Beat Steiger, Vertical - Der Wüstenfuchs

Letztes Jahr hat Beat Steiger seine Firma Vertical an die Vision IT Group verkauft. Jetzt ­besteht seine nächste grosse Herausforderung in der Regelung der Nachfolge. Er möchte Führungsverantwortung abgeben und wieder selber Produkte entwickeln. Auch seine Hobbys sind recht zeitintensiv.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/04

     

Beat Steigers Firma Vertical ist bescheiden in einem ehemaligen Industriegebäude in Zürich-Oerlikon untergebracht, unweit von Airgate und Sunrise Tower gelegen. Im letzten Jahr wurde die Aktienmehrheit des Spezialisten für Infrastrukturverwaltung, Hosting Services und Support vom belgischen Informatikdienstleister Vision IT Group übernommen. Nach über 18 Jahren erfolgreicher Geschäftstätigkeit hat der Gründer und CEO von Vertical seine Firma verkauft. «Aus strategischen Gründen», wie er betont.

Von Haus aus ein Unternehmer

Der 1958 in Luzern geborene Beat Steiger beginnt seine Karriere mit einer Ausbildung zum Maschineningenieur am Technikum in seiner Heimatstadt. Danach bildet er sich in Basel zum Betriebsingenieur weiter und arbeitet fünf Jahre lang bei Alcatel, wo er für die Produktionsplanung zuständig ist. Bereits jetzt weiss der aus einer Unternehmerfamilie stammende Steiger, dass er später eine eigene Firma gründen würde.
1988 ist es dann so weit und Beat Steiger folgt mit der Gründung eines eigenen Unternehmens dem Beispiel seiner fünf Brüder. Seither macht die Firma in jedem Jahr Gewinn und ist zu hundert Prozent eigenfinanziert. («Die Banken geben einem sowieso nichts!») Zum Zeitpunkt der Übernahme beschäftigt Vertical siebzehn Personen und kann Kunden wie die russische Gazprom, Helvetia oder Amag vorweisen.
Das war nicht immer so. Angefangen hat Steiger mit der Entwicklung von Softwareprodukten für die Baubranche und baute insbesondere die IT des Baukonzerns Zschokke auf. Die Aufträge häuften sich und der Kunde wurde immer wichtiger für die kleine Firma. Um das Jahr 2000 war Zschokke der grösste Kunde von Beat Steigers Unternehmen und stellte mit einem Anteil von rund 80 Prozent an Verticals Auftragsvolumen ein enor­mes Klumpenrisiko dar. Als der Konzern im Jahr 2002 beschloss, seine IT-Infrastruktur selber zu bewirtschaften, stand Steigers Firma am Rande des Ruins. In den zwei darauf folgenden Jahren schaffte Vertical trotz dem damals sehr schwierigen Umfeld in der IT-Branche den Turn­around. «Darauf, dass wir damals die Wende geschafft haben, bin ich bis heute besonders stolz», so Beat Steiger, «das war wirklich eine Meisterleistung.»
Er hat aus der Beinahe-Pleite seine Lehren gezogen und seine Firma auf ein breiteres Fundament gestellt. Heute bedient Vertical Kunden aus der Finanzwelt, dem Transportwesen, aus Handel und Industrie. Die Baubranche ist nur noch mit einem minimalen Anteil für Verticals Umsatz verantwortlich. «Seither geht es uns gleich doppelt so gut», ist Beat Steiger überzeugt.

