Als der Datenbankspezialist Oracle den ERP-Hersteller Peoplesoft im Januar 2005 für 10,3 Milliarden Dollar kaufte, ging eine 18 Monate andauernde Übernahmeschlacht zu Ende. Die lang anhaltende Ungewissheit über die Zukunft des Softwarehauses hat ihre Spuren auch bei den Kunden hinterlassen. «In der ersten Phase nach der Akquisition mussten wir uns in erster Linie darum kümmern, bestehende Kunden zu halten», gesteht Jürg Müller, Director Applications bei
Oracle, im Gespräch mit IT Reseller.
Wachstum in Asien und Amerika
«Das grösste Wachstum generieren wir in Asien und Nordamerika», sagt Doris Wong, Vice President and General Manager Peoplesoft Enterprise, anlässlich eines Kurzbesuchs in der Schweiz zu IT Reseller. Aber auch in Europa sei man gut auf Kurs. Einzig in den deutschsprachigen Ländern spüre man die Dominanz des Erzrivalen
SAP noch sehr.
Wong arbeitet seit 13 Jahren für Peoplesoft beziehungsweise
Oracle und hat die turbulente Zeit daher aus der ersten Reihe mitverfolgt: «Nach einer gewissen Zeit glaubte bei Peoplesoft niemand mehr, dass die Übernahme zustande kommt», so Wong. Bis Ende 2004 dann endlich Klarheit bestand. Mittlerweile sei man bei Peoplesoft froh, zu Oracle zu gehören. «Oracles breites Portfolio erlaubt es uns, besser auf individuelle Kundenwünsche eingehen zu können», ist sie überzeugt.
Im Moment kann Peoplesoft in der Schweiz zwar nur wenige, dafür aber umso lukrativere Kunden vorweisen, wie beispielsweise die Grossbanken Credit Suisse und UBS sowie auch den Pharmakonzern Novartis.
Dass auch das zweitgrösste Schweizer Geldinstitut noch immer auf der Kundenliste von Peoplesoft steht, ist laut Maurer nicht selbstverständlich: «Im Rahmen einer strategischen Neuorientierung wollte Credit Suisse eine komplett neue ERP-Plattform anschaffen und machte daher eine Ausschreibung.» Diese konnte Peoplesoft beziehungsweise Oracle gegen den Erzrivalen SAP für sich entscheiden. «Dieser Sieg bei einem Schweizer Schlüsselkunden hat uns viel Mut gemacht», bemerkt Maurer. Man fürchte sich nicht mehr, gegen SAP anzutreten. Das sei vor vier Jahren anders gewesen. Damals habe es gegolten, die verunsicherten Kunden von den guten Zukunftsaussichten der Peoplesoft-Produkte zu überzeugen. «Jetzt greifen wir an», sagt Maurer selbstbewusst.
Neue Kunden im Mittelstandsmarkt
Es sei richtig, dass
SAP gerade in der Schweiz mehr Kunden vorweisen könne, gibt Wong zu. Allerdings lege man es nicht darauf an, dem Konkurrenten bestehende Kunden abzujagen. «Wir wollen bei neuen Projekten gewinnen oder Kunden für
Oracle überzeugen, die beispielsweise aufgrund von Fusionen mehrere Plattformen betreiben und diese nun konsolidieren wollen», sagt Wong, und Maurer fügt an: «Wenn wir mehr als 50 Prozent der Neuausschreibungen gewinnen, sind wir zufrieden.» Und das sei momentan der Fall. Besonders stark sind die Peoplesoft-Produkte traditionell im Finanzmarkt vertreten. In der Fertigungsindustrie sei dagegen SAP stark und kaum zu verdrängen. «In der Schweiz ist der Grosskundenmarkt aufgeteilt», so Maurer. Man konzentriere sich deshalb auf den Mittelstand. Erst Anfang Jahr habe man unter anderem die Groupe-Mutuel-Versicherungen gewinnen können. (mag)