Leichenfledderer aufgepasst

Altersschwache Systeme und veränderte Anforderungen sind weiterhin der Hauptgrund für Unternehmen, in ein neues ERP-System zu investieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/16

     

Der ERP-Markt ist heiss umkämpft. Die Suche nach genauen Zahlen zum effektiven Marktvolumen gleicht einem Kaffeelesen; die Angabe von vernünftigen Zahlen ist bestenfalls für einzelne Branchen und Grössensegmente möglich. Demgegenüber steht ein weiterhin grosses Angebot. Da stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, aus welchen Gründen Anwender-Unternehmen in ERP-Systeme investieren. Die Statistik für das Jahr 2005 ergibt hier ein weitgehend unverändertes Bild: veraltete Systeme sind weiterhin der zentrale Anlass für die Auswahl und Einführung eines neuen ERP-Systems. Im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass die meisten ERP-Anwenderunternehmen über relativ lange Zeit treue Kunden sind. Dennoch wächst der «organisatorische Zwang» von Jahr zu Jahr ebenfalls. Geänderte Prozesse und Unternehmensstrukturen zwingen zu neuer ERP-Software.
Der Verkauf auf seiten der Anbieter wird damit vor ein schwer lösbares Dilemma gestellt: Einerseits ist der Auslöser der grossen Mehrheit von ERP-Ablösungen ein veraltetes System und damit ein rein IT-orientierter Aspekt, andererseits sind die Ziele an erster Stelle «business-orientiert». In diesem Umstand zeigt sich auch ein Mangel der Führungskultur auf seiten der Anwender: die enge Kopplung von ERP und Prozessen wird zwar gemeinhin gesehen und akzeptiert, sie wird jedoch nicht wirklich als Mittel zur organisatorischen Innovation auch ausserhalb der «Schweinezyklen» zwischen frisch eingeführtem und veralteten System genutzt.
Hier zeigt sich auch im ERP-Umfeld der «Carr-Effekt» (benannt nach dem Autor des notorischen Artikels «IT doesn’t matter» der Harvard Business Review): ERP wird aus Sicht der Mehrheit der Schweizer Führungskräfte noch immer als Maschine, aber nicht als Mittel zur Innovation verstanden.
(Eric Scherrer)


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