Dienstleister aus Überzeugung

Dass der Turnaround geschafft werden konnte, schreibt Steiger zu einem grossen Teil der (fast) bedingungslosen Dienstleistungsbereitschaft seines Unternehmens zu. Die Tatsache, dass Vertical seinen Kunden alle IT-Wünsche erfülle, egal wie teuer es ist oder worum es sich handelt, führe zu einer sehr starken Kundenbindung, beschreibt Steiger die Stärken seiner Firma: «Das ist das Groteske an der Schweiz: Wir sind ein Dienstleistungsland, aber niemand ist wirklich dazu bereit zu dienen.» Die Bereitschaft von Beat Steiger und seinem Team, jederzeit sehr kundenorientierte Dienstleistungen anzubieten, brachte seiner Firma im November 2006 gar eine Auszeichnung der Schweizer Assekuranz (Versicherungsbranche) ein. Vertical erhielt damals den Innovationspreis für die beste B2B-Lösung, basierend auf den Technologien Adobe Flex und JEE. «Dank der Web-Technologie von Vertical können wir unseren Kunden einen massiv verbesserten Service anbieten», äusserte sich Remo Rigoni von der Versicherungs-Service AG an der Preisverleihung begeistert.
Auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag: Beat Steiger ist kein Workaholic («Sie müssen nicht glauben, dass ich mich in der Firma zu Tode arbeite!»). Dafür hat er aufgrund seiner breiten Palette an Freizeitaktivitäten auch gar keine Zeit. So ist er beispielsweise ein begeisterter Höhenbergsteiger und Cresta-Fahrer. In seiner Jugend war er Mitglied der ­Skiakrobatik-Nationalmannschaft, und auch heute hat er gegen eine Skitour nichts einzuwenden. Im Militär war er Pilot, jetzt steuert er Segelflugzeuge und möchte sich auch gerne mal auf einem Segeltörn den Wind um die Ohren blasen lassen.

Zu Fuss durch die Wüste

Auch zahlreiche Marathonläufe hat der sportbegeisterte Steiger schon absolviert. Am bemerkenswertesten ist sicher der Ultramarathon nonstop über 100 Meilen durch die Wüste Jordaniens. «Die Temperaturen schwankten zwischen fünf und fünfunddreissig Grad, aber das Klima war angenehm trocken», relativiert Steiger seine Leistung. «Natürlich muss man ein paar Kilometer am Stück laufen können, um an so einem Rennen teilzu­nehmen. Es ist aber in erster Linie ­eine geistige Herausforderung.»
Den Verkauf seiner Firma war für Beat Steiger kein schmerzhafter Entscheid. Das wirtschaftliche Umfeld sei günstig gewesen und der Entscheid aus einer starken Position heraus erfolgt. Jetzt will er noch für drei bis vier Jahre die Geschicke des Unternehmens als CEO und Verwaltungsratpräsident leiten und dann nach und nach die Führungsverantwortung abgeben. «Ein Unternehmer ist nur dann erfolgreich, wenn er die Nachfolge regeln kann. ­Nicolas Hayek hat das beispielsweise sehr gut gemacht», so Steiger. Wenn dies geschafft ist, möchte er wieder kreativ tätig werden und sich wie in alten Zeiten der Produktentwicklung widmen. Auch privat scheint sich Steiger auf ruhigere Zeiten vorzubereiten: «Ich habe vor zwei Jahren mit Golf angefangen», verrät er mit einem lauten Lachen. (mag)

Beat Steiger

Beat Steiger kam 1958 in Luzern zur Welt. Er stammt aus einer Unternehmerfamilie: Seine Eltern führten eine Privatbank, und auch jeder seiner fünf Brüder hat heute eine eigene Firma. Obwohl er studierter Maschineningenieur ist, entdeckte er schon bald sein Interesse für die damals aufstrebende IT-Branche. («Im Maschinenbau waren mir die Leute zu konservativ.»)
Darum gründete er 1988 die IT-­Firma Vertical. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von acht und zwölf Jahren. Seit rund dreizehn Jahren arbeitet seine Frau ebenfalls in der Firma und kümmert sich um die Buchhaltung. Neben seinen zahlreichen sportlichen Aktivitäten interessiert sich Beat Steiger in seiner Freizeit für Managementliteratur, Philosophie und Kunst. (mag)


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