Lenovo emanzipiert sich

Anderthalb Jahre nachdem Lenovo das PC-Geschäft von IBM übernommen hat, löst sich das Unternehmen langsam von den alten Verkaufsstrukturen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/04

     

Stolz weist Managing Director Patrick Roettger darauf hin, dass Lenovo in der Schweiz im letzten Jahr drei Prozent besser abgeschnitten habe als der Markt im Ganzen. Allerdings schrumpfte dieser 2006 um rund acht Prozent. Doch Roettger meint damit, dass man nicht mehr, wie zu IBM-Zeiten, ausschliesslich von wenigen, grossen Deals abhängig sei: «Wir haben heute eine deutlich breitere Basis und wollen diese weiter ausbauen.» Dazu hat Lenovo nicht nur ihr CRM und Supply Chain Management umgestellt, sondern auch ein neues Geschäftmodell entwickelt.

Geteilte Business-Bereiche

Das Grosskundengeschäft heisst nun «Relationship Business». Grossunternehmen werden direkt betreut, während der Mid Market vorwiegend von den früheren IBM-Partnern beackert wird. Hier macht Lenovo laut Roettger noch drei Viertel ihres Umsatzes. Klar von diesem Bereich getrennt ist, was Lenovo das «Transactual Business» nennt und wo man vor allem wachsen will: mittlere Unternehmen, Kleinfirmen und Consumer. Diese kaufen zwar seltener, legen jedoch grossen Wert auf neueste Technologien und Design. Hier, sagt der für das «Transactual Business» zuständige Pascal Bruni (Bild), läuft das Geschäft strikt indirekt. Die Partner, welche KMU betreuen, sind meist VARs, die er noch aus seiner IBM-Zeit kennt. «Das sind solide Business-Partner», meint er, «aber der von uns angestrebte Umsatz-Sprung wird nicht von ihnen kommen. Dafür brauchen wir neue, zusätzliche Dealer, vom dörflichen PC-Laden bis zum grossen Retailer.»

Neues Programm

Bruni erzählt, er und seine Mitarbeiter seien im ganzen Land herum gefahren, hätten überall mit den Händlern gesprochen. Das Ergebnis ist ein angepasstes Bonusprogramm und eine Erhöhung der Margen von acht auf 12 bis 15 Prozent der Normalpreise: «Natürlich ist jeder Dealer frei, seine Preise den jeweiligen Verhältnissen anzupassen. Aber so hat er doch auch eine reelle Chance, etwas zu verdienen.» Den Partnern steht ein Portal mit Marketing-Infos und -Tools zur Verfügung. Darüber hinaus gibt ihnen Lenovo mit Hilfe eines Drittanbieters die Möglichkeit, einen eigenen Webshop aufzubauen. Mittlerweile konnte Bruni seine Händlerbasis annähernd verdoppeln. Natürlich sei er auch weiterhin an neuen Partnern interessiert, meint er, aber wichtiger scheine ihm jetzt, die bestehenden Beziehungen auszubauen und die Geschäfte anzukurbeln.

«Sogar die Handy-Nummer»

Viele kleinere Händler haben das Gefühl, dass sie von den grossen Anbietern insbesondere beim Reparaturservice nicht für voll genommen werden. Doch Bruni wehrt ab: Einerseits sei da der gut eingespielte Service durch IBM. Anderseits habe er extra vier Leute, die für die lokale Händler-Hotline zuständig seien. «Wir tun alles, damit die Händler ihre Kontaktpersonen nicht nur persönlich kennen, sondern auch jederzeit erreichen können», beteuert er. «Wir haben sogar die Handy-Nummern der Betreuer bekanntgegeben.»
Profitieren sollen die Lenovo-Partner ausserdem von den Image-Kampagnen. So wird man Lenovo als Sponsor im Fussball, in der Formel 1 und natürlich an der Olympiade in Peking begegnen, aber auch am eidgenössischen Turnfest und beim Swiss Economic Forum. (fis)


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