Lohnrunde auf Informatiker-Rücken

Die Lohnrunde 2008 ist eröffnet. Laut Studie der Bank Credit Suisse muss die Informatik-Branche mit dem Offshoring-Potential als Instrument herhalten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/15

     

Gewerkschaftliche Lohnforderungen sind ein Thema dieses Herbstes - nicht zu Unrecht vieler Arbeitnehmer, die laut Gewerkschaften nicht von Erfolgen profitieren, ausser dass ihnen ihre Stelle nicht gekündigt wird. Die gute Konjunktur und der steigende Absatz Schweizer Produkte sollen als Beispiele herhalten, zusammen mit meist gut gefüllten Unternehmenskassen vier Prozent mehr Lohn mit den Arbeitgeberverbänden auszuhandeln. Eine Studie der Grossbank Credit Suisse (CS), die naturgemäss nicht ohne eigene Interessen der CS-Kunden und Kreditnehmer auskommt, nimmt die neue Lohnrunde unter die Lupe. Sie konstatiert mit einer Liste des Offshore-Potentials von Schweizer Arbeitsplätzen, dass besonders Informatiker im globalen Markt am höchsten gefährdet von Offshoring und somit am leichtesten auswechselbar sind.

Informatiker sind offshore-gefährdet

Die Grossbank, die selbst immer mehr Teile und tausende Arbeitsplätze ihres IT-Dienstes auslagert und in Länder wie Indien verlegt, nimmt mit der Studie «Lohnrunde 2008: Was ist zu erwarten?» eine klare, wenn auch nicht ausdrückliche Position ein: Schweizer Informatiker sind auswechselbar und müssen sich zunehmender Konkurrenz im Vergleich zu Migranten und der globalisierten Arbeitswelt stellen. Dies führe zum «gebremsten Lohnauftrieb».

Schweizer Firmen nutzen Offshore

Als Beispiel aus der Praxis bestätigt auch der Schweizer Software-Entwickler Elca in seinem Geschäftsbericht 2006, dass der ausländische Druck auf die Schweizer Honorare bestehe «wegen der Globalisierung des IT-Dienstleistungsgeschäfts auf dem europäi­schen Markt». Elca meldete an der dazugehörigen Pressekonferenz im Mai und mit gestreckter Brust, dass man trotz diesem Druck die Margen halten konnte. Dies verdanke die Firma vor allem der verstärkten Zusammenarbeit mit der «Filiale» in Vietnam.
Ausserdem ist im Geschäftsbericht bei besagter, nicht börsenkotierter Firma zu lesen, dass sie durch Investitionen in der Entwicklung der Schlüsselkompetenzen und in ihre Mitarbeiter eine solide Basis für ein anhaltendes Wachstum geschaffen habe. Das Wachstum sei nicht als Einzelphänomen zu betrachten, heisst es weiter, womit auch in Zukunft sowohl die Schweizer Arbeitsplätze, als auch die vietnamesischen Offshore-Plätze weiter ausgebaut werden dürften.

Studie als Instrument einer Partei

Gerade Elca, als mittelgrosser, international ausgerichteter Betrieb und Schweizer Softwareentwickler, «leidet» unter dem Arbeitskräftemangel in der IT-Branche, der durch die Hochkonjunktur entstand. Die Studienabgänger gehen lieber zu Grossfirmen wie Google und Microsoft. Die CS-Studie zählt diesen Mangel an konjunkturell mangelnden Arbeitskräften «zu den gesamtwirtschaftlichen Faktoren, die einen lohntreibenden Einfluss ausüben». Wie in der Zusammenfassung zu lesen ist: «Anhand des ermittelten Offshorability-Indexes lässt sich ein erhebliches Auslagerungspotential einzelner Berufe aufzeigen. Gepaart mit der Migration wird dadurch die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht abgeschwächt, mithin die Lohndynamik gedämpft.» (mro)


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