Server Project gestartet. Mit diesem soll die Netscape-Software weiter entwickelt werden, die Red Hat im September vergangenen Jahres mit dem Kauf von Netscape Enterprise Solutions erworben und anschliessend unter der GPL veröffentlicht hatte.
Anti-Patent-Bemühungen
Auch sein politisches Engagement gegen die Einführung von Software-Patenten in Europa will der Distributor fortsetzen. Zudem ruft er zu einer Reform des Urheberrechts in den USA auf. Patentanträge sollen in den USA in Zukunft genauer geprüft und deutlicher von einer eigentlichen Erfindung abhängig gemacht werden. Zudem erhofft man sich eine einfachere Anfechtung fraglicher Patentanträge oder bereits erteilter Patente.
Zwar besitzt auch Red Hat ein ganzes Patentportfolio. Das habe man aber nur zum Zweck der Verteidigung gegen Patentansprüche Dritter aufgebaut, meinte Webbink, denn: «Patente haben nichts mit Innovation zu tun. Firmen wollen damit vor allem ihre Marktanteile wahren und blocken auf diese Weise Innovationen ab.»
Red Hat Directory Server
Red Hat einen Directory Server sowie das Red Hat Certificate Management System vorgestellt. Damit schliesst Red Hat zwei wichtige Lücken in seinem Angebot an Serversoftware. Der Directory Server ist ein LDAP-Server, mit dem zentral Anwendungskonfigurationen, Nutzerprofile, Gruppendaten und Zugangskontrollen eingerichtet werden können. Damit lässt sich die Zahl redundanter Daten verringern. Die unter einer Open-Source-Lizenz stehende Software basiert auf dem Netscape Directory Server und dem Netscape Certificate Management System.
Das Certificate Management System ist ein Sicherheitssystem, mit dem Nutzer authentifiziert und die Kommunikation mit Zertifikaten geschützt wird. Als Betriebssysteme will der Distributor neben dem hauseigenen Enterprise Linux, Version 3 und 4, auch Solaris und HP-UX 11i unterstützen.
Schüchterne Annäherung
Trotz der Gegensätze zwischen dem Open-Source-Lager und Herstellern proprietärer Software scheint es auch Annäherungsversuche zu geben. Microsoft habe Michael Tiemann, CTO von Red Hat und seit März Vorstandsvorsitzender der Open Source Initiative (OSI), zu einem Treffen eingeladen, schreibt das Internet-Magazin eWeek. Tiemann habe dem Treffen zugestimmt und gesagt, Microsoft suche offensichtlich einen konstruktiven Dialog. Dass Microsoft den Kontakt zur Open-Source-Gemeinde sucht, ist spätestens seit Mai bekannt, als Microsofts Chef-Anwalt Brad Smith auf einer Konferenz der Association for Competitive Technology dazu aufrief, Brücken zwischen
Microsoft, seinen Konkurrenten und der Open-Source-Community zu bauen. (fis)