Logistik-Logorrhöe 1)


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/16

     

«Es war voraussehbar, dass...» Mit diesen Worten beginnen oftmals ­Editorials von Journalisten, die etwas im Nachhinein beurteilen. Und ich gebe zu, auch ich benutze diese Formulierung ab und zu an dieser Stelle.
«Es war voraussehbar», sagten mir in den letzten Wochen einige Vertreter von Distributoren, «dass die Händlerkunden von COS zu uns überlaufen werden, als bekannt wurde, dass Brack Electronics die Firma gekauft hat». Und ich sage dann gerne und nicht ohne Stolz aber mit einem ­Augenzwinkern, dass ich (an dieser Stelle) ähnliches auch bereits gesagt habe. Dies vorauszusehen war auch keine Kunst, denn die Vergangenheit hat uns mehrfach gelehrt: Bei Firmenübernahmen, egal ob es sich um ­Distributoren handelt oder nicht, ­profitiert immer auch die Konkurrenz, weil die Kunden mit der Fusion nicht einverstanden sind oder weil die Lieferanten mehr mit sich selbst beschäftigt sind als mit den Kunden.
Was bei Brack hinzukommt (auch hier könnte man sagen «wie vorauszusehen war...»), ist die Tatsache, dass ein Teil der COS-Händler Brack offenbar nicht abnimmt, er wolle in Zukunft das Händler- und das Endkundengeschäft strikt trennen, einen Channelkonflikt also vermeiden. Wie sollte man auch: Brack sitzt im selben Haus wie COS und man hat jetzt ein gemeinsames Lager. Was in die eine Hosen­tasche reinkommt, geht aus der anderen wieder raus. Auch finanziell gesehen.
Wie gravierend die Abwanderung sein wird, wird sich zeigen. Wyscha, Littlebit, Jet und insbesondere Tech Data und Ingram werden davon profitieren, dass COS-Händler nicht bei Brack einkaufen wollen. Wobei: ­Ingram verschafft das neue Logistik-System Lieferschwierigkeiten und könnte eigentlich mehr COS-Händler bedienen als derzeit möglich. «Es war voraussehbar, dass mit der neuen Software Probleme entstehen», hört man plötzlich von allen Seiten. Logo! 2)


1) Logorrhöe (krankhafte Geschwätzigkeit) vs. 2) Logos (sinnvolle Rede, ­Vernunft) und logo (Schülersprache für logisch)


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