Zurzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Rechtsprofessors und Anwalts der Free Software Foundation (FSF), Eben Moglen, an der dritten Version der General Public License (GPL). Die GPL ist die am weitesten verbreitete freie Software-Lizenz. Sie wurde 1988 von Richard Stallmann, dem Gründer der Free Software Foundation (FSF), entworfen, erwies sich jedoch, etwa für Programmbibliotheken, bald als zu restriktiv. Das führte 1991 zur Lesser General Public License (LGPL). Gleichzeitig wurde die Version 2 der GPL veröffentlicht, die noch heute gilt.
Veraltet
Die GPL 2 hielt mit den technischen Entwicklungen der letzten Jahre nicht mehr mit. Kritisiert wird vor allem ihr «impfender» Charakter: Benutzt jemand Quellcode eines GPL-Projektes oder verlinkt eine Programmbibliothek, die unter der GPL steht, so muss nach der GPL-Lizenz das gesamte Projekt unter die GPL gestellt werden. Diese Situation ergibt sich bei der Nutzung von Web-Services immer öfter. Anbieter von Web-Diensten unterlaufen die GPL heute, indem sie sich auf den Standpunkt stellen, dass sie die Software ja nicht im eigentlichen Sinne vertreiben und daher ihren Code auch dann nicht veröffentlichen müssen, wenn dieser unter der GPL steht.
Lizenz-Dschungel
Die GPL verlangt zudem, dass Änderungen an einer unter GPL stehenden Software wiederum unter der GPL veröffentlicht werden müssen. So ist es Firmen, die ihre Programme zwar veröffentlichen, aber den eigenen Quellcode unter Verschluss halten wollen, nicht möglich, diesen in Open- Source-Projekte einzubringen. Manche weichen daher auf die weniger restriktive BSD-Lizenz aus. Zudem ist in letzter Zeit eine ganze Reihe neuer Lizenzen wie etwa die «Common Development and Distribution License» (CDDL) von Sun entstanden. In der Open Source Initiative (OSI), die seit 1998 Open-Source-Lizenzen zertifiziert, sind auch die Vertreter der IT-Industrie aktiv, und deren unterschiedliche Bedürfnisse haben dazu geführt, dass die OSI mittlerweile nicht weniger als 56 verschiedenen Open-Source-Lizenzformen ihren Segen erteilt hat. Eine Reform ist überfällig, und viele erhoffen sich von einer neuen GPL auch in dieser Hinsicht Abhilfe.
Juristenfutter
Manche von der OSI genehmigte Lizenzen sind praktisch nur noch von Juristen zu durchschauen. Entwickler müssen sich bei der Integration von Software in grössere Programme des öfteren zunächst mit dem Juristenfutter der jeweiligen Lizenzen auseinandersetzen, statt an der Software zu arbeiten. Eric Raymond (Bild), Gründer und bis Ende letzten Jahres Präsident der OSI, sagte es kürzlich deutlich: «Viele dieser Lizenzen sind absolut nutzlos. Sie wurden von unausgelasteten Rechtsabteilungen in Unternehmen ausgetüftelt und dann in lediglich einem Projekt genutzt.»
In ähnlichem Sinn äusserten sich auch Martin Fink und Sam Greenblat, die obersten Linux-Manager der beiden Firmen
Hewlett-Packard und Computer Associates.
Das lange Warten
Doch Moglen mahnt zur Geduld: Ein Entwurf für GPL 3 sei frühestens auf Ende dieses Jahres zu erwarten und müsse dann von der Open-Source-Gemeinde diskutiert werden. Und da gibt es schon heute Befürchtungen, dass eine Aufweichung der GPL 2 zu einer Abspaltung der radikaleren Teile der Open-Source-Bewegung führen könnte.
Aus diesen Gründen ist an eine Verabschiedung der General Public License 3 kaum vor dem Sommer nächsten Jahres zu denken. (fis